Welche Gründe sprechen dafür, ein Unternehmen mit angegliedertem Betriebskindergarten als Arbeitgeber zu wählen? Vor welchen Hürden stehen Unternehmen bei der Gründung von firmeneigenen Kindergärten? Wir klären dich auf.
Für Eltern mit Kindern ist es oftmals schwer genug, Job und Familie unter einen Hut zu bekommen. Pflegefachkräfte und Ärzt:innen stehen beim Thema Kinderbetreuung aber noch vor einer ganz besonderen Herausforderung.
Aufgrund des Schichtsystems und daraus resultierenden ungewöhnlichen Hol- und Bringzeiten wird die Betreuung in einer öffentlichen Einrichtung fast unmöglich.
Die Lösung sind an die Arbeitsstätte angegliederte Betriebskindergärten. Sie können die Vereinbarkeit von Job und Kind für alle, die im Gesundheitswesen arbeiten, deutlich vereinfachen.
Bei einem Betriebskindergarten handelt es sich um eine Betreuungseinrichtung, die räumlich direkt an ein Unternehmen angegliedert ist. Dessen Mitarbeiter:innen haben so die Möglichkeit, ihre Kinder direkt vor Ort betreuen zu lassen.
Die Betriebskita wird entweder von einem Unternehmen selbst betrieben oder durch einen Träger. Das kann die öffentliche oder freie Jugendhilfe sein, aber auch ein privat-gewerblicher Träger.
Wenn also zum Beispiel deine Klinik keine eigene Betriebskita anbietet, hast du dennoch die Möglichkeit, einen Belegplatz bei einem Kindergarten in der Nähe deiner Arbeitsstätte zu bekommen.
Rund 800 Betriebskitas gab es im Jahr 2022 laut Statista. Wie viele davon an Krankenhäuser oder andere Gesundheitseinrichtungen angegliedert sind, lässt sich der Statistik nicht entnehmen.
Die Liste des Ärztinnenbundes kann für dich vor allem dann spannend werden, wenn du vorhast, dich woanders zu bewerben und zukünftig mehr Wert auf Vereinbarkeit von Arbeit und Familie legst.
Gemessen an der Vielzahl von Unternehmen, die es in Deutschland gibt, könnte die Zahl der Betriebskindergärten zwar höher sein. Allerdings sind für Unternehmen mit dem Betrieb eines eigenen Kindergartens immense Kosten verbunden. Er lohnt sich deshalb erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße. Der Arbeitgeber muss schließlich für alles alleine aufkommen: die Räumlichkeiten, den Betrieb und die Ausstattung.
Nicht selten kommen Firmen zusätzlich für einen Teil der Betreuungskosten der Kinder auf oder übernehmen die Kosten komplett, um die Eltern zu entlasten. Welche Kosten bei der Kinderbetreuung auf dich zukommen, hängt also vom Unternehmen und dessen finanzieller Situation ab.
Seit 2008 haben Unternehmen aber die Möglichkeit, sich für die Einrichtung einer Betriebskita staatlich fördern zu lassen. Im Rahmen des Förderprogramms „Betrieblich unterstützte Kinderbetreuung“ können Unternehmen Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) der Europäischen Union beantragen, um einen leichteren Einstieg in die betriebliche Kinderbetreuung zu erhalten.
Insbesondere kleine und mittelgroße Unternehmen sollen dadurch die Chance bekommen, die Vereinbarkeit von Job und Familie im eigenen Betrieb zu verbessern.
Alternativ wird auch die Zusammenarbeit von Unternehmen mit angrenzenden öffentlichen Einrichtungen finanziell gefördert. Dadurch steht Mitarbeitenden in öffentlichen Kindergärten eine gewisse Anzahl an Betreuungsplätzen zur Verfügung, wenn die Gründung einer betriebsinternen Kita einem Unternehmen nicht möglich ist.
Eine Kindertagesstätte, die direkt an den Betrieb angrenzt, kann dich als arbeitendes Elternteil enorm entlasten. Sowohl in der Organisation deines Arbeitsweges, als auch in Bezug auf die Arbeitszeiten in der Pflege.
