Auch heute haben Frauen es noch immer schwer, in Führungspositionen zu gelangen oder als gleichberechtigt wahrgenommen zu werden. Das betrifft auch die Gesundheitsbranche.
Und trotzdem: einige Frauen haben sich eingebracht, sich Stimme und Gehör verschafft und ganze Branchen in Bewegung gesetzt – zu einer Zeit, als die Arbeitswelt und vor allem die Medizin noch von Männern domininiert wurde. Wir stellen drei von ihnen vor und ihre Meilensteine, die uns im Bereich der Psychologie, Biologie und Medizin bis heute begleiten.
Es sind Frauen, die uns den Weg geebnet haben und die sich gegen die Männer ihrer Generation behauptet haben. Frauen, die neue Wege gegangen sind und die erfolgreich Medizingeschichte geschrieben haben.
geboren: 15. August 1896, Prag
gestorben: 26. Oktober 1957, St.Louis, Missouri
Fachbereich: Biochemie
Gerty Theresa Cori wurde 1896 in Prag geboren. Ihre Eltern waren durch den Besitz einer Zuckerfabrik sehr wohlhabend und konnten ihren Töchtern eine gute Schulbildung, Privatunterricht und ein Studium ermöglichen.Schon früh interessierte sich Gerty für Medizin, was sie dann schließlich ab 1914 in Prag an der Deutschen Universität studierte und mit einem Doktorgrad absolvierte. Dort lernte sie auch ihren späteren Mann Carl Ferdinand Cori kennen, mit dem sie 1920 gemeinsam nach Wien ging und dort ihre Facharztausbildung absolvierte.
Schnell stellten beide fest, dass sie sich mehr für die Forschung als für die klinische Medizin interessierten. In der Nachkriegszeit war jedoch an Forschung nicht zu denken.
Um dennoch forschen zu können, zog das Ehepaar in die USA. Genauer gesagt in den Bundesstaat New York nach Buffalo. Beide begannen am “State Institute für Study of Malignant Diseases” zu arbeiten – Carl bekam eine Forschungsstelle, Gerty erledigte die Laborarbeiten.
Doch Gerty fühlt sich mit der Untersuchung von Stuhlproben so unterfordert, dass sie beschloss, sich den Forschungen ihres Mannes anzuschließen. In einer Zeit, in der Frauen nur ungern bei der Arbeit gesehen wurden, führte dies dazu, dass ihr mit der Kündigung gedroht wurde, wenn sie weiter forschen würde. Das sollte auch weiterhin ihren männlichen Kollegen vorbehalten sein. Sie sei außerdem ein Hindernis für die Karriere ihres Mannes – so hieß es.
Auch nach einem Wechsel nach St. Louis an das Pharmakologie-Department ändert sich die Situation für Gerty nicht. Während sie meist unbezahlte Hilfsarbeiten ausführen musste, machte ihr Mann Karriere.
Daraufhin beschlossen die beiden in die biochemische Abteilung zu wechseln und dort gemeinsam am intermediären Stoffwechsel und Kohlenhydraten in Muskeln zu arbeiten. Auch hochschwanger und bei 30 Grad arbeitete Gerty im Labor weiter.
Belohnt wurde sie für ihre harte und unerbittliche Arbeit in einer männerdominierten Zeit mit einem Nobelpreis im Jahr 1947, den sie, gemeinsam mit ihrem Mann und Bernardo Alberto Houssay, für ihre Arbeiten über den Zucker-Stoffwechsel erhielt.
Sie war die dritte Frau überhaupt und die erste US-Amerikanerin, die den Nobelpreis bekam. Im gleichen Jahr erhielt sie eine Professur für Biochemie.
Nach diesem Kampf musste sie einen weiteren gegen ihre Krankheit Myelofibrose führen, den sie im Alter von 61 Jahren verlor.
Gerty wurde nur als unsichtbare Frau hinter ihrem Mann gesehen. Dennoch gab sie nicht auf und ist bis heute ein großes Vorbild für viele Frauen, gerade im Bereich der Medizin und Biochemie.
geboren: 20. Dezember 1893 in Berlin
gestorben: 05. Februar 1974 in Stuttgart
Fachbereich: Psychologie
Charlotte Bühler, geborene Malachowski, wurde 1893 als Tochter von zwei Architekten in Berlin geboren. Ihre Eltern ermöglichten Charlotte nicht nur eine gute Schulbildung, sondern auch den Zugang zum Studium. Bereits während ihrer Jugend war sie an psychologischen Fragen interessiert, wie die Frage nach dem Sinn des Lebens und ob es so etwas wie einen Gott wirklich gibt.
Im Jahr 1913 began sie dann mit ihrem Studium der Natur- und Geisteswissenschaften. Zunächst in Freiburg, anschließend in Berlin. Danach zog es sie weiter nach München zum Studium, wo sie ihren 14 Jahre älteren, zukünftigen Ehemann,den Universitätslehrer und Sprachpsychologen Karl Bühler kennenlernte. Während ihrer 50-jährigen Ehe bekamen sie zwei Kinder: Ingeborg und Rolf Dietrich.
Nach ihrer Habilitation im Jahr 1922 in Dresden, folgte sie schließlich ihrem Mann und zieht nach Wien, wo sie 1930 beginnt, als Professor der Psychologie zu unterrichten und zu forschen.
