Nach zahlreichen Warnstreiks und schwierigen Verhandlungen erzielten in der Nacht zum Montag die Gewerkschaft Verdi, die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) und der Deutsche Beamtenbund (DBB) in Potsdam eine Einigung im Tarifstreit. Was der neue Tarifabschluss für Pflegekräfte im öffentlichen Dienst bedeutet, haben wir für dich zusammengefasst.
Länder und Gewerkschaften haben sich geeinigt: 2,8 Prozent mehr Lohn ab dem 1. Dezember 2022 und einen Corona-Bonus sieht der Tarifabschluss vor, der für 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte und 48.000 Auszubildende im öffentlichen Dienst gilt – unter ihnen sind auch viele Pflegekräfte.
Eine Corona-Prämie von 1.300 Euro soll spätestens im März 2022 einmalig an alle Vollzeitbeschäftigten, die unter den Tarifbeschluss fallen, ausgezahlt werden. Teilzeitbeschäftigte erhalten eine anteilige Summe. Die Prämie ist steuer- und abgabenfrei. Auszubildende in der Pflege bekommen einen Bonus von 650 Euro.
Die Lohnerhöhung von 2,8 Prozent gilt ab dem 1. Dezember 2022 für die 1,1 Mio. Tarifbeschäftigten der Bundesländer. Ausgenommen davon ist Hessen, das seit 2004 nicht mehr zur Tarifgemeinschaft der Länder gehört und einen eigenen Tarifbeschluss gefasst hat. Die Vergütung von Auszubildenden in der Pflege soll um 70 Euro angehoben werden.
Verdi-Chef Frank Werneke erklärt in einer von der Gewerkschaft herausgegebenen Pressemitteilung, der Tarifvertrag sei „ein in weiten Teilen respektables Ergebnis“, das für die Beschäftigten im Gesundheitswesen spürbare finanzielle Verbesserungen mit sich bringe. Den Tarifabschluss wertet er als wichtigen Schritt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege. Die Verdi-Jugend habe in der Tarifrunde mit viel Engagement und Durchhaltevermögen an den Streiks teilgenommen und dadurch die Einkommenssteigerungen mit erwirkt. „Auch so macht man den öffentlichen Dienst für junge Menschen attraktiv“, äußert sich Werneke in der Pressemitteilung.
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) zeigt sich jedoch enttäuscht. In einer am Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung bezeichnet Martin Dichter, Vorsitzender des DBfK Nordwest, den Abschluss als „Mogelpackung“. Seine Kritik: Die Lohnerhöhung von 2,8 Prozent bleibe hinter der momentanen Inflationsrate von 5 Prozent zurück. Ein kleines Lohnplus sei daher nur für wenige spürbar, beispielsweise bei Pflegekräften auf Intensivstationen von Unikliniken, deren Zulage ab Januar 2022 von 90 auf 150 Euro angehoben werden soll. Ursprünglich hatten die Gewerkschaften tatsächlich eine Lohnerhöhung von 5 Prozent angestrebt. Dies wurde jedoch von der Arbeitgeberseite abgelehnt. Eine einmalige Zahlung sieht Dichter nicht als nachhaltige Verbesserung und fordert stattdessen ein Einstiegsgehalt von 4.000 Euro für Pflegekräfte.
Der Tarifabschluss von Potsdam zeigt, dass Arbeitgeber:innen verstanden haben, wie wichtig die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege ist. Um den Pflegenotstand in Deutschland zu bekämpfen und die Branche langfristig attraktiver zu machen, sollten jedoch weitere Schritte folgen.
Judith Marlies Barth
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