Aber nicht nur Arbeitnehmer:innen profitieren von einem angegliederten Kindergarten. Arbeitgeber können dadurch für Bewerber:innen attraktiver werden und Fachkräfte langfristig binden. Die Vorteile im Überblick:
Für erwerbstätige Eltern ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie unerlässlich. Unternehmen mit Betriebskindergarten machen deutlich, dass sie Wert auf eine familienfreundliche Atmosphäre legen und Angestellte mit Kindern willkommen sind.
Du kannst deshalb davon ausgehen, dass flexible Arbeitsmodelle in solchen Einrichtungen leichter durchzusetzen sind als in anderen. Das wiederum sorgt für eine langfristige Mitarbeiterbindung.
Bietet das Unternehmen einen betrieblichen Kindergarten, können Mütter und Väter ihre beruflichen und familiären Verpflichtungen besser koordinieren. Die Arbeitswege werden kürzer, da du dein Kind ohne Umwege direkt auf dem Weg zur Arbeit in den Kindergarten bringen und abholen kannst.
Zudem weißt du dein Kind auch im Job ständig in deiner Nähe, was den Alltag deutlich entstressen kann. Sollte mal was sein, bist du direkt vor Ort und kannst danach schnell wieder zurück auf die Station.
Du kennst das Dilemma vermutlich: Sobald es Richtung Feierabend geht, gerätst du in Stress, weil du dein Kind pünktlich aus der Tagesstätte abholen musst.
Ist der Fahrtweg dann auch noch lang, wird es oft richtig knapp. Dabei lassen sich spontane Zwischenfälle in Gesundheitseinrichtungen nicht immer vermeiden und Patient:innen in bestimmten Situationen nicht vertrösten.
Wird dein Kind in einer Einrichtung direkt neben deiner Arbeitsstätte betreut, entfällt dieser Zeitdruck, da sie so lange geöffnet hat wie nötig. Mit dem Ergebnis, dass du wesentlich produktiver bist, dir weniger Stress machen musst und dich besser auf deine Arbeit auf der Station konzentrieren kannst.
Viele Eltern plagt das schlechte Gewissen, wenn sie wenige Monate nach der Geburt bereits wieder arbeiten gehen und ihr Kind extern betreuen lassen. Oftmals lässt sich ein späterer Wiedereinstieg aus finanziellen Gründen aber nicht umsetzen. Oder der Wunsch nach einer Karriere macht eine schnelle Rückkehr unerlässlich.
Die Betreuung in einer betriebseigenen Kita erleichtert es Eltern, nach der Babypause wieder mit gutem Gewissen arbeiten zu gehen. Die Kinder sind in unmittelbarer Nähe untergebracht und können zwischendurch besucht werden, wenn die Sehnsucht nach Mama oder Papa zu groß ist.
Dieses Wissen entlastet Arbeitnehmer:innen und vereinfacht ihnen eine frühe Rückkehr in den Job. Und erspart dem Unternehmen dadurch die Suche nach Stellvertreter:innen, die die Elternzeit überbrücken.
Betriebskindergärten sind oft besser ausgestattet als öffentliche Kindergärten und können eine höhere Betreuungsqualität bieten. Vor allem, weil meistens weniger Kinder untergebracht sind als in öffentlichen Einrichtungen. Das kann Mitarbeitenden ein besseres Gefühl geben und das Unternehmen kann dies als Vorteil gegenüber der Konkurrenz nutzen.
Eines der größten Probleme von Pflegekräften oder Ärzt:innen mit Familie bei der Unterbringung in öffentlichen Kindergärten sind deren Öffnungszeiten.
Während normale Kitas meistens nur von 8 bis 17 Uhr geöffnet haben, stimmen die Öffnungszeiten von Betriebskindergärten mit den Arbeitszeiten der Arbeitnehmer:innen weitestgehend überein.
So hast du als Pflegefachkraft oder Ärzt:in die Möglichkeit, vor der Frühschicht dein Kind schon abzugeben oder es später abzuholen, wenn deine Schicht mal länger dauert.
