Wie Florence Nightingale die Krankenpflege veränderte

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Der britische Premierminister Boris Johnson kämpfte erst vor wenigen Wochen auf der Intensivstation des Londoner St. Thomas Hospitals um sein Leben, nachdem er an COVID-19 erkrankt worden war. Was das mit Florence Nightingale zu tun hat? An genau diesem Krankenhaus hatte die britische Pionierin 1860 eine Schwesternschule eingerichtet, die erste in England. Damit legte sie den Grundstein für die moderne Krankenpflege, wie wir sie heute noch kennen.

Während der aktuellen Corona-Pandemie wurde nicht nur Johnson, sondern uns allen wieder vor Augen geführt, wie wichtig und systemrelevant Pflege-Engel wie Nightingale sind. Nach seiner schweren Erkrankung bedankte sich der britische Premier öffentlichkeitswirksam bei seinen Pflegern. Am 12. Mai, dem „Internationalen Tag der Pflegenden”, werden in diesem Jahr nun auch diejenigen besonders gewürdigt, die sich jeden Tag in der Pflege und für das Leben der anderen engagieren.

Genau an diesem Tag feiern wir auch den 200. Geburtstag der legendären Krankenschwester Florence Nightingale. Eine Frau, die den Sinn ihres Lebens in der Heilung von Kranken fand und das Sanitätswesen reformierte. Aber wer genau war diese Frau?

Über eine Frau, die das Leben anderer zu ihrem eigenen machte

Florence Nightingale ist am 12. Mai 1820 in Florenz, als Tochter wohlhabender Eltern geboren, die zu ihrer Geburt und der ihrer Schwester eine Europa-Reise unternommen hatten.

Schon früh begann sie sich für die Pflege von Kranken und Alten zu interessieren und begleitete ihre Mutter bereits als Kind zu Krankenbesuchen. Als sie später jedoch den Wunsch äußerte, selbst als Krankenschwester arbeiten zu wollen, war ihre Familie strikt dagegen. Ein Beruf in der Krankenpflege war in der damaligen Zeit von sehr schlechtem Ruf. Krankenschwestern wurde nachgesagt, dass sie alkohol- und drogenabhängig, aggressiv und ungepflegt seien. Und obwohl ihre Eltern ihr den Beruf verwehrten, beschäftigte sich Florence zunehmend mit der Heilung und Pflege von Kranken. Sie unternahm Reisen durch Europa mit einem befreundeten Ehepaar der Familie und besuchte Krankenhäuser, in denen ihr ab und an erlaubt wurde zu hospitieren. Dennoch war ihr eine tiefergehende Beschäftigung mit der Pflege nicht möglich, weil ihr der Zugang durch die Eltern verwehrt blieb.

In ihren Tagebüchern, die sie auf Reisen schrieb, berichtete sie dann von einem zunehmend sinnlosen Leben, das sie doch eigentlich führte und als Florence schließlich von einer Reise durch Griechenland und Ägypten zurückkehrte, begann sie an schweren Depressionen zu erkranken. Daraufhin fassten ihre Eltern den Entschluss, ihrem Berufswunsch entgegenzukommen und sie in der Krankenpflege arbeiten zu lassen. 1851 durfte Florence schließlich das erste Mal für drei Monate in Kaiserswerth hospitieren. Unter einer Voraussetzung allerdings: Selbst engste Freunde der Familie durften nichts von dem Wahlberuf ihrer Tochter wissen.

Zwei Jahre später brach Florence dann jedoch ihre Hospitation in Paris ab, um ihre kranke Großmutter zu pflegen. Im Herbst 1853 wurde ihr schließlich der Vorschlag unterbreitet, die Leitung eines Pflegeheims zu übernehmen. Das Angebot nahm Florence an und verbesserte im Zuge ihrer Arbeit den Ruf der Einrichtung.

Ein Jahr später war sie dann bereits im Gespräch, die Leitung der Krankenschwestern im Ausbildungskrankenhaus King’s College Hospital zu übernehmen - und das in einer Zeit, in der gut betuchte Frauen in einem goldenen Käfig saßen, ohne die Möglichkeit einen Job auszuführen – erst recht keinen in der Pflege.

Die „Lady with the lamp”

Entscheidend für das Wirken von Nightingale wurde allerdings der Krimkrieg, der 1853 begann. Ein Krieg zwischen Russland und dem Osmanischen Reich, sowie seinen Verbündeten Großbritannien und Frankreich. In diesem starben mehr Menschen aufgrund von Krankheiten und Seuchen als durchKriegsverletzungen. Ganze Truppen waren bereits vor der ersten Schlacht nicht länger einsatzfähig. Sie erlagen Cholera, Syphilis oder Dysenterie.

Florence Nightingale setzte sich während dieser Zeit ein, die Pflege des Heeres zu betreuen. Dafür wandte sie sich an verschiedene Entscheidungsträger und mächtige Männer - darunter der Staatssekretär im britischen Kriegsministerium. Ihr ursprünglicher Plan war, gemeinsam mit ihren eigenen Schwestern nach Scutari zu reisen. Letztendlich reiste sie jedoch mit 40 Krankenschwestern, Nonnen und freiwilligen Helferinnen nach Albanien.Alles an dieser Situation hatte etwas Besonderes: Florence schaffte es, in der Politik mitzumischen und das in einer Zeit, in der die Emanzipation noch lange nicht so weit fortgeschritten war. Darüber hinaus versuchte sie Soldaten zu retten, mit einer Tätigkeit, die damals noch verpönt wurde. Die Krankenschwestern, mit denen Florence reiste, standen in der Hierarchie weit hinter den Nonnen und freiwilligen Helferinnen. Sie hatten mit Abstand den schlechtesten Ruf, mussten die einfachsten Aufgaben erledigen, durften nicht mit den verwundeten Soldaten in Kontakt kommen und verdienten am wenigsten. Nightingale’s Anstrengungen verdeutlichen umso mehr, wie wichtig ihre Arbeit noch heute für uns ist, indem sie sich bereits vor über 160 Jahren für die Anerkennung der Krankenschwestern engagierte.

Als sie am 21. Oktober 1854 gemeinsam mit ihren Helferinnen in Scutari ankam, wurde zudem deutlich, wie katastrophal die Zustände vor Ort waren. Es fehlte an allem - an sauberer Kleidung für die Soldaten, an ausreichend sauberem Wasser, an Medikamenten und Verbänden. Die Sterberate in dem Lazarett betrug 42 Prozent. Zunächst begann Florence also einen Spendenaufruf über die Londoner Times. Von dem Geld kaufte sie Tausende Hemden, Trinkbecher und Socken. Und obwohl die Armee dagegen war, baute sie eine funktionierende Wäscherei auf. Sie sorgte für hygienische Zustände und eine Umstellung der Ernährung, was den Gesundheitszustand der Soldaten deutlich verbesserte. Die Sterberate konnte allein aufgrund dieser Maßnahmen um zwei Prozent gesenkt werden. Als „Lady with the lamp” (zu Deutsch: „Die Dame mit der Lampe”) wurde sie für ihre Kontrollgänge bekannt, die sie nachts durch die Feldlager machte, um nach den verwundeten Soldaten zu schauen.

Die Anerkennung ihrer Arbeit und das Leben nach dem Krieg

Nach ihrer Rückkehr aus Scutari schrieb sie das Buch „Notes of Hospital”, das ihre Erfahrungen festhielt. Es folgte „Notes of Nursing”, ein weiteres Buch, das die pflegerischen Grundsätze für Krankenschwestern behandelte. Florence erhielt so viel Aufmerksamkeit, dass sie ausreichend Spenden für eine Krankenschwester-Schule sammeln konnte. 1860 gründete sie dann die erste Schule in England, in der eine professionelle Ausbildung für Krankenschwestern möglich wurde.

Florence Nightingale begründete ihre Entscheidung zum Bau einer Schule, die sich auf die Ausbildung von Krankenschwestern spezialisierte, damit, dass es neben dem Wissen der Ärzte, auch ein eigenes für die Krankenpflege geben müsse. Dabei ging es ihr vor allem um die Auswirkungen der Umwelt auf die Gesundheit der Menschen. Ihre Schriften über die Krankenpflege gelten als Gründungsschriften der Pflegetheorie. In Nightingale's Bildungsprogramm wurden neue Krankenschwestern von ihren Vorgängerinnen ausgebildet – zunächst vier, später nur noch drei Jahre. Vieles davon ist für uns heute Standard.

Die Pionierarbeit, die Florence Nightingale zu Lebzeiten leistete, wurde bereits damals anerkannt. Sie erhielt 1907 als erste Frau den „Orden für hohe Verdienste um das Britische Reich und die Menschheit” und wurde damit zur Ehrenbürgerin Londons.

Im Alter von 90 Jahren starb Florence Nightingale – doch noch heute, 200 Jahre nach ihrer Geburt, feiern wir ihren Geburtstag am 12. Mai. Auf Florence Nightingale und die bedeutsame Arbeit der Pflege!

Vanessa Winkler

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