Organspende in Deutschland: Infos, Regelungen & Voraussetzungen

MEDWING
August 20, 2024

Wie man mit einem Organspendeausweis Leben rettet und welche Gesetze für die Organspende gelten, liest du hier.

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    Am 3. Juni jährt sich der „Tag der Organspende“ zum 41. Mal. „Zeit, Zeichen zu setzen“ lautet das diesjährige Motto. Zahlreiche Aufklärungskampagnen sollen Menschen an das Thema Organspende heranführen und zu einer Entscheidung bewegen. Denn in Deutschland ist die Nachfrage groß, das Angebot aber zu gering: Tausende Patient:innen warten auf ein Spenderorgan – oftmals vergeblich, weil zu wenige Menschen zu einer Spende bereit sind. Wir erklären, warum die Organspende in Deutschland so wichtig ist und wie du mit minimalem Aufwand Organspender:in werden kannst.

    Der Bedarf an Organen ist in Deutschland wesentlich höher als die tatsächliche Zahl der gespendeten Organe. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung warten Patient:innen im Durchschnitt zum Beispiel mehr als acht Jahre auf eine Spenderniere (Stand 2022).

    Umso wichtiger ist die Aufklärung darüber, was jede:r von uns zu Lebzeiten tun kann, um im Falle des Todes Organe zu spenden. In unserem Artikel klären wir über gesetzliche Regelungen und Voraussetzungen auf und geben allgemeine Infos.

    Organspende in Deutschland: Statistik

    • Im Jahr 2022 haben in Deutschland 869 Menschen nach ihrem Tod Organe gespendet, so die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO).
    • 8.800 Menschen standen zum Ende des Jahres 2022 auf der Warteliste für ein Organ, hauptsächlich für eine Niere.
    • 2.695 Menschen konnte in 2022 durch die Transplantation eines oder mehrerer Organe medizinisch geholfen werden.

    Die Zahl der Organspenden ist 2022 massiv zurückgegangen. Nur 36 Prozent der Deutschen besaßen zum Zeitpunkt der Erhebung einen Organspendeausweis. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Bereitschaft der Deutschen zur Organspende zwar hoch ist, die wenigsten von ihnen aber ihren Willen dokumentieren. Angehörige entscheiden sich deshalb aus Unsicherheit oftmals gegen eine Organentnahme, da ihnen der Wille des Verstorbenen nicht hinreichend bekannt ist.

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach spricht sich angesichts der stark rückläufigen Zahlen von Organspenden für die Einführung der Widerspruchslösung aus, die in vielen anderen europäischen Ländern gilt. Diese sieht vor, dass jede:r prinzipiell Organspender ist, der zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widerspricht.


    Aufruf zur Organspende des bzga


    Organspende: Voraussetzungen in Deutschland

    Durch eine Organspende kannst du nach deinem Tod deine Organe für eine Transplantation zur Verfügung stellen. Diese werden im Anschluss an Patient:innen vermittelt, die dringend ein Spenderorgan benötigen. Dazu zählen üblicherweise Nieren, Herz, Leber, Lunge, Darm und Bauchspeicheldrüse.

    Organspende und Transplantation sind in Deutschland durch das Transplantationsgesetz streng geregelt. Die dort enthaltenen Paragraphen geben vor, wie der Prozess der Organspende ablaufen soll und regeln Pflichten und Aufgaben aller beteiligten Personen.

    Dafür sind Richtlinien erforderlich, die von der Bundesärztekammer verabschiedet und durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) umgesetzt werden.

    Aktuell gilt in Deutschland bei Organspenden die Entscheidungslösung oder die Erweiterte Zustimmungslösung. Organe dürfen demnach nur entnommen werden, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten zugestimmt hat.

    Liegt keine Zustimmung vor, entscheiden nahe Angehörige stellvertretend über eine mögliche Entnahme – unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des Verstorbenen.

    Folgende Voraussetzungen müssen in Deutschland für eine Organspende erfüllt sein:

