Gesund und lange im Pflegeberuf – Maßnahmen für Arbeitgeber

Inspiriert von der faszinierenden Welt der Medizin und Pflege, möchte unser Redaktionsteam sich mit Fachkräften austauschen, Perspektiven aufzeigen mit Interviews und Reportagen, um die Vielfalt des Pflegealltags zum Ausdruck bringen.

Gesunde und zufriedene Mitarbeiter:innen sind die Grundlage für eine gute Bindung und ein produktives Arbeitsklima in Gesundheits- und Pflegebetrieben. Wir geben Tipps und Beispiele, wie Arbeitgeber und Führungskräfte ihr Personal unterstützen können.

Zufriedene Mitarbeiter:innen stärken die Personalstabilität. Gerade in der Pflege ein sehr wichtiges Thema. Denn immer mehr Pflegekräfte kommen an ihre Grenzen. Niedrige Personalschlüssel, ein stressiger Arbeitsalltag und Schichtarbeit stellen Herausforderungen für die Gesundheit dar.

Was hält Pflegefachpersonen gesund? Für diese Fragen müssen Arbeitgeber unbedingt Verantwortung übernehmen. Betriebliche Gesundheitsförderung hat enorme Bedeutung in der Pflege. Gesundes und zufriedenes Personal bildet die Grundlage eines funktionierenden Betriebes. Möglichkeiten, wie Führungskräfte gesundheitsfördernde Maßnahmen langfristig in der Pflegepraxis umsetzen können, zeigt der folgende Artikel.

Beschäftigte in Gesundheitsberufen als größte Risikogruppe für arbeitsbedingte Belastungen

Dass Pflegekräfte häufig an ihre körperlichen und psychischen Belastungsgrenzen kommen, ist kein Geheimnis. Patiententransfer, Schichtarbeit, Alltagsstress und Zeitmangel fordern ihren Tribut. Für das Führungspersonal von Kliniken und Pflegeeinrichtungen ein ernst zu nehmendes Problem. Denn leidet die Gesundheit ohne Aussicht auf Besserung, ist an ein gutes Arbeitsklima nicht mehr zu denken.

Gerade eine Berufsgruppe, die für die Gesundheitsprävention der Bevölkerung steht, sollte ein Anrecht auf eine eigene Gesundheitsförderung haben. Nicht immer leicht zu vereinbaren in der Pflege. Gesundheitliche Beschwerden sind bei vielen Vetreter:innen der Profession Pflege die Folge.


Arzt Krankenschwester Krankenhaus Korridor Schieben Gurney Stretcher-Bett


Oft liegt genau hier der Grund, dass so viele Pflegekräfte den Beruf, welchen sie eigentlich lieben, verlassen. Nicht nur anderen, sondern auch sich selbst helfen, lautet daher die Devise. Auf der einen Seite liegt es natürlich auch an jedem Arbeitnehmer selbst, sich fit zu halten, auf die eigene Psyche zu achten und einen gesunden Lebensstil zu verfolgen. In der Pflege verweisen Ratgeber beispielsweise unter anderem auf rückengerechtes Arbeiten, soziale Bindungen außerhalb der Arbeit, „Me-Time“ sowie weniger Stress und Hektik beim Arbeitsablauf.

Auf der anderen Seite müssen Arbeitgeber jedoch aktiv unterstützen und Gegebenheiten herstellen, unter denen gesundes Arbeiten möglich ist. Mit welchen Maßnahmen hält man Pflegekräfte also gesund und lange im Beruf?

Grundlegende Bedürfnisse von Pflegekräften erkennen und handeln

Die Gesundheit von Pflegefachpersonen ist eng mit einer ausgeprägten Selbstfürsorge und dem Wissen um präventive Maßnahmen verknüpft. Doch auch die beste Selbstfürsorge ist schwer umzusetzen, wenn im täglichen Arbeitsleben die Prävention auf der Strecke bleibt.

