Wie du dich als weibliche Pflegekraft vor Altersarmut schützt

Judith beleuchtet in ihren Artikeln aktuelle Themen und Nachrichten der Pflegebranche. Außerdem informiert sie Pflegekräfte über Karrierechancen, teilt Wissen zum Thema Gesundheit und gibt Tipps für den Pflegealltag.

Judith Marlies Barth


Das größte Risiko für Armut in Deutschland? Alt und weiblich sein. Diese Tatsache macht auch vor der Pflegebranche nicht halt. Obwohl weibliche Pflegekräfte viel Zeit und Energie darauf verwenden, anderen zu helfen und ihre Tätigkeit einen hohen gesellschaftlichen Wert hat, stehen sie im Alter oft mit Renten da, die kaum zum Leben reichen. Doch du hast Möglichkeiten, dich zu schützen.

645 Euro im Monat stehen einer deutschen Rentnerin im Schnitt zur Verfügung. Vielerorts reicht das nicht einmal, um die Miete zu bezahlen. Bei Männern sieht es etwas anders aus: Sie bekommen im Schnitt 60 Prozent mehr und sind wesentlich seltener von Armut im Alter betroffen. Die Ursachen dafür sind vielfältig und liegen nicht zuletzt in einem System, das Frauen immer noch benachteiligt.

Gründe, die das Armutsrisiko im Alter für weibliche Pflegekräfte erhöhen

Um zu verhindern, später in die Altersarmut zu rutschen, hilft es, die Gründe für dieses Problem zu verstehen.

Minijob gleich Minirente? Armutsfalle Teilzeit

Viele weibliche Pflegekräfte arbeiten nicht Vollzeit. Das liegt unter anderem daran, dass Kindererziehung und Haushalt, also sogenannte Sorge- oder Carearbeit, immer noch ungerecht verteilt sind. Nach der Geburt eines Kindes reduziert in heterosexuellen Partnerschaften meist nur die Frau ihre Arbeitszeit, oft über Jahre hinweg. Der Mann hingegen wird Hauptverdiener. Das hat häufig ökonomische Gründe, da Männer im Schnitt immer noch mehr Geld bekommen als Frauen. An die Folgen, die das für die Rente hat, denken viele Frauen nicht.

Gender Pay Gap: Weibliche Pflegekräfte verdienen im Schnitt weniger

Der Begriff „Gender Pay Gap“ bezeichnet die Differenz des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes zwischen Frauen und Männern. Im Deutschen wird das Phänomen auch als „Lohnlücke” bezeichnet. Leider sind Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt immer noch nicht gleichberechtigt. Wie groß die Verdienstunterschiede sind, variiert von Branche zu Branche. Auch in der Pflege ist der Gender Pay Gap ein Problem: Obwohl hauptsächlich Frauen in pflegenden Berufen arbeiten, verdienen sie im Schnitt weniger als ihre männlichen Kollegen. Immerhin 8,4 Prozent Unterschied sind es in der Gesundheits- und Krankenpflege. Beim Gehalt in der Altenpflege sieht es etwas besser aus: Hier verdienen weibliche Pflegekräfte nur etwa 3 Prozent weniger.

Rechtliche Benachteiligung von Frauen: Ehegattensplitting und Unterhaltsrecht

Die Rechtslage in Deutschland fällt teils zu Ungunsten von Frauen aus. Ein wichtiges Stichwort in diesem Zusammenhang ist das Ehegattensplitting. Das deutsche Steuerrecht erlaubt durch diese Regelung, dass ein Ehepaar umso mehr Steuern sparen kann, je größer das Gefälle zwischen den Einkommen der Ehepartner:innen ist. Dies scheint sich für Ehepaare zu lohnen. Allerdings nur, solange sie auch zusammenbleiben. Mit dem Ehegattensplitting belohnt der Staat das Alleinernährermodell. Das wiederum führt dazu, dass Frauen weniger arbeiten, wodurch sich ihr Armutsrisiko erhöht.

Im Jahr 2008 wurde außerdem das Unterhaltsrecht modernisiert. Seitdem ist der Unterhalt nach einer Scheidung stark begrenzt. Grundsätzlich müssen sich beide Partner:innen selbst versorgen. Auch diese Regelung begünstigt Männer.

Geringes Wissen über Finanzen: Frauen trauen sich weniger zu

Viele Frauen und somit auch viele weibliche Pflegekräfte sind unwissend in puncto Finanzen und setzen sich nicht ausreichend mit der Thematik auseinander. Oft liegt es an verinnerlichten Glaubenssätzen wie: „Ich bin nicht gut mit Zahlen” oder „Das ist zu kompliziert”. Statistiken zeigen, dass Frauen davor zurückschrecken, Kredite aufzunehmen oder ihr Geld an der Börse anzulegen. Laut einer Studie des Versicherungskonzerns AXA und dem Meinungsforschungsinstitut YouGov glaubt mehr als die Hälfte der befragten Frauen, dass eine Geldanlage an der Börse genauso riskant sei, wie ins Spielcasino zu gehen. Weibliche Pflegekräfte müssen sich in dieser Hinsicht mehr zutrauen und sich besser informieren. Es gibt keinen Grund zur Annahme, Frauen seien schlechter in der Lage, mit Geld umzugehen als Männer.


