Koalitionsvertrag: Das ist im Bereich Gesundheit und Pflege geplant

Begeistert von der Vielfältigkeit des Pflegeberufs möchte Friederike wissen, was Pflegekräfte bewegt. Dazu tauscht sie sich gern persönlich mit ihnen aus und lässt das Pflegepersonal in Interviews und Reportagen selbst zu Wort kommen.

Der Koalitionsvertrag zwischen den künftigen Regierungsparteien steht. Nach langen Verhandlungen haben sich SPD, Die Grünen und FDP auf einen knapp 180 Seiten umfassenden Vertrag unter dem Titel „Mehr Fortschritt wagen“ geeinigt.

Neben Themen wie Klimaschutz, Digitalisierung und sozialer Gerechtigkeit werden darin auch gesundheits- und pflegepolitische Fragen besprochen. „Wir wollen einen Aufbruch in eine moderne sektorenübergreifende Gesundheits- und Pflegepolitik und ziehen Lehren aus der Pandemie, die uns die Verletzlichkeit unseres Gesundheitswesens vor Augen geführt hat. Wir sorgen für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung und eine menschliche und qualitativ hochwertige Medizin und Pflege“, heißt es in der Vereinbarung. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Beschlüsse zur Gesundheit und Pflege.

Bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte

Laut Koalitionsvertrag will der Bund eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen, um die „herausragende Leistung“ der Pflegekräfte anzuerkennen. Der Pflegebonus soll bis 3.000 Euro steuerfrei bleiben. Um die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern, setzt die Koalition auf folgende Maßnahmen:

  • Pflegepersonalregelung 2.0. (PPR 2.0) als Übergangsinstrument zur verbindlichen Personalbemessung im Krankenhaus
  • Beschleunigung der Entwicklung eines Personalbemessungsverfahrens in der stationären Langzeitpflege
  • bedarfsgerechte Personalausstattung in der stationären psychotherapeutischen Versorgung
  • Personalschlüssel für eine 1:1-Betreuung durch Hebammen während wesentlicher Phasen der Geburt
  • Angleichung der Löhne in der Altenpflege an die Krankenpflege
  • Steuerbefreiung von Zuschlägen
  • Einführung von Springerpools
  • Anspruch auf familienfreundliche Arbeitