Jeannine ist Kinderkrankenschwester und Pflege-Influencerin. Als einfach.jean postet sie auf Instagram über ihren Berufsalltag. Für medwing schreibt sie regelmäßig über Themen, die sie aktuell bewegen. Diesmal sind das die Gesetze zur Personaluntergrenze und zur Arbeitszeit, die beide in der Corona-Krise ausgesetzt wurden.
Oft werde ich gefragt: „Wie geht es dir? Wie geht es denn aktuell so in der Pflege? Ihr habt ja nicht so den großen Ansturm an Corona Patienten, also muss doch alles prima sein?“. Und dann stehe ich da und denke nach. Ja, wie geht es mir eigentlich? Wie geht es uns, der Pflege, denn? Und wer pflegt, der weiß genau, was uns aktuell beschäftigt.
Neben der Personalproblematik gibt es für mich zwei große Punkte die mit Corona gekommen sind und scheinbar auch bleiben. Wir haben ein Arbeitszeitgesetz, welches uns schützen soll. Das tut es aktuell nicht mehr. Als Corona auf uns zurollte, ging es ganz flott. Bäm, wir dürfen oder müssen jetzt bis zu zwölf Stunden arbeiten statt wie bisher achteinhalb. Weil wir auf die Welle warten. Weil wir flexibel sein müssen. Das macht Sinn, wenn es eine Krise gibt die diese Maßnahmen erfordert. Es macht aber auch Sinn, uns unser Gesetz wiederzugeben, wenn die Welle nicht so auf uns zurollt wie erwartet, oder?
Das gleiche gilt auch für die Personaluntergrenzen. Die sollten die Pflege stärken, uns unterstützen, pflegeintensive Bereiche schützen und Pflegekräfte entlasten. Corona kam – und die Pflegepersonaluntergrenzen wurden uns auch genommen. Diese Untergrenzen, die Kliniken in Berechnung und Abbildung viele Wochen schwer gefordert haben, die so manche schlaflose Nacht bereitet haben. Diese Untergrenzen, die richtig viel Strafe kosten würden, wenn sie nicht eingehalten werden. Wochenlange harte Arbeit und die Hoffnung der Pflegekräfte auf Entlastung ist verpufft. Für mich persönlich ist das ein bisschen widersprüchlich.
Wir sollen mit Corona mehr Arbeit erwarten, aber haben nun weniger Schutz und weniger Rechte. Der Grund ist plausibel. Die Kliniken müssen flexibel auf die Ausbreitung von Corona reagieren können, das Personal dort einsetzen, wo es benötigt wird. Wir müssen die Patienten schützen, klar, aber unsere Kollegen und uns selbst auch. Ich verstehe, dass diese Krise das Gesundheitssystem fordern kann. Und ich bin auch bereit, die Ärmel hochzukrempeln um alles zu tun, was in meiner Macht steht. Aber ich höre auch von Kliniken, die diese Lücke, die Corona geschaffen hat, jetzt ausnutzen.
Auch ohne Corona Patienten wird Personal gespart, die Betten werden gut gefüllt und das Personal arbeitet wieder mehr am Limit. Weil es eben erlaubt ist. Und das darf nicht sein. Wir sind aktuell auf einem guten Weg, werden wohl glimpflicher aus dieser Krise zu kommen als gedacht. Corona wird bleiben, Corona ist eine Chance, vieles neu zu ordnen, zu strukturieren, anzufangen. Warum nicht auch in der Pflege?
Wir sind systemrelevant. Und wir brauchen noch viele Menschen, die uns unterstützen. Wir brauchen Kollegen, die dasselbe fühlen wie wir. Die Liebe zum Job kann Berge versetzen. Aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Wenn wir die Krise als Chance sehen und wenn wir dabei die Unterstützung von ganz oben haben. Wir haben gezeigt, dass wir flexibel sein können. Das zeigen wir eigentlich immer, denn auch das gehört doch zur Pflege. Und so sind wir zwar Anfang 2020 ein paar Schritte nach vorne gegangen, inzwischen sind wir diese aber auch wieder zurückgegangen.
Ich wünsche mir, dass wir zumindest diese Rechte der Personaluntergrenzen und des Arbeitszeitgesetzes in naher Zukunft wiederbekommen. Und ich wünsche mir, dass wir bald nicht mehr über Corona und die Folgen im Gesundheitssystem schimpfen müssen, sondern dass wir jedem erzählen können, wie schön die Pflege doch sein kann, was wir an der Pflege lieben und dass wir doch ganz schön stolz darauf sind, Pflegekräfte zu sein.
Jean


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