    1. Der Hirntod des Spenders wurde zweifelsfrei festgestellt. Denn Organe können nur gespendet werden, wenn die gesamten Hirnfunktionen unumkehrbar ausgefallen sind – was als Hirntod bezeichnet wird. Dann ist es innerhalb eines kleinen Zeitfensters möglich, das Herz-Kreislauf-System der Verstorbenen künstlich aufrechtzuerhalten – wodurch die Organe weiter durchblutet werden. Da der Hirntod nur selten vorkommt, kommen auch nur wenige Verstorbene überhaupt für eine Organspende infrage. Der Hirntod tritt nur bei ein bis zwei Prozent der Sterbefälle im Krankenhaus ein, während die übrigen Organe noch arbeiten.
    2. Es erfolgte zu Lebzeiten des Verstorbenen eine Zustimmung zur Organspende. Zum Beispiel durch einen Organspendeausweis oder durch eine Patientenverfügung. Sofern im Todesfall der Wille des/der Patient:in nicht bekannt ist, werden die Angehörigen nach dessen/deren Willen gefragt, sodass eine Entscheidung im Sinne des Verstorbenen erfolgen kann.
    3. Das Vorliegen bestimmter Krankheiten zu Lebzeiten kann ausgeschlossen werden. Dazu zählen akute Krebserkrankungen oder bestimmte Infektionen. Bei anderen Erkrankungen entscheiden die Transplantationsärzt:innen, ob eine Organspende infrage kommt, weil die Organe grundsätzlich gesund und funktionsfähig sind. Unmittelbar vor der Organentnahme wird der/die Tote dafür medizinisch untersucht.

    Organspendeausweis zur Dokumentation des Willens unerlässlich

    Mit dem Organspendeausweis hast du die Möglichkeit, ab einem Alter von 16 Jahren deinen Willen im Hinblick auf eine mögliche Organspende nach deinem Tod zu dokumentieren. Und zwar nicht nur die Einwilligung, sondern auch den Widerspruch. Der kann sogar schon von 14-Jährigen geäußert werden.

    Einen Organspendeausweis bekommst du in deiner Arztpraxis, in Krankenhäusern, Apotheken oder bei den Krankenkassen. Oder du bestellst ihn bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. In deinem Ausweis kannst du notieren, wenn du zwar zu einer Organspende bereit bist, bestimmte Organe aber ausschließen möchtest.

    Zukünftig wird jedem ab dem 16. Lebensjahr auch der Eintrag in ein digitales Organspenderegister zur Verfügung stehen. Zugriff darauf haben ausschließlich autorisierte Stellen, damit sie im Notfall schnell handeln können. Das Register befindet sich aktuell noch im Aufbau und wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geführt.

    Da der Organspendeausweis schnell auffindbar sein sollte, trägst du ihn am besten bei deinen persönlichen Papieren, zum Beispiel im Portemonnaie. Informiere auch deine Angehörigen und enge Vertrauenspersonen darüber, dass du einen Organspendeausweis besitzt und wo er sich befindet.

    Wer zu Lebzeiten seinen Willen zur Organspende dokumentiert oder ihn zumindest seinen Angehörigen mitteilt, sorgt dafür, dass nach dem Tod in seinem/ihrem Sinne gehandelt wird. Sofern keine Entscheidung bekannt ist oder dokumentiert wurde, werden in Deutschland nahe Angehörige gebeten, diese Entscheidung im Sinne des Verstorbenen zu treffen.

    Übrigens: Im Ausland solltest du unbedingt eine ausdrückliche schriftliche Erklärung zu deinem Willen dabei haben, um nicht ungewollt zum/zur Organspender:in zu werden. Denn grundsätzlich gelten für eine mögliche Organentnahme die Regelungen des Landes, in denen eine Person verstirbt.


    Eintrag auf Organspendeausweis


    Wie erhalten Patient:innen ein Spenderorgan?

    Sofern eine schwerwiegende Erkrankung eine Organtransplantation erforderlich macht, werden Patient:innen zunächst von einem medizinischen Team untersucht und bewertet. Spezielle medizinische Tests bestimmen den Zustand der Patient:innen und die Dringlichkeit einer Transplantation.

    Wer auf eine Organspende angewiesen ist, wird von seinem Transplantationszentrum an „Eurotransplant“ gemeldet – eine Art Vermittlungsstelle für den internationalen Organaustausch zwischen den Ländern Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Slowenien, Österreich, Ungarn und Kroatien.

    Alle gespendeten Organe werden an die bei Eurotransplant auf der Warteliste stehenden Empfänger:innen nach Dringlichkeit und Erfolgsaussicht und nach den Richtlinien der Bundesärztekammer vermittelt.

    Diese Richtlinien enthalten zum Beispiel Regeln zur Aufnahme in die Wartelisten und zur Organvermittlung, zur Feststellung des Todes und zum Hirntod. Die verschiedenen Länder innerhalb des Eurotransplant-Verbundes können in ihrer Gesetzgebung eigene Regeln festlegen.

    Die Transplantation erfolgt dann letztlich aber in einem Transplantationszentrum im Heimatland der Empfänger:innen. Hintergrund dieser Aufteilung ist, dass Entnahme, Vergabe und Implantation unabhängig voneinander ablaufen sollen.