Um eine betriebliche Gesundheitsförderung erfolgreich zu implementieren, müssen die individuellen Eigenheiten des Unternehmens berücksichtigt werden. Gewisse Voraussetzungen sind jedoch für alle Arbeitgeber maßgeblich:

  • Bereitstellung von Ressourcen: Gesundheitsförderliche Veränderungsprozesse bedürfen finanziellen und personellen Ressourcen. Darunter fallen zum Beispiel die frühzeitige Einplanung von Finanzmitteln für spezielle Maßnahmen über eine eigene Kostenstelle oder die Einplanung zeitlicher Ressourcen zur Implementierung für die verantwortlichen Personen.
  • Aufbau von Strukturen: Etablierung von Strukturen, die den Prozess der Implementierung von betrieblicher Gesundheitsförderung steuern (z. B. Einrichtung eines Steuerungsgremiums).
  • Gesundheit als Teil der Unternehmenskultur: Einheitliches Gesundheitsverständnis am gesamten Arbeitsplatz schaffen. Wie wird Gesundheit verstanden? Wie wird es im Unternehmen gelebt? Dies kann schriftlich festgehalten werden im Leitbild, im betrieblichen Gesundheitsmanagementkonzept oder in Führungsgrundsätzen. Gemeinsame Handlungsgrundsätze führen so zum Ziel einer gesundheitsfördernden Arbeitsumgebung.
  • Ganzheitlicher Ansatz durch die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben: Den Schutz der Mitarbeiter:innen zu gewährleisten ist nicht nur „guter Wille“. Ein Unternehmen hat die Verpflichtung, sich an Gesetze, wie das des Arbeitsschutzes, zu halten. Hierzu zählt unter anderem eine Gefährdungsbeurteilung. Durch diese sollen gesundheitliche Gefährdungen und Belastungen für Pflegekräfte früh erkannt und Handlungsoptionen abgeleitet werden.



Weniger Hektik, mehr Planung und ein offenes Ohr

Wer in der Pflege arbeitet, der kennt es nur zu gut: Zeitmangel, Stress und Hektik. Nicht alle Rahmenbedingungen kann der Arbeitgeber sofort verändern. Doch: Mitspracherecht und das Gefühl, gehört und ernst genommen zu werden, können in der Wahrnehmung der Mitarbeitenden schon einen Unterschied machen.

Als diejenigen, welche jeden Tag „den Laden am Laufen halten", sind viele Pflegefachpersonen Expert:innen für die Arbeitsabläufe. Sie erkennen am besten, ob Arbeitsaufkommen, Arbeitszeiten und Personalplanung im Gleichgewicht stehen.

Unternehmen können sich hier offen zeigen und die Anliegen bzw. Verbesserungsvorschläge ihrer Mitarbeitenden ernst nehmen. Kommunizieren Vorgesetzte, dass sie offen sind für Impulse und initiatives Mitdenken der Angestellten, so zeigt dies auch eine große Wertschätzung den Pflegenden gegenüber. Eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe kann vieles in Bewegung bringen. Nicht zuletzt ein gesundes Arbeitsklima.

Gesund und lange im Pflegeberuf: Alternsgerechtes Arbeiten

Menschen in Pflegeberufen stehen nicht nur vor fachlichen, sondern auch vor körperlichen Herausforderungen. Gerade für ältere Mitarbeiter:innen sind diese nicht immer leicht zu bewältigen. Aufgrund dessen gehen beispielsweise viele Pflegefachkräfte in Frührente. Doch insbesondere das Wissen von Pflegekräften, die schon viele Jahre in dem Berufsfeld tätig sind, darf aufgrund solcher Hürden im Arbeitsalltag nicht wegfallen.

Der Blick auf ältere Pflegebeschäftigte ist sehr wichtig für jedes Unternehmen. Wie können also Kliniken und Pflegeeinrichtungen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter:innen lange und vor allem gesund und motiviert ihrem Beruf nachgehen können?

Hier liegt es ohne Zweifel in der Hand der Unternehmen, Arbeitsabläufe alternsgerecht auszurichten und so zu organisieren, dass jüngere Pflegekräfte nicht „verheizt“ werden. Das „n“ in alternsgerecht macht dabei den Unterschied: Der Fokus sollte darauf liegen, dass sie ein Leben lang der Profession nachgehen können und auch im höheren Alter leistungsfähig bleiben.

