In der Pflege prallen unterschiedliche Menschentypen aufeinander. Das gilt im Team genauso wie für die Kontakte mit Patient:innen, Bewohner:innen und Angehörigen. Manchmal stimmt die Chemie auf Anhieb. Manchmal kommt das Gespräch nur schleppend in Gang. Oder es gibt Missverständnisse und Konflikte. Das liegt möglicherweise an unterschiedlichen Persönlichkeiten.
Das DISG-Persönlichkeitsmodell hilft dir dabei, dich und andere besser zu verstehen. Es basiert auf einer Typologie von William Moulton Marston aus dem Jahr 1928. Seitdem wurde es mehrfach weiterentwickelt.
Es unterscheidet grob vier Persönlichkeitstypen:
Das DISG-Modell geht davon aus, dass jeder Mensch alle vier Dimensionen in sich hat, aber in unterschiedlichen Ausprägungen. Anders gesagt: Wir sind in der Regel „Mischtypen“. Kaum jemand passt komplett in eine dieser Schubladen. Trotzdem zeigen sich charakterlich und im Verhalten Tendenzen in die eine oder andere Richtung.
Das zu erkennen, kann dir deinen Alltag erleichtern. Die Einordnung deines Gegenübers hilft dir, deinen Kommunikationsstil anzupassen und mit schwierigen Situationen im Pflegejob einfacher umzugehen. Als Führungskraft kannst du dich vor diesem Hintergrund leichter auf deine Mitarbeiter:innen einstellen. Im Team lässt sich der eine oder andere Konflikt vielleicht entschärfen. Jetzt erfährst du, was die vier Persönlichkeitstypen des DISG-Modells ausmacht.
Menschen mit dieser Ausprägung sind in der Regel in höheren Positionen, zum Beispiel als Pflegedienstleitung und in der Chefetage zu finden. Sie sind extravertiert, rational und lieben den Wettstreit mit anderen. Von der Persönlichkeit her sind sie durchsetzungsstark und selbstsicher. Außerdem treffen sie gern Entscheidungen.
Zu ihren wichtigsten Werten gehört Freiheit: Sie bestimmen, wo es langgeht. Dabei haben sie gern alles unter Kontrolle. Für diesen Persönlichkeitstyp zählen schnelle Resultate. Ihre Energie scheint unerschöpflich. Die „Roten“ sind Macher:innen, Workaholics und geborene Anführer:innen.
Risikofreude und ein starker Wille sind Qualitäten, die diesen Persönlichkeitstyp auszeichnen. Das erklärt ihre Führungsrolle: Diese Menschen wollen etwas erreichen. Ihre Lebenszeit betrachten sie als kostbar. Im Kontakt mit anderen sind sie sehr direkt bis konfrontativ. Hauptsache, es geht schnell.
Auf andere wirken Menschen mit dominanter Persönlichkeit teilweise arrogant und rücksichtslos. Sie folgen ihrer Mission. Das zeigt sich in einem knappen Kommunikationsstil. Dabei fehlt möglicherweise manchmal menschliche Wärme und Empathie. Schwächen und Verletzlichkeiten verbergen die „Roten“. Das macht es ihnen etwas schwerer, Freundschaften aufzubauen. Privates behalten sie lieber für sich. In erster Linie fühlen sie sich mit ihrer Arbeit und ihrer Karriere verbunden. Mit dem Erreichten geben sie sich allerdings selten zufrieden. Sie brauchen die ständige Herausforderung und streben nach Erfolg, Macht und Einfluss.
Angenommen, du möchtest eine:n Vorgesetzte:n von einer Idee überzeugen, zum Beispiel deine PDL davon, in eurem Altenheim einen Tierbesuchsdienst zu ermöglichen. Vielleicht glaubt sie nicht daran oder findet es zu teuer. Dann arbeite mit ihren Argumenten:
Innovationsgeist steht für initiative Persönlichkeitstypen an erster Stelle. Sie sprudeln vor Ideen. Als extravertierte, emotionale Menschen sind sie offen, kommunikativ und gern mit anderen im Austausch. Was sie auszeichnet, sind ihre Begeisterungsfähigkeit und ihr Gemeinschaftsgefühl. Sie wissen, wie sich Menschen motivieren lassen. Spaß und gemeinsam an einem Strang zu ziehen, treibt die „Gelben“ an. Sie lieben Action und stehen gern im Mittelpunkt. Dementsprechend reden sie gern viel und ausufernd.
