Kennt ihr eigentlich unseren Bevollmächtigten der Bunderegierung für Pflege? Nein? Es handelt sich dabei um Andreas Westerfellhaus. Diesen „Titel“ gibt es übrigens schon seit 2014. Was diese großartig klingenden Position allerdings auszeichnet ist ihre Machtlosigkeit.
Sehen wir uns das Profil genauer an, so stellen wir nämlich fest, dass es sich dabei nur um eine Berater- und Ideenfunktion handelt – genauer gesagt um einen Ansprechpartner nach außen, der auch bei den Gesetzes- und Verordnungsvorhaben rund um die Pflege eingeladen wird, dort aber kaum Einfluss hat. Wirft man einen Blick auf die Organisationstafel des Bundesgesundheitsministeriums, merkt man schnell, dass die Pflege als Thema zwar überall mit dabei ist, sie aber weder speziell, noch nach ihrer Dringlichkeit behandelt wird.
Ja – ich finde, die Zeit ist reif für eine Diskussion um einen Pflegeminister oder eine Pflegeministerin. Natürlich kann man jetzt sagen, dass dieser Ministerposten überflüssig sei und wir mit einem Gesundheitsminister voll abgedeckt sind. In der Theorie mag das auch stimmen. Aber wenn man es sich genauer anschaut, so merkt man, dass Pflege und Pflegenotstand tiefgreifende Probleme sind, welche uns noch Jahrzehnte begleiten werden. Die Themenvielfalt ist für einen einzigen Minister, wie wir ihn aktuell haben, also kaum zu bewältigen – auch nicht mit Beratern und Experten.
Ein Minister oder eine Ministerin für Pflege könnten diese Lücke schließen und als wirkliche Kraft und Sprecher:in der Pflege handeln – gleichgestellt mit dem Gesundheitsminister, mit gleichem Einfluss, eigenen Abteilungen und Personal. Der Posten eines Pflegeministers würde auf jeden Fall signalisieren, dass die Politik die Probleme der Pflege erkennt und diese endlich anpacken will. Auch um den Lobbyismus innerhalb des Gesundheitssystems einzuschränken, wäre solch ein Ministerposten perfekt.
Mir ist auch klar, dass jetzt jede Personengruppe im Gesundheitswesen kommen und ihren eigenen Minister oder ihre eigene Ministerin fordern könnte. Jedoch sehe ich bei keiner Gruppe eine derartige Dringlichkeit und auch Notwendigkeit wie in der Pflege. Ich würde sogar so weit gehen, den Ministerposten temporär zu schaffen, bis die Dringlichkeit des Pflegenotstands behoben wurde und unser Gesundheitssystem neu aufgestellt ist.
Wer behauptet, die Einführung eines Ministerpostens für die Pflege wäre nicht möglich, den darf ich daran erinnern, dass das Bundesgesundheitsministerium derzeit rund 700 Mitarbeiter:innen beschäftigt.
Das wohl wichtigste Kriterium für das Amt eines Pflegeministers? Es darf niemand Fachfremdes sein. Dieser Posten sollte mit jemandem von der Basis besetzt werden oder „vom Bett“, wie man in der Pflege sagt. Denn mit einem weiteren „Experten”, wie es unser derzeitiger Bundesgesundheitsminitser Jens Spahn als Bankkaufmann ist, wäre uns Pflegekräften auch nicht geholfen.
Stefan Heyde