Antigen-Laientests: Wie sinnvoll sind Corona-Selbsttests für Zuhause?

Inspiriert von der faszinierenden Welt der Medizin und Pflege, möchte unser Redaktionsteam sich mit Fachkräften austauschen, Perspektiven aufzeigen mit Interviews und Reportagen, um die Vielfalt des Pflegealltags zum Ausdruck bringen.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat inzwischen sechs Coronavirus-Schnelltests für den Hausgebrauch zugelassen. Kommende Woche sollen sie im Handel erhältlich sein. Aber wie sinnvoll sind die Corona-Selbsttests für Zuhause?Covid-19 ist eine meldepflichtige Erkrankung. Aus diesem Grund blieben Corona-Antigen-Tests bisher dem geschulten medizinischen Personal vorbehalten. Die Durchführung des Nasen- oder Rachenabstriches war nur in Arztpraxen, Pflegeheimen oder Apotheken erlaubt. Jetzt dürfen Privatpersonen Schnelltests in Eigenregie mittels Corona-Selbsttest für Zuhause durchführen. Möglich ist das durch die Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung durch das Bundesgesundheitsministerium. # Diese Corona-Schnelltests für Zuhause sind offiziell zugelassenDie folgenden Corona-Schnelltests für Zuhause haben inzwischen die Zulassung erhalten:* Clinitest Rapid COVID-19 Self-Test von Siemens Healthineers* Rapid SARS-CoV-2 Antigen Test Card der Technomed Service GmbH* Lyher® Covid-19 Antigen Schnelltest (Nasal) der Lissner Qi GmbH* SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test der SD Biosensor Inc.* AMP Rapid Test SARS-CoV-2 Ag der AMEDA Labordiagnostik GmbH * Coronavirus (2019-nCoV)-Antigentest der Beijing Hotgen Biotech Co., Ltd. Die Liste wird regelmäßig aktualisiert. Vermutlich folgen bald weitere Gurgel- sowie Spuck- und Lutschtests anderer Hersteller. Die Selbsttests für den Hausgebrauch sollen in Apotheken, teilweise aber auch in Drogerien, online und im Einzelhandel angeboten werden. Angedacht sind drei verschiedene Packungsgrößen: mit einem Test, als Fünferpack und mit 25 Tests.Erkennbar sind seriöse Angebote anhand ihrer CE-Zertifizierung und ihrer Sonderzulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Letztere erhalten sie nur, wenn sie bestimmte Sicherheitsanforderungen erfüllen. Dazu gehört, dass die Tests für medizinische Laien entwickelt und leicht zu handhaben sind. Die Hersteller stehen in der Pflicht, dafür entsprechende Nachweise zu erbringen. Eine entsprechende Packungsbeilage sollte die Nutzung auf verständliche Weise erläutern.# Wie wird ein Corona-Selbsttest für den Hausgebrauch angewendet?Die Entnahme der Proben erfolgt entweder durch einen Abstrich im vorderen Nasenbereich oder durch Speichel. Bei den Laientests für Zuhause handelt es sich um Antigen-Tests. Diese weisen nicht – wie der PCR-Labortest – das Sars-CoV-2 selbst nach, sondern die mit dem Coronavirus verbundenen Proteine. Nach nur 15 bis 30 Minuten steht das Ergebnis fest. Die Gefahr einer Fehlanwendung durch Verbraucher:innen sieht Susanne H., Gesundheits- und Krankenpflegerin aus Hamburg, bei den Corona-Selbsttests nicht: „Einen Abstrich aus dem vorderen Nasenbereich bekommen auch Laien problemlos hin“. # Wie zuverlässig ist ein Corona-Schnelltest zur Eigenanwendung?Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat zusammen mit dem Robert Koch-Institut (RKI) Mindestkriterien für Antigen-Schnelltests festgelegt. Demnach müssen sie für eine Zulassung mindestens eine Sensitivität von 80 Prozent und eine Spezifität von 97 Prozent aufweisen. PCR-Tests sind im Vergleich dazu sensibler. Sie zeigen bereits niedrige Viruskonzentrationen an.Bei einem Corona-Selbsttest muss die Viruslast schon sehr hoch sein, damit die Infektion erkannt wird. Wer sich gerade erst frisch angesteckt hat oder sich am Ende einer symptomlos verlaufenden Infektion befindet, geht möglicherweise als negativ durch. Die Schnelltests reagieren nicht so empfindlich wie die professionellen Varianten. Konkret heißt das: Ein Selbsttest für Laien, der eine Sensitivität von rund 80 Prozent besitzt, schlägt bei 20 von 100 Corona-positiven Menschen nicht an. „Wer sicher gehen will, sollte den Test machen und sich dann fünf Tage lang in eine selbstgewählte Quarantäne begeben“, schlägt Gesundheits- und Krankenpflegerin Susanne H. vor. „Wenn dann der zweite Selbsttest ebenfalls negativ ausfällt, ist das mit hoher Wahrscheinlichkeit das korrekte Ergebnis.“# Vor- und Nachteile von Corona-Selbsttests für Zuhause Ein positives Testergebnis bedeutet nur, dass der Verdacht einer Corona-Infektion besteht. Es handelt sich nicht um eine Diagnose. Diese kann nur durch einen PCR-Labortest gestellt werden, bei dem die Probenentnahme durch medizinisch geschultes Personal geschieht und die Auswertung im Labor erfolgt. Darüber müssen die Test-Anwender:innen aufgeklärt werden, um unnötige Ängste zu vermeiden.Hier liegt allerdings ein Risiko: Es lässt sich nicht kontrollieren, ob jemand, der ein positives Resultat beim Laientest hat, tatsächlich eine PCR-Nachtestung in der hausärztlichen Praxis oder in einem Testzentrum veranlasst. Das bedeutet, diese Person rutscht möglicherweise durch das Netz.