Hierbei haben sich fünf Möglichkeiten für Pflegeeinrichtungen etabliert:

  1. Gesunde Arbeitsorganisation: Belastungsspitzen reduzieren durch eine gute und transparente Organisation und so die Ausübung bis zur Rente ermöglichen.
  2. Gesunde Führung: Wertschätzende Kommunikationskultur zwischen Pflegenden und Führungskräften. Dabei altersübergreifenden Austausch fördern. Ebenso Offenheit, respektvolles Miteinander und Beteiligung an Entscheidungsprozessen.
  3. Vorausschauende Personalentwicklung: Die Altersstruktur eines Unternehmens darf nicht aus den Augen verloren werden, um längerfristig zu planen.
  4. Alternsgerechte Lernkultur: Die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen im Fokus. Wo liegen die Stärken und Schwächen der Jüngeren, wo die der Älteren? Wo ist Unterstützung nötig? Wer braucht welche Lernmöglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln? Unterschiede zwischen den Generationen erkennen und dementsprechend handeln.
  5. Betriebliches Gesundheitsmanagement: Nur ein ganzheitliches betriebliches Gesundheitsmanagement kann ein alternsgerechtes Arbeiten unterstützen. Die richtigen Rahmenbedingungen sind ausschlaggebend.

Gut zu wissen: Gemäß § 3 Nr. 34 EStG sind Zuschüsse zur Förderung der Gesundheit von Mitarbeitenden in Höhe von bis zu 600 Euro pro Jahr von Steuern und Sozialversicherungsabgaben befreit. Hierzu gehören betriebliche Maßnahmen und Kurse, die zur allgemeinen Verbesserung des Gesundheitszustands beitragen, wie beispielsweise Yoga, Rückenschule, Stressbewältigung oder Raucherentwöhnung.


ein Team von Pflegekräften, die vor einem Krankenhaus reden und lachen


Das innovative Konzept der betrieblichen Gesundheitsförderung der Greizer Senioren- und Pflegeheim gGmbH (BGF-Konzept)

Gesunde und zufriedene Mitarbeitende als Basis für eine gelingende Firmenkultur. Was sich manchmal vielleicht etwas leicht dahinsagt, wurde in einem Unternehmen tatkräftig in die Praxis umgesetzt.

Das Greizer Senioren- und Pflegeheim gGmbH hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein innovatives Konzept zur betrieblichen Gesundheitsförderung zu entwickeln und ganzheitlich in den Arbeitsalltag zu integrieren. Und das mit Erfolg. Das Konzept wurde mit dem Bundespreis für Betriebliche Gesundheitsförderung der AOK ausgezeichnet. Als Ziel erhofft sich das Unternehmen durch zufriedene Pflegekräfte eine gute Bindung an den Arbeitgeber und die damit verbundene Personalstabilität zu stärken.

Obstkorb und Yogakurs sind kein betriebliches Gesundheitsmanagement

Doch die Umsetzung ist kein leichtes Unterfangen und der Erfolg kommt nicht von heute auf morgen, so die Geschäftsführerin der Greizer Senioren- und Pflegeheim gGmbH Ina Wasilkowski im Interview mit dem Pflege-Netzwerk Deutschland. Sie bestärkt die Annahme, dass es für eine betriebliche Gesundheitsförderung mehr als einen Obstkorb und zwei Yogakurse im Jahr braucht.

In ihrem Konzept würden zwei Aspekte im Mittelpunkt stehen: Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit. Frau Wasilkowski unterstreicht, dass eine solche Implementierung einer gesundheitlichen Förderung vieler neuer Elemente im Arbeitsalltag bedarf. Die Umsetzung muss man als Arbeitgeber wie einen Langstreckenlauf betrachten: Es braucht seine Zeit, bis man das Ziel erreicht.

In den Greizer Senioren- und Pflegeheimen wurden zahlreiche Veränderungen im Arbeitsalltag vorgenommen. Veränderungen, die sich eben nicht nur auf einzelne Tätigkeiten beschränken, sondern die gesamte Arbeitsorganisation betreffen. Das bedeutet, wer gesunde Mitarbeiter:innen will, muss zunächst für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen sorgen.

Hiermit dürfen keinesfalls leere Versprechungen verbunden sein, welche zu mehr Frust bei den Pflegenden führen. Auch hier setzt die Geschäftsführerin auf Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit. So wurden unter anderem spezielle Personalentwicklungsmaßnahmen installiert.