Zu dem Zeitpunkt gab es bereits umfassende Forschungen rund um die Kinderpsychologie – doch sie war die Erste, die sich auch mit der Jugendpsychologie beschäftigte. Ihre Arbeiten gelten bis heute als Meilensteine der Psychologie. Sie beschäftigte sich unter anderem mit der Beobachtung und Erforschung des Verhaltens von Kindern in alltäglichen Situationen und machte dadurch die praxisbezogene Forschung in der Entwicklungspsychologie selbstverständlich. Gemeinsam mit Hildegard Hetzer entwickelte sie Testreihen zur Feststellung des Entwicklungsquotienten von Kindern. 1929 wird Charlotte Bühler zur außerordentlichen Professorin an der Universität Wien ernannt.
1933 bis 1935 erwirbt sich das Wiener Institut als einziges deutschsprachiges psychologisches Forschungszentrum einen internationalen Ruf, wobei die Forschungen Charlotte Bühlers zur Kinder- und Jugendpsychologie das Bild des Instituts entscheidend nach außen prägen. Karl und Charlotte Bühler gelten als ”Aushängeschilder” der Universität Wien.
Im Jahr 1938 musste Charlotte Bühler aufgrund ihrer jüdischen Abstammung mit ihrer Familie in die USA fliehen. Dort erhielt sie viele neue Impulse, die aus der amerikanischen Psychologie stammen. Diese konnte sie in ihre Arbeit mit einfließen lassen.Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1963 entwickelte sie gemeinsam mit den Psychologen Abraham Maslow, Carl Rogers und Viktor Frankl die “Humanistische Psychologie”.Erst als sie im Jahr 1972 schwer erkrankte, ging sie zurück nach Deutschland zu ihren Kindern, wo sie 1974 verstarb.
Charlotte Bühler hat mit ihren Werken das geschafft, was sich viele erträumen: Sie ist eine der bedeutendsten Psychologen des 20. Jahrhunderts. Und das in einer Zeit, in der Frauen mit ihren männlichen Kollegen nicht gleichgestellt waren.
geboren: 16. März 1872, Burg Pewsum bei Emden
gestorben: 26. November 1955, Berlin
Fachgebiet: Gynäkologie
Hermine war die Tochter eines Landarztes und aus, wie man es damals sagte, gutem Hause. Ihr Vater versuchte sie bereits früh zu motivieren, ein Studium anzustreben. Doch Hermine machte zunächst nicht einmal ihr Abitur.Erst nachdem sie einen Artikel in der Zeitschrift “Die Frau” von Helene Lange laß, entschloss sie sich, mit deren Unterstützung ihr Abitur nachzuholen und studierte Medizin. Helene Lange war eine Frauenaktivistin, die damals vielen jungen Frauen geholfen hat, ihr Abitur zu absolvieren oder einen Studienplatz zu bekommen.
Zu der Zeit war es für Frauen weder normal, noch gern gesehen, wenn diese ein Studium absolvierten. Hermine musste vor jeder Vorlesung den Professor um die Erlaubnis bitten, an der Vorlesung teilnehmen zu dürfen. Ihre männlichen Kommilitonen mussten dies natürlich nicht tun. Sie studierte in Berlin, Halle und Zürich. Ihren Abschluss und auch ihr Staatsexamen machte sie jedoch in Bonn mit der Note “sehr gut”. Ihre Doktorprüfung bestand sie außerdem mit “summa cum laude”.
Hermine war es auch, die als erste Frau überhaupt eine bezahlte Assistenzarztstelle bekam. Sie ließ sich an der Universitätsfrauenklinik in Bonn zur “Spezialärztin für Frauenkrankheiten und Geburtshilfe” ausbilden.
Doch damit nicht genug. Hermine war nicht nur eine Frau, die studierte und eine bezahlte Stelle bekam, sie war auch die Frau, wegen der ihr zukünftiger Ehemann sich von seiner Frau scheiden ließ. Ein absolutes No-Go in dieser Zeit. Doch Hermine wollte nur wegen einer Heirat nicht auf ihre Arbeit und ihre Rechte verzichten. So kam noch ein weiterer Skandal dazu: Sie schloss mit ihrem Ehemann Dr. Otto Heusler einen Ehevertrag. Darin sicherte er ihr zu, dass sie weiterhin arbeiten und auch ihr Vermögen behalten durfte. So etwas gab es damals nicht. Der Ehemann war der Vormund der Frau und durfte über sie und ihr Vermögen bestimmen.
Ab 1911 ließ sich Hermine Edenhuizen als Frauenärztin in Berlin nieder und arbeitete viele Jahre in der Praxis. Neben ihrer engagierten Arbeit als Frauenrechtlerin, schaffte sie es, das Kindbettfieber zu behandeln und sie setzte sich außerdem für die Abschaffung des Abtreibungsparagrafen ein, nach dem eine Abtreibung strafbar war. Zusätzlich war sie die erste Vorsitzende des “Bundes Deutscher Ärztinnen”. Im Jahr 1955 verstarb sie dann an den Folgen eines Schlaganfalles.
Hermine Edenhuizen war eine Frau, die sich gegen die vorherrschenden Normen durchgesetzt hat und ihren Weg verfolgte – egal welche Steine ihr die Männer in den Weg legten. Damit zeigte sie vielen jungen Frauen, was als Frau alles möglich ist.