Zu den Pluspunkten des initiativen Persönlichkeitstyps zählen Kreativität, Lebensfreude und Optimismus. Initiative arbeiten hervorragend im Team. Sie sind gesprächig, offen und stecken andere mit ihrer fröhlichen und aufgeschlossenen Art an. Ihre Neugier und Unbefangenheit hilft ihnen aus festgefahrenen Situationen. Sie bringen frischen Wind und unkonventionelle Ideen mit.
Zu den größten Schwächen von Menschen mit diesem Persönlichkeitstyp zählt ihre fehlende Konfliktfähigkeit. Sie vermeiden Auseinandersetzungen. Lieber entziehen sie sich einer unangenehmen Situation. Negativität halten sie schwer aus. Dies kann in Pflegeteams, in denen Konfliktsituationen entstehen können, zu Schwierigkeiten führen.
Routine ist nichts für initiative Typen. Sie genießen bei der Arbeit Aufregung und neue Impulse. Darum übernehmen initiative Persönlichkeitstypen gern neue Projekte. Sie brauchen immer wieder etwas Neues, Spannendes. Sonst verlieren sie die Motivation. Dies wiederum passt wunderbar zur Pflege, denn in dem Beruf ist kein Tag wie der andere und er bietet viele Möglichkeiten zur Weiterentwicklung.
Initiative Persönlichkeiten sind eine große Bereicherung in der Pflege. Kommt es doch mal zu einer Konfrontation, solltest du sensibel agieren.
Wer diese Ausprägung in seiner Persönlichkeit hat, ist zuverlässig, hilfsbereit und mitfühlend. Stetige Persönlichkeitstypen sind empathisch und echte Teamplayer. Allerdings stehen sie ungern im Mittelpunkt. Konkurrenzkämpfe, Feindseligkeiten und Aggressionen mögen diese Menschen überhaupt nicht. Führungspositionen schrecken sie darum eher ab. Sie achten auf eine gute Arbeitsatmosphäre und Harmonie innerhalb des Teams. Als introvertierte, emotionale Menschen schöpfen sie Kraft aus dem Alleinsein.
Verlässlichkeit, Treue und Loyalität gehören zu den größten Stärken der „Stetigen“. Sie halten sich an Vereinbarungen und sind zur Stelle, wenn sie gebraucht werden. Durch ihre empathische Art finden sie schnell Zugang zu Pflegebedürftigen, Teammitgliedern und Angehörigen. Sie gelten als hervorragende Zuhörer. Allerdings mögen sie keine Veränderungen. „Grüne“ brauchen ein stabiles Umfeld und Routine. Dementsprechend bleiben sie lange an einem Arbeitsplatz. Auch Beziehungen und Freundschaften sind bei ihnen von langer Dauer.
Sie können nicht „Nein“ sagen. Das nutzen andere möglicherweise aus. Stetige Persönlichkeitstypen müssen Acht geben, sich vor einem Burnout zu schützen. Sie muten sich zu viel zu, weil sie helfen möchten. Schlimmstenfalls kommen sie irgendwann mit der Arbeitslast nicht mehr hinterher.
Eine weitere Schwäche ist ihre Berechenbarkeit. Auch diese Eigenschaft macht sie angreifbar und ausnutzbar. Entscheidungen zu treffen, fällt den harmoniebedürftigen „Grünen“ ebenfalls schwer. Sie möchten die Verantwortung für die Konsequenzen nicht im Alleingang tragen. Lieber fällen sie Beschlüsse in der Gemeinschaft.
Neuem begegnen sie mit Vorsicht. Sie fühlen sich schnell überfordert. Der Umgang mit Konflikten ist für sie eine Herausforderung. Streit und Diskussionen bedrohen die Harmonie. Darum neigen „Stetige“ dazu, Schwierigkeiten unter den Tisch fallen zu lassen.