Krankenpflegerin Susanne H. sieht den größten Vorteil der Selbsttests vor allem in der Selbstberuhigung beziehungsweise Selbstvergewisserung: „Mit einem negativen Testergebnis fühlen sich die Menschen endlich wieder ein Stück weit sicherer.“ Ein weiterer Pluspunkt sei die Entlastung von Testzentren, Laboren und Pflegepersonal.Die üblichen Abstands- und Hygienevorschriften sowie regelmäßiges Lüften könne ein solcher Selbsttest allerdings nicht ersetzen. „Dazu kommt, dass jedes Haus eigene Regeln hat. Die werden nicht über Bord geworfen, nur weil jemand mit einem selbstgemachten Test wedelt.“ Mehr Freiheiten bedeuten die neuen Testmöglichkeiten also zumindest vorerst nicht. „Gültig ist der Test sowieso höchstens für einen einzigen Tag.“ Das Testergebnis ist eine Momentaufnahme.Trotzdem könne die Schnelltestung eine sinnvolle Ergänzungsmaßnahme in Pflegeeinrichtungen, Kindertagesstätten und Schulen sein. Mit dieser kurzen vorherigen Prüfung ließen sich Menschen identifizieren, bei denen der Verdacht einer Infektion bestehe. „Diese können nachgetestet und gegebenenfalls in Quarantäne geschickt werden.“Ein negatives Resultat bei einem Laien-Schnelltest bedeutet allerdings keine Entwarnung: Es heißt nur, dass die getestete Person im Moment nicht ansteckend ist. Infiziert sein könnte sie theoretisch trotzdem. # Wie sinnvoll sind Corona-Selbsttests für Zuhause?Die neuen Testmöglichkeiten bieten eher eine Scheinsicherheit als echte Gewissheit. Dazu kommt, dass häufigere Laientests den Geldbeutel strapazieren. Die Corona-Selbsttests für Zuhause gliedern sich bestenfalls in die bisherigen Schutz- und Vorsorgemaßnahmen ein. Ersetzen können sie diese jedoch nicht. Die Registrierung von Namen und Uhrzeiten bei Besuchen und die AHA+L-Regeln werden aller Wahrscheinlichkeit nach unverändert beibehalten.Die unkompliziert erhältlichen Corona-Schnelltests zur Eigenanwendung geben Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten die Möglichkeit, Pflegebedürftige, Mitarbeiter:innen und Besuchende regelmäßig im Schnellverfahren zu testen. Weitere Einsatzmöglichkeiten der Heimtests werden zurzeit diskutiert. Denkbar wären Schnelltests vor kulturellen Veranstaltungen und Restaurantbesuchen oder in Kitas und Schulen. Gesundheits- und Krankenpflegerin Susanne H. bleibt skeptisch, die Aussagekraft des Ergebnisses von Corona-Selbsttests für Zuhause sei viel zu gering. Weitaus wichtiger findet sie es, etwas für das eigene Immunsystem und die Darmgesundheit zu tun: „Gesunde Ernährung, frische Luft und Bewegung“ hält die Hamburgerin zusätzlich zu den AHA+L-Regeln für effektivere Maßnahmen als Corona-Schnelltests zur Eigenanwendung. Michaela Hövermann

Das könnte dich auch interessieren:

Alle Artikel ansehen
Eine Krankenschwester mit roten Haaren

Du möchtest etwas bewegen?

Finde einen Job, der perfekt zu deinen Vorstellungen passt: Flexibel im Leasing oder festangestellt bei einer unserer 5.500+ Partnereinrichtungen.