Gehaltserhöhung in der Pflege? So verhandelst du dein Gehalt

Dass eine Gehaltserhöhung in der Pflege möglich ist und wie du dabei geschickt vorgehst, liest du hier.

Tarifverträge sichern dir in der Pflege ein angemessenes Gehalt. Allerdings sind nicht alle Einrichtungen tarifgebunden. Unternehmen in privater Trägerschaft berufen sich häufig auf einen „Haustarif“. Was im ersten Moment negativ klingt, bietet allerdings auch eine Chance: Du kannst dein Gehalt individuell verhandeln und auch eine Gehaltserhöhung für dich herausholen. Wie du dabei geschickt vorgehst, verraten wir dir in diesem Artikel.

Es ist in jeder Branche üblich, dass das Gehalt nach zwölf bis 18 Monaten erhöht beziehungsweise angepasst wird. Mitarbeiter:innen gewinnen an Erfahrung. Sie bilden sich weiter. Dementsprechend werden sie immer wertvoller für das Unternehmen. Genau das sollte sich im Gehalt spiegeln. In der Pflege sind Gehaltsverhandlungen bzw. Gehaltserhöhungen allerdings nach wie vor eher unüblich. Das sollte sich dringend ändern. Schließlich verkaufst du nicht nur deine Expertise, sondern auch das kostbarste, was du auf dieser Welt hast, deine Lebenszeit.

Gerade Frauen halten sich bei Vorstellungsgesprächen und beim jährlichen Mitarbeitergespräch zurück, wenn es um die Gehaltsfrage geht. Dabei hast du gute Karten in der Hand: Fachkräfte in der Pflege werden überall gesucht. Du bist nicht auf deine jetzige Arbeitsstelle angewiesen, dein Arbeitgeber umgekehrt auf dich sehr wohl.



Typische Aussagen, die eine Gehaltserhöhung verhindern sollen

Jetzt werfen wir einen Blick auf die üblichen Totschlagargumente. Kein Arbeitgeber zahlt freiwillig mehr als unbedingt notwendig. Hier ist von deiner Seite Argumentationsgeschick gefragt.

Häufig kommen Aussagen wie:

  1. „Dafür hast du einen sozialen Beruf gewählt. Du weißt doch, dass das schlecht bezahlt wird.“
  2. „Die Kassen sind leer.“
  3. „Unser Betrieb kämpft, um über die Runden zu kommen.“
  4. „Dann müsste ich ja Ihren Kolleginnen und Kollegen auch mehr bezahlen. Das geht nicht. Das wäre ja unfair.“

Wie du diese Aussagen entkräftest

Was da passiert, ist Manipulation. Versuch, dich davon nicht einschüchtern zu lassen. Schauen wir uns diese Aussagen der Reihe nach an.

  1. Ja, du hast einen sozialen Beruf gelernt und bist jetzt in der Alten- oder Krankenpflege tätig. Das ist überaus ehrenwert und verdient gerade deswegen auch eine hohe finanzielle Anerkennung. Die wenigsten Menschen trauen sich diese anspruchsvolle Aufgabe zu. Im Alter oder Krankheitsfall möchte aber jeder Mensch optimal, kompetent und engagiert versorgt werden. Das ist also eher ein Argument dafür, dir noch einen Extra-Bonus obendrauf zu legen.
  2. Leere Kassen sind seit Jahrzehnten das Totschlagargument schlechthin. Wenn du aus Frustration nur noch Dienst nach Vorschrift machst, weil du dich ausgenutzt und nicht wertgeschätzt fühlst, ist das für den Betrieb teurer als dir einen ordentlichen Lohn zu zahlen. Außerdem geht er das Risiko ein, dass du kündigst und dir eine ordentlich bezahlte Stelle suchst – und das wird dann richtig teuer. Das heißt nämlich, dass Jobanzeigen geschaltet, Vorstellungsgespräche geführt und Einarbeitungen stattfinden werden müssen. Falls sich nicht zeitnah jemand findet, führt das zu einer Überlastung der anderen Mitarbeiter:innen, die daraufhin möglicherweise krank werden oder ebenfalls kündigen. Das bedeutet für den Arbeitgeber weitere – unnötige – Kosten.
  3. Dass dein Betrieb in finanziellen Schwierigkeiten steckt, hat nichts mit dir zu tun. Du gibst und leistest dein Bestes. Das sollte honoriert werden. Wenn sich ein Unternehmen nicht halten kann und nur durch die Unterbezahlung/Ausbeutung seiner Mitarbeiter:innen am Markt überlebt, stellt sich die Frage: Möchtest du das wirklich unterstützen?
  4. Wenn du dein höheres Gehalt für dich durchsetzt, tust du deinen Kolleg:innen sogar einen Gefallen: Dann können sie es auch schaffen, wenn sie für ihre Interessen eintreten. Lass dich nicht kleinhalten!

5 Tipps für eine Gehaltserhöhung in der Pflege

Bevor du eine Gehaltserhöhung zur Sprache bringst, solltest du deine Erfolge und Leistungen stichhaltig dokumentieren. Alles, was über deine eigentliche Arbeit hinausgeht, ist dabei interessant. Das hat den Vorteil, dass du nicht einfach nur mehr Gehalt verlangst. Du zeigst, dass du bereits seit längerer Zeit deutlich mehr leistest als üblich. Du bist also in Vorleistung getreten und möchtest jetzt, dass dein Lohn daran angepasst wird.

Psychologisch gesehen ist es darum auch besser, von einer „Gehaltsanpassung“ zu sprechen statt von einer „Gehaltserhöhung“. Letztere klingt, als ob du für die gleiche Leistung plötzlich mehr Geld haben möchtest.

#1 Recherchiere deinen Marktwert

Was andere in deiner Branche verdienen, kannst du leicht online herausfinden. In unserem MEDWING Magazine findest du zahlreiche Artikel rund um das Gehalt in der Pflege. Wenn du weißt, was du wert bist, siehst du auch, ob du dich womöglich unter Wert verkaufst.

Als Berufseinsteiger:in kannst du nicht mit demselben Gehalt rechnen wie jemand mit langjähriger Berufserfahrung. Am unteren Rand herumkrebsen musst du allerdings auch nicht. Überlege dir, was du als leistungsgerechte Bezahlung empfindest – und lege auf dein Wunschgehalt 300 bis 500 Euro brutto drauf. Warum? Ganz einfach: Deine Führungskraft wird dich herunterhandeln. So landest du am Ende trotzdem bei deinem Wunschbetrag. Das gilt gleichermaßen für die Gehaltsforderung in einem neuen Job als auch, wenn du in einem bestehenden Job eine Gehaltserhöhung erreichen möchtest.

#2 Halte deine Erfolge schriftlich fest

Beantworte folgende Fragen am besten schriftlich. Das ist deine Argumentationsgrundlage innerhalb deiner Gehaltsverhandlung. Wenn dein Arbeitgeber einer Gehaltserhöhung zustimmen soll, musst du ihm plausibel darlegen, dass du die entsprechende Summe tatsächlich verdienst. Ein Erfolgstagebuch hat noch einen anderen Vorteil: Dein Selbstwertgefühl steigt, denn du siehst, was du in Wirklichkeit Tag für Tag leistest.

  • Wo liegt dein Mehrwert für deinen Arbeitgeber?
  • In welcher Hinsicht leistest du mehr als andere in deinem Job? Notiere dir besondere Aufgaben und Aktivitäten, die sich von deinen üblichen Aufgaben unterscheiden, mit Datum. (Springst du beispielsweise im Krankheitsfall sofort für Kolleg:innen ein? Erledigst du organisatorische Aufgaben? Entlastest du deine Vorgesetzten in besonderer Weise?)
  • Kannst du etwas besonders gut?
  • Über welche Weiterbildungen verfügst du? Jede absolvierte Weiterbildung bedeutet, dass dein Aufgabenspektrum sich erweitert. Auch dein Lohn sollte entsprechend „mitwachsen“.
  • Welche Qualifikationen bringst du darüber hinaus mit? Hast du vielleicht eine besondere Hand für demenziell erkrankte Menschen? Kennst du dich mit einem bestimmten Krankheitsbild besser aus als alle anderen? Profitieren deine Kolleg:innen von deinen Fachkenntnissen und deinen Qualifikationen?
  • Übernimmst du möglicherweise Führungsaufgaben?
  • Wie viele Jahre Berufserfahrung bringst du mit?

#3 Sprich über deine Leistungen

Deine Vorgesetzten bekommen nicht mit, was du in Wirklichkeit leistest, wenn du sie darauf nicht hinweist. Hab keine Scheu, deine Leistungen anzusprechen. Keine falsche Bescheidenheit! Solange du Höchstleistungen für ein geringes Gehalt erbringst und keine Gehaltsanpassung ansprichst, wird sich vermutlich nichts ändern. Von allein erhältst du keine leistungsgerechte Bezahlung. Das passiert nur, wenn du gezielt darauf hinarbeitest – und gut vorbereitet in das Gespräch einsteigst.

#4 Bilde dich gezielt weiter

Nimm alles mit, was geht. Mit jeder Fortbildung steigt der Wert, den du für deinen Arbeitgeber hast. Sobald du deine Qualifikation in der Tasche hast, werden deine Aufgaben sich entsprechend erweitern. Sorge dafür, dass du auch eine entsprechende Gehaltserhöhung bekommst. Das ist fair, denn du bist jetzt noch wertvoller als zuvor.

#5 Lass dir Bescheinigungen geben

Bitte deine Vorgesetzten darum, dir deine Kenntnisse und deine Qualifikationen schriftlich zu bestätigen. Ein entsprechendes Schreiben kannst du vorformulieren, sodass es nur noch unterschrieben werden muss. Nenne darin die Qualifikation und wie du sie in deinem Arbeitsalltag gewinnbringend einsetzt. Diese müssen nicht auf einer absolvierten Fortbildung basieren.

  • Vielleicht bist du ein Kommunikationsass und löst durch Mediation Teamkonflikte?
  • Oder du bist hervorragend in der Kommunikation mit Angehörigen.
  • Oder du erzielst bei Klientinnen und Klienten dank deiner Kreativität Erfolge.

Auch mit einer solchen Bescheinigung kannst du in deiner nächsten Gehaltsverhandlung punkten. Falls du den Job wechselst, hast du für deine Bewerbungsunterlagen und das Vorstellungsgespräch ein zusätzliches Ass im Ärmel.

Gehaltserhöhung trotz Tarifvertrag?

Auch bei Bezahlung nach Tarif ist eine Gehaltserhöhung möglich. Lies dir die Merkmalsbeschreibung deiner Tarifgruppe in Ruhe durch. Passt das zu deiner Stelle? Oder erledigst du ganz selbstverständlich Aufgaben, die laut Tarif viel höher vergütet werden sollten? Möglicherweise bist du zu tief eingeordnet. Auch hier lohnt sich ein Gespräch mit deinen Vorgesetzten.

Gehaltsverhandlungen in der Pflege: Wenn sich finanziell nicht mehr herausholen lässt

Vielleicht kannst du nicht deine kompletten Gehaltswünsche durchsetzen. Aber eventuell ist dein Betrieb bereit, dir andere Zugeständnisse zu machen. Denkbar sind beispielsweise:

  • Betriebliche Altersvorsorge
  • Einkaufs- und Tankgutscheine
  • Dienstwagen zur privaten Nutzung
  • Fehlzeitenbonus
  • vergünstigte Krankenzusatzversicherungen

Eine Gehaltserhöhung in der Pflege ist möglich. Es lohnt sich, das Gehaltsgespräch mit deinen Vorgesetzten zu suchen. Es spielt dabei keine Rolle, ob sich deine Bezahlung nach Tarif oder nach Haustarif richtest: Du kannst immer um dein Gehalt verhandeln! Falls du deinen Wunschbetrag nicht ganz erreichst, lassen sich vielleicht noch ein paar Extras für dich herausholen. Fakt ist: Dein Gehalt sollte mit deiner Berufserfahrung und mit jeder Weiterbildung ansteigen.

Michaela Hövermann


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