Anzeichen erkennen – schlecht drauf im Job oder schon depressiv?

MEDWING
August 20, 2024

Die Corona-Krise setzt der Psyche ganz schön zu. Mit diesen Tipps achtest du auf deine psychische Gesundheit.

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    Psychische und Verhaltensstörungen, wie Burn-Out oder Depressionen, zählen als zweithäufigster Grund einer Krankmeldung der Deutschen – nach einer Erkältung. In Deutschland leiden 5,3 Millionen Bürger:innen an einer Depression. Das entspricht 8,2 Prozent der Gesamtbevölkerung. Und dennoch wird die Schwere dieser Krankheit oft unterschätzt – oder noch schlimmer: Gar nicht erst erkannt. Warum das so schlimm ist? Allein im Jahr 2015 starben 10.080 Menschen durch Suizid. Mehr als durch Drogen, Verkehrsunfälle und HIV zusammen.

    Durch die Corona-Situation hat sich die Lage sogar noch verschlimmert. Die wenigen sozialen Kontakte, die Angst vor der Zukunft, die Angst davor, geliebte Menschen durch diesen Virus zu verlieren und die Zeit nur mit sich alleine in den eigenen vier Wänden, führt zu einem erhöhten Risiko an einer psychischen Krankheit zu leiden. Eine repräsentative Studie der Donau-Universität Krems hat die Auswirkungen der Ausgangsbeschränkungen aufgrund von Covid-19 nach vier Wochen auf die psychische Gesundheit untersucht. Demnach hat sich die Häufigkeit depressiver Symptome verfünffacht. Gerade junge Erwachsene leiden unter der aktuellen Situation. Krankenkassen informieren nun verstärkt und stocken ihr Hilfsangebot auf.

    Hast du einen schlechten Tag oder schon eine depressive Verstimmung?

    Wir alle kennen das: wir haben einen wirklich schlechten Tag! Keine Lust auf alles, keinen Appetit und nichts bereitet uns Freude. So ein Tag ist ganz normal und gehört zu unserem menschlichen Empfinden dazu. Gerade deswegen übersehen wir so häufig die Anzeichen für eine ernste Erkrankung – denn einen schlechten Tag hat doch jeder mal. Wenn diese Gefühle jedoch länger als einen Tag anhalten, versuchen wir das dennoch zu relativieren.

    Deutlich wird das, an folgendem Beispiel: Mein Wecker klingelt und ich muss los zur Arbeit. Aber ich kann mich einfach gar nicht motivieren aufzustehen. Bei der Arbeit warten wieder Aufgaben, für die ich mich heute nicht in der Stimmung fühle. Ich drehe mich noch gefühlte 20-mal um und quäle mich dann aus dem Bett. Den Tag bei der Arbeit kriege ich irgendwie rum – jedoch ohne große Freuden. Als ich mit meinen Kolleg:innen Mittagspause mache, stochere ich mehr in meinem Essen rum, als dass ich wirklich esse. Und auch den Gesprächen meiner Kolleg:innen kann ich kaum folgen. Als dann endlich der Feierabend da ist, möchte ich nur noch eins: ab nach Hause und nichts mehr machen! Ich hatte ja schließlich einen schlechten Tag und hab mir das verdient. Doch auch zu Hause habe ich keinen Appetit und noch viel weniger Lust Essen zuzubereiten. Ich esse lieber nichts, als mich jetzt aufzuraffen und in der Küche zu stehen. Wenn mich abends mein:e Partner:in oder Freund:innen fragen, wie mein Tag war, rege ich mich kurz über die Arbeit auf, mehr nicht! Auf alle Anfragen aus dem Freund:innen- und Bekanntenkreis reagiere ich immer gleich: „Es tut mir leid. Ich kann heute nicht dabei sein, der Tag bei der Arbeit war super anstrengend und ich möchte einfach nur nach Hause”. Und das Tag für Tag, egal welche Aktivität geplant ist.

