
Erinnert Ihr euch noch an den Beginn der Corona Krise?
Was war das für eine Zeit. Ganz kurz wurde die Pflege in der Bevölkerung wahrgenommen und galt als „systemrelevant“. Wir waren in aller Munde, es kamen unzählige Berichte und Reportagen über diese Berufsgruppe. Dazu überschlug sich die Politik mit Wertschätzung. Wenn klatschen eine Währung gewesen wäre, dann könnte ich jetzt mindestens ein halbes Jahr lang in Saus und Braus leben.
Doch nach dem Klatschen für die Pflegekräfte kam blitzartig die Ernüchterung: Personaluntergrenzen wurden ausgesetzt, es gab nur mangelhafte Schutzausrüstung, 12-Stunden-Schichten waren plötzlich möglich, Pflegekräfte sollten in Pflegeheimen bei Corona-Erkrankung einziehen und dort die Infizierten weiterhin versorgen, und und und...
Vor kurzem startete Medwing eine Umfrage auf LinkedIn, bei welcher gefragt wurde, ob sich nach der Corona-Krise in der Pflege etwas verbessern wird. 45 Prozent der Befragten antworteten mit „Nein, ganz sicher nicht“. Eine sehr traurige Zahl, die genau beschreibt, wie sich die Pflege im Moment fühlt.
Eigentlich kein Wunder. Derzeit überschlagen sich die Nachrichten wieder, jeden Tag kommt eine neue negative Nachricht dazu:
Der Pflegebonus stockt, die Personaluntergrenzen werden nur für wenige Bereiche wieder eingeführt, Betreiber von Krankenhäusern und Pflegeheimen teilen „tolle” Geschenke an ihre Beschäftigten aus, wie zum Beispiel einen Mund-Nasen-Schutz – auch zum privaten Gebrauch oder Kugelschreiber, um den Erfolg fortzuschreiben. Als wirkliches Highlight wurde in Mainz zu Ehren der „Corona-Helden“ ein Lavendelbusch an der Universitätsmedizin von den Verantwortlichen und Politikern gepflanzt. Mehr Hohn und Verachtung für diese geschundene Berufsgruppe geht nicht mehr. Dementsprechend wurde der Lavendelbusch von ver.di wieder zurückgebracht und der Aufschrei und Protest der Pflegekräfte in Rheinland-Pfalz war enorm, nicht nur bei Twitter, sondern auch im realen Leben.
All das macht es sehr schwer für mich an Verbesserungen für die Pflege nach Corona zu glauben. Ja, sie sind möglich, aber dafür muss am Ende auch die Pflege selbst den Arsch hochbekommen. Denn eines hat uns die Corona-Krise bis jetzt sehr deutlich gezeigt: Wir können uns nicht auf die Verantwortlichen und die Politik verlassen.
Es liegt einzig und allein an uns, wir als Pflegekräfte sind gefordert. Notfalls auch mit Aktionen, wie sie vor kurzem in Israel für Furore gesorgt haben. Hier sind die Pflegekräfte in Streik getreten, um gegen den Pflegenotstand zu protestieren. Der Aufstand ging nur sehr kurz und der Erfolg für die Pflegekräfte war eindeutig.
Das „Klatschen“ und die Wertschätzung der Bevölkerung sind längst verstummt und wir kehren wieder in den Normalmodus zurück. Keiner wird uns diesen Weg einfach so überlassen, wir werden dafür weiterhin kämpfen müssen.