Auch in Bezug auf Ferien- und Schließungszeiten passt sich der Betriebskindergarten eines Unternehmens den speziellen Bedürfnissen der Beschäftigten an.
Viele Unternehmen übernehmen die Kosten für die Kinderbetreuung in einem Betriebskindergarten entweder komplett oder zahlen Eltern hohe Zuschüsse. Das kann dazu führen, dass die Kosten für eine Kinderbetreuung in der Betriebskita niedriger ausfallen als in einer anderen öffentlichen oder privaten Einrichtung.
Rein rechtlich gilt eine kostenlose Kinderbetreuung übrigens als geldwerter Vorteil. Die Kosten, die Arbeitnehmer:innen durch die Umsonst-Betreuung sparen, müssten also grundsätzlich als zusätzlicher Arbeitslohn betrachtet und genauso versteuert werden.
Für den Betriebskindergarten liegt aber eine Sonderregelung vor, die in §33 Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt wird. Dort steht, dass die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung in einem Betriebskindergarten oder einer ähnlichen Einrichtung steuerfrei ist. Diese Regelung gilt nur dann, wenn das betreute Kind noch nicht schulpflichtig ist.
Generell spricht viel für die Unterbringung eines Kindes im angegliederten Betriebskindergarten. Und dennoch kann sie in bestimmten Situationen Nachteile mit sich bringen.
Zum Beispiel, wenn nicht die Person, die im angrenzenden Betrieb arbeitet, das Kind bringt oder abholt. Sofern Wohnort und Arbeitsstätte in dem Fall zu weit auseinander liegen, kann das sogar zu längeren Fahrzeiten führen als sonst.
Ein Problem ist die betriebsinterne Betreuung auch dann, wenn es zu einer Kündigung oder einem Jobwechsel kommt. Denn dann muss eventuell der Betreuungsplatz aufgegeben werden oder die neue Arbeitsstätte liegt sowieso zu weit weg vom alten Kindergarten.
Und zu guter Letzt kommen Kinder in einer Betriebskita ausschließlich mit Kindern anderer Kolleg:innen in Kontakt. Das ist zwar an sich nicht unbedingt problematisch, erschwert aber den Eltern, andere Familien außerhalb des Arbeitsumfeldes kennenzulernen. Dazu kommt, dass die Kinder vielleicht nicht die Chance haben, auch im Privaten miteinander zu spielen und Freundschaften aufzubauen, weil die Eltern zu weit voneinander entfernt wohnen.
Zwar hat jedes Kind zwischen einem und drei Jahren das Recht auf einen Betreuungsplatz. Und grundsätzlich kann jede:r Mitarbeitende im Unternehmen sein/ihr Kind in einem betrieblichen Kindergarten unterbringen.
Allerdings sind, wie in öffentlichen Einrichtungen, die Plätze begrenzt. Die Wartelisten in betrieblichen Kitas sind häufig lang und wer einen Platz ergattern will, muss sein Kind schon früh anmelden.
Eine Garantie, den Platz zu bekommen, gibt es auch in Betriebskitas nicht. Falls du Glück hast, kooperiert dein Unternehmen noch mit einer öffentlichen Einrichtung, die in der Nähe deines Arbeitgebers liegt. So wird dein Kind dennoch in direkter Umgebung zu deinem Arbeitsplatz betreut.
Betriebskindergärten bieten Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, eine große Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Insbesondere in Bezug auf Öffnungszeiten und Fahrtwege und aus finanzieller Sicht profitieren Pflegefachkräfte und Ärzt:innen von einer Betreuung vor Ort. Da sich immer mehr Unternehmen für ein solches Betreuungsangebot entscheiden, kann es sich lohnen, dieses Kriterium bei der Jobsuche zu berücksichtigen. Mittlerweile ziehen auch kleine Unternehmen außerhalb der Großstadt mit, um ihren Mitarbeitenden einen familienfreundlichen Arbeitsplatz zu bieten und für eine gute Bindung zum Arbeitgeber zu sorgen.
Katharina Klein