    Die Falle der Alltagsroutine

    Das gleiche Szenario zieht sich über Wochen. Und obwohl ich weiß, dass ich anscheinend gerade in meinem Job nicht so zufrieden bin, verteidige ich diesen. Wenn mich Freunde auf meine Launen oder meine ständige Nörgelei über meine:n Arbeitgeber:in ansprechen, reagiere ich immer gleich: Ich rede mir alles schön. Obwohl ich seit Wochen nicht mehr gerne zur Arbeit fahre, finde ich jede Menge Argumente für den Job und gegen meine Emotionen. Oft fallen Argumente wie, dass ich doch so nette Kolleg:innen habe, viele Freiheiten oder dass ich mittlerweile eine gute Position innehabe. Aber auch Argumente, mit denen ich mich selbst kleiner mache, wie, dass andere unter den Bedingungen doch auch arbeiten können und ich gerade nur etwas sensibel bin. Wer sich aus dieser Situation nicht befreit, der wird früher oder später die Rechnung dafür kassieren.

    Achte auf dich und deinen Körper! Denn es ist nicht ok, jeden Abend lustlos und antriebslos zu sein. Es ist nicht ok, jeden Tag mit einem blöden Gefühl zur Arbeit zu fahren. Es ist nicht ok, seine Freundschaften über einen längeren Zeitraum zu vernachlässigen, weil man einfach nicht die Kraft aufbringen kann. Es ist nicht ok, zu „faul” zum Essen zu sein. Und was erst Recht nicht ok ist, ist die eigenen Emotionen zu unterdrücken und nicht zu hinterfragen.

    Wie erkenne ich die Anzeichen einer Depression?

    Natürlich ist nicht jeder schlechte Tag ein Anzeichen für eine Depression. Dennoch gibt es ein paar Kriterien, auf die du bei dir und auch deinem Umfeld achten kannst, um frühzeitig eine Depression zu erkennen.

    In der Regel leiden Betroffene an zwei von drei Hauptkriterien. Diese sind:

    • Verlust von Interesse und Freude
    • depressive Stimmung
    • verminderter Antrieb

    Dazu kommen dann weitere zwei Zusatzsymptome. Diese können sein:

    • Schlafstörungen
    • Appetitminderung
    • negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
    • vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
    • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
    • Suizidgedanken/Suizidhandlungen

    Solltest du über mehr als zwei Wochen unter zwei Hauptsymptomen und zwei Zusatzsymptomen leiden, solltest du die Situation wirklich ernst nehmen. Denn so solltest du nicht jeden Tag erleben und das musst du auch nicht!

    Was tue ich, wenn ich an einer Depression leide?

    Wenn du bei dir selbst oder Freund:innen die Befürchtung hast, dass es sich um eine Depression handelt, ist der Besuch bei Ärzt:in oder Psychotherapeut:in unverzichtbar!

    Deine erste Anlaufstelle ist dein:e Hausärzt:in, die oder der dich bei Bedarf weiter überweisen kann. Wichtig bei diesen Gesprächen ist, dass du wirklich ehrlich bist und deine Gefühle kommunizierst. Denn nur so, kann dein:e Ärzt:in einschätzen, wie schlimm die Situation bei dir bereits ist. Mache dir noch einmal bewusst, dass allein in Deutschland 5,3 Millionen Menschen an einer psychischen Erkrankung leiden. Du bist nicht allein! Und du bist auch nicht die erste Person, die deiner Ärztin beziehungsweise deinem Arzt von ähnlichen Symptomen berichtet – ganz egal, wie unwichtig dir diese erscheinen.

    In ganz dringenden Fällen kannst du dich aber auch direkt an eine psychiatrische Klinik oder eine:n Notärzt:in wenden. Zusätzlich gibt es verschiedene Krisendienste und Hotlines, wie die Anlaufstelle der Deutschen Depressionshilfe (0800/33 44 533).

    Weitere Hilfsangebote und Anlaufstellen findest du direkt auf der Website der Deutschen Depressionshilfe

    Und noch einmal ganz zum Schluss, da es nicht oft genug erwähnt werden kann: Du darfst deine Emotionen fühlen und dir Hilfe holen. Du bist nicht allein! Du gehst diesen Weg gemeinsam mit Millionen anderen Menschen.

    Vanessa Winkler


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