Medizinisches Personal mit Konferenz-Meeting im Krankenhaus


Arbeitsordnungen zur Regelung des Umgangs miteinander haben ebenfalls einen festen Platz im Unternehmen gefunden. Denn natürlich geht ein gesundes Dasein Hand in Hand mit einer respektvollen und wertschätzenden Behandlung.

Neben solchen Punkten beinhaltet das Konzept auch Aspekte der klassischen betrieblichen Gesundheitsförderung. Es stehen zum Beispiel gemeinsame Freizeitaktivitäten wie Kinobesuche und Gesundheitstage auf dem Programm. Ebenso gibt es Angebote zur angewandten Entspannung.

Nicht zuletzt verweist die Geschäftsführerin auf Wertschätzungskampagnen. Das Unternehmen will seinen Mitarbeiter:innen deutlich zeigen, dass ihre Meinung wichtig ist. Das Gefühl, den Arbeitgeber:innen nicht ausgeliefert zu sein, sondern aktiv ein Teil des gesamten Arbeitsablaufs und dessen Umsetzung zu sein, hat große Auswirkungen auf ein gesundes Miteinander. Hierzu wurden unter anderem Ideenboxen aufgestellt. Alle Mitarbeiter:innen haben so die Möglichkeit, Anregungen und Verbesserungsvorschläge einzubringen.

Das rät die Geschäftsführerin anderen Pflege-Unternehmen, die das Konzept der beruflichen Gesundheitsförderung einführen wollen:

  • Es ist sehr wichtig, dass vor der Einführung alle Verantwortlichen aufgeklärt werden und mit den Umsetzungsmaßnahmen einverstanden sind. Denn halbherzig funktioniert ein solches Konzept nicht. Es bedarf der richtigen Einstellung und Führungspositionen, die mit Herzblut dabei sind und dahinterstehen.
  • Krankenkassen bieten sich als Kooperationspartner an (zum Beispiel zur Unterstützung von Mitarbeiteranalysen).
  • Auf Ganzheitlichkeit setzen: Wenn man ein solches Konzept implementiert, dann gründlich und langfristig gesehen.
  • Die betrieblichen Arbeits- und Rahmenbedingungen müssen stimmen. Erst dann machen Möglichkeiten zur klassischen betrieblichen Gesundheitsförderung Sinn.
  • Keine übertriebenen Erwartungen: Erfolg braucht seine Zeit. Die betriebliche Ausgangssituation wird sich nicht von heute auf morgen ändern. Man darf nicht davon ausgehen, dass ein Jahr nach Einführung alle gesundheitlichen Probleme verschwunden sind und der Personalschlüssel auf ewig gefestigt ist.
  • Dennoch: Nicht entmutigen lassen und hinter den Umsetzungen stehen.

Es lässt sich festhalten, dass jeder selbst für die Einhaltung präventiver Maßnahmen in Bezug auf die eigene Gesundheit verantwortlich ist. Eine gesunde Lebensweise umfasst unter anderem eine ausgewogene Ernährung, genügend Bewegung, körperlichen Ausgleich, Freizeitaktivitäten und soziale Kontakte. Nicht zu unterschätzen ist aber die wichtige unterstützende Rolle, die Arbeitgeber hierbei einnehmen. Dies bestätigt auch das Forschungsprojekt "Ein Leben lang in der Pflege" der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Das Projekt widmete sich im vergangenen Jahr den Bedingungen, unter denen Pflegekräfte bis zur Rente in ihrem Beruf bleiben.

Wer seine Mitarbeitenden lange gesund und motiviert an sich binden will, muss eine realistische und glaubwürdige Umsetzung einer betrieblichen Gesundheitsprävention bieten. Nur so besteht die Möglichkeit, jungen Pflegekräften eine zufriedene Zukunft im Berufsleben zu gewährleisten. Ältere können von alternsgerechter Arbeitsorganisation profitieren und bis zur Rente ihr Fachwissen im Betrieb einbringen.

Nicht zu vergessen ist das Mitspracherecht der Pflegenden, das Wertschätzung zeigt. Aber auch hier gilt: Ohne die richtigen Rahmenbedingungen bleiben viele Vorsätze leider nur schwer umsetzbar. Deshalb ist betriebliche Gesundheitsförderung niemals die einzige Säule, auf der ein gutes Konzept zur Mitarbeiterbindung in der Pflege steht.

Sarah Micucci

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