    Gibt es ein Höchstalter für eine Organspende in Deutschland?

    Ab dem Alter von 16 Jahren kann sich jede:r in Deutschland für eine Organspende entscheiden. Eine Altersgrenze nach oben gibt es bei uns für Organspenden nicht.

    Entscheidend für eine Organentnahme und Transplantation ist ausschließlich der Gesundheitszustand des Verstorbenen und der biologische Zustand der Organe. Über den wiederum entscheiden die Transplantationsärzt:innen.

    Grundsätzlich gilt: Je jünger eine verstorbene Person ist, desto mehr Organe eignen sich im Regelfall für eine Spende. Und trotzdem kann auch die Niere einer 70-jährigen Person einem anderen Menschen noch zu einem normalen Leben verhelfen.

    Organspende: Pro und Contra

    Organspende ist eine komplexe Thematik und die Meinungsbildung dazu ein sehr persönlicher Prozess. Grundsätzlich sollte sich aber jeder Mensch mit dem Thema befassen. Schließlich könnten wir alle durch einen Unfall oder eine Krankheit im Laufe unseres Lebens eine Organtransplantation benötigen.

    Für eine Abwägung sollten Interessierte ethische, medizinische und gesellschaftliche Aspekte berücksichtigen. Wir stellen dir Aspekte vor, die für und gegen eine Organspende sprechen könnten, damit du für dich selbst eine Position finden kannst.

    Pro:

    • Leben retten: Eine Organspende ermöglicht es, das Leben von schwerkranken Menschen zu retten oder ihre Lebensqualität deutlich zu verbessern.
    • Solidarität zeigen: Organspende wird als ein Akt der Solidarität und Nächstenliebe angesehen, bei dem Menschen anderen in einer lebensbedrohlichen Situation helfen.
    • Verantwortungsvoll mit dem eigenen Körper umgehen: Durch die Entscheidung zur Organspende kannst du deinen Körper nach dem eigenen Tod noch für einen guten Zweck zur Verfügung stellen.
    • Medizinischen Fortschritt unterstützen: Organspende ist für medizinische Forschungszwecke wichtig und leistet einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung von Transplantationstechniken und Medikamenten.

    Niemand braucht sich übrigens zu sorgen, dass nicht genug für den Erhalt seines/ihres Lebens getan wird. Wenn Organe entnommen werden sollen, werden Patient:innen bis zum Versterben auf der Intensivstation betreut.

    Der Hirntod wird in Deutschland vor der Organentnahme von zwei unabhängigen Ärzt:innen festgestellt und ist dadurch eindeutig. Gleichzeitig ist er auch irreversibel. Körperfunktionen können also nur künstlich aufrechterhalten werden, aber der Sterbeprozess ist unumkehrbar eingeleitet. Nach der Organentnahme kann zudem eine normale Beerdigung erfolgen, den Verstorbenen ist äußerlich nichts anzusehen.

    Contra:

    • Religiöse und ethische Bedenken: In einigen Religionen oder ethischen Systemen bestehen Bedenken hinsichtlich der Frage, wann genau der Tod eintritt. Die in Deutschland geläufige Definition, dass ein Mensch tot ist, wenn der Hirntod eingetreten ist, ist umstritten. Der Hirntod ist zwar Teil des Sterbeprozesses, aber dennoch kann das Herz danach noch schlagen.
    • Organhandel und Ausbeutung: Gegner der Organspende befürchten den illegalen Organhandel durch ein legales Organspendesystem, bei dem Menschen ausgebeutet werden.
    • Transplantationsrisiken und mangelnde Erfolgsaussichten: Manche Menschen argumentieren, dass die Risiken einer Transplantation hoch sein können und dass nicht immer Erfolgsaussichten bestehen. So können transplantierte Organe vom Körper abgestoßen werden und die Patient:innen müssen ihr Leben lang Medikamente einnehmen, die ihr Immunsystem unterdrücken.
    • Belastung des Gesundheitssystems: Manche argumentieren, dass Organtransplantationen sehr hohe Kosten für das Gesundheitssystem verursachen, die an anderer Stelle wiederum fehlen.

    Als Pflegefachkraft oder Ärzt:in kommst du im medizinischen Umfeld mit dem Thema Organspende vermutlich öfter in Berührung. Nutze den Tag der Organspende als Anstoß dafür, bei deiner Arbeit und im Privaten Menschen aufzuklären und zu motivieren, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und diese zu sensibilisieren. Letztendlich kann es jede:n treffen, auch dich selbst oder deine Liebsten.

    Katharina Klein

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