In der Medizin und in der Pflege finden sich viele Menschen mit dieser Ausprägung: Der Wunsch, anderen zu helfen, steckt oft hinter der Berufswahl.
Menschen mit einer Dominanz von „blauen“ Anteilen sind analytisch, perfektionistisch und detailverliebt: Sie denken logisch, planen akribisch und legen an ihre Arbeit hohe Qualitätsmaßstäbe an. Sie schätzen Zahlen, Daten und Fakten. Wenn sie sich in eine Aufgabe vertiefen, zeigen sie viel Ausdauer und ein hohes Konzentrationsvermögen. Es motiviert sie, wenn alles nach ihren Vorstellungen funktioniert. Sie sind introvertiert und sachlich. Dementsprechend arbeiten sie hervorragend allein.
Wer zu diesem Persönlichkeitstyp gehört, ist auf jede planbare Situation optimal vorbereitet. „Blaue“ wissen gern im Voraus, was auf sie zukommt. Sie halten sich an Vorgaben und Regeln. In ihrer Argumentation bleiben sie sachlich. Sie arbeiten strukturiert und sind hervorragend organisiert. Das erklärt auch ihre Vorliebe für Listen und Organisationstools. Als Vorgesetzte sind sie gut geeignet. Das gilt besonders, wenn sie zusätzlich dominante Anteile in sich tragen.
Die „Blauen“ sind keine Teamplayer. Sie finden andere Menschen oft eher störend, wenn sie sich ihrer analytischen Arbeit widmen. Dadurch erscheinen sie manchmal weltfremd, praxisfern und theoretisch. Menschen, die zum gewissenhaften Persönlichkeitstyp gehören, arbeiten nach einem eigenen System. Ihre hohen Maßstäbe legen sie auch an andere an. Sie sparen nicht mit Kritik. Darum wirken sie manchmal überheblich, reserviert und schwer zugänglich. Durch den perfektionistischen Fokus auf die Einzelheiten geht ihnen manchmal der Blick für das große Ganze verloren. Sie sind gern vorbereitet. Dementsprechend treffen sie ungern spontane Entscheidungen.
Ihr Hang zum Perfektionismus macht die „Blauen“ zu verlässlichen Mitarbeiter:innen. Allerdings arbeiten sie lieber für sich als im Team. Dazu kommt die Gefahr, sich in Details zu verlieren.
Der kreative initiative Persönlichkeitstyp lässt beispielsweise auch mal Fünfe gerade sein. Damit kann der gewissenhafte Persönlichkeitstyp nicht umgehen: Er denkt die Dinge zu Ende. Präzision ist für ihn entscheidend.
Mit dem beziehungsorientierten Persönlichkeitstyp harmonieren initiative Persönlichkeitstypen besser. Zwar verabscheuen „Initiative“ Routinen, die für die „Stetigen“ sehr wichtig sind. Aber beide lenken ihren Blick auf andere. Die „Gelben“ stehen als extravertierte Persönlichkeiten gern selbst im Mittelpunkt. Die introvertierten „Grünen“ sind die Unterstützer im Hintergrund. Sie überlassen die Bühne gern jemand anderem.
Der dominante Persönlichkeitstyp verfolgt sein eigenes Ziel. Dadurch verschreckt er den stetigen Persönlichkeitstyp, dem Harmonie und ein gutes Miteinander wichtiger sind als Konkurrenzkämpfe. Überschneidungen zeigen sich zwischen dominanten und gewissenhaften Persönlichkeitstypen: Beide stellen hohe Erwartungen an sich und ihr Umfeld. Während die „Roten“ als extravertierte Macher in Erscheinung treten, bleiben die introvertierten „Blauen“ lieber für sich.
Wir verstehen Menschen am besten, die genauso ticken wie wir. Doch die Pflege ist bunt und lebt von den verschiedenen Persönlichkeiten, die ihre Stärken einbringen. Ihre Kombination kann Pflegeteams weiterbringen und sollten Schwierigkeiten entstehen, kann ehrliche Kommunikation diese aus dem Weg räumen.