Frau mit Laptop macht Notizen


Lösungsansätze: Was weibliche Pflegekräfte tun können, um sich vor Altersarmut zu schützen

Was kann man nun aber tun, um als weibliche Pflegekraft im Alter gut abgesichert zu sein? Nicht gegen alle Ursachen von Altersarmut lässt sich als Einzelperson vorgehen. Politische Realitäten können wir nur gemeinsam verändern, beispielsweise indem wir Bewusstsein für patriarchale Strukturen schaffen, uns berufspolitisch engagieren oder an Aktionstagen wie dem heutigen Equal Pay Day teilnehmen. An diesem Tag der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern finden Demonstrationen und Informationsveranstaltungen statt. Dennoch gibt es eine ganze Menge individueller Stellschrauben, an denen du drehen kannst, um für dich finanziell gut zu sorgen.

Tipp 1: Elternzeit gerecht aufteilen: Sprich mit deinem Partner

Was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist immer noch viel zu selten Realität: eine gerechte Aufteilung der Elternzeit. Wenn beide Partner:innen 50 Prozent übernehmen, schützt dies vor Altersarmut. Ein längeres Ausscheiden weiblicher Pflegekräfte aus dem Beruf wird dadurch nämlich verhindert. Über Teilzeit sollte danach langsam wieder in die Vollzeit übergegangen werden. Falls eigene Kinder für dich ein Thema sind: Sprich mit deinem Partner auch über die finanziellen Aspekte von Familienplanung. Es ist hilfreich, die finanziellen Einbußen auszurechnen zu lassen, die längere Auszeiten und Teilzeitarbeit mit sich bringen. Du kannst dich dafür an die Deutsche Rentenversicherung, die Verbraucherzentralen oder freie Finanzberater:innen wenden.

Immerhin, seit einigen Jahren ist eine Trendwende zu beobachten. Durch das Bundeselterngeldgesetz 2007 werden Männer, die Elternzeit nehmen, heute weniger schief angeschaut. Knapp 40 Prozent der Väter legen aktuell eine berufliche Pause nach der Geburt ihres Kindes ein. Auch wenn diese fast immer deutlich kürzer ausfällt als bei Müttern, kann von einem Paradigmenwechsel gesprochen werden.

Tipp 2: Es ist nie zu früh für finanzielle Eigenverantwortung – aber auch nie zu spät!

Grundsätzlich gilt: Egal in welchem Lebensabschnitt du dich gerade befindest: Es lohnt sich immer, die eigenen Finanzen selbst in die Hand zu nehmen. Je früher du jedoch als weibliche Pflegekraft damit beginnst, für das Alter vorsorgen, desto besser. Das geht auch schon mit kleinen Beträgen. Informiere dich, welche Form der Anlage für deine Lebenssituation geeignet ist. Standen früher Lebensversicherungen und private Vorsorge durch Riester-Rente hoch in Kurs, wird heute zu eher ETFs oder Aktien geraten.

Tipp 3: Lieber unromantisch als arm – juristische Fallstricke kennen

Nicht wenige Menschen betrachten ihre Hochzeit als den schönsten Tag ihres Lebens. Schließlich verspricht man der Person, die man liebt, mit ihr durch dick und dünn zu gehen und alle Höhen und Tiefen des Lebens gemeinsam zu erleben. Was als Bund für die Ewigkeit gedacht ist, sieht in der Realität aber oft anders aus: Die Scheidungsrate in Deutschland betrug im Jahr 2020 ganze 38,5 Prozent. Auf drei Eheschließungen kam damit etwa eine Scheidung. Sich auf die Ehe als Absicherung im Alter zu verlassen, ist also keine gute Idee. Empfehlenswert sind stattdessen Ehe- und Partnerschaftsverträge, besonders, wenn Kinder im Spiel sind. Im Vertrag sollten folgende Fragen geklärt werden:

  • Wer scheidet wie lange wegen eines Kindes aus dem Berufsleben aus?
  • Wie lange wird im Fall einer Scheidung Unterhalt gezahlt?
  • Wie wird die häusliche Arbeit aufgeteilt?
  • Wie können Renteneinbußen ausgeglichen werden, die durch eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit entstehen?

Tipp 4: Als weibliche Pflegekraft Finanzberatung in Anspruch nehmen: Du bist nicht allein

Lass dich beraten. Nicht ohne Grund gibt es ganze Studiengänge und Ausbildungen, die Finanzwissen vermitteln. Hole dir die Meinung einer Expertin oder eines Experten ein. Gemeinsam könnt ihr eine Finanz-Strategie entwickeln, die auf deine individuellen Bedürfnisse zugeschnitten ist.


Eine Frau lässt sich von einer anderen Frau beraten


Anlaufstellen zur Information und Finanzberatung für weibliche Pflegekräfte

Du möchtest dich informieren und dein Wissen im Bereich Finanzen erweitern, weißt aber nicht, wo du anfangen sollst? Wir haben eine Liste von Anlaufstellen zusammengestellt, bei denen du Informationsmaterial oder direkte Beratung findest.



Selbstverständlich steht es dir frei, auch geschlechtsunabhängige Beratungsangebote wahrzunehmen. Jedoch stehen Frauen aufgrund ihrer Stellung in der Gesellschaft vor anderen Herausforderungen, was eine speziell auf diese Bedürfnisse zugeschnittene Beratung sinnvoll macht.

Es gibt eine ganze Menge, was du als weibliche Pflegekraft dafür tun kannst, um auch im Alter finanziell gut versorgt zu sein. Doch auch die Politik steht hier in der Verantwortung. Bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege würden einen längeren Verbleib von Frauen im Beruf ermöglichen. Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Job und Familie, beispielsweise durch bessere Angebote zur Kinderbetreuung, könnten weibliche Pflegekräfte dabei unterstützen, leichter wieder ins Berufsleben einzusteigen. Gesetzliche Regelungen wie das Ehegattensplitting, die Frauen benachteiligen, gehören abgeschafft.

Judith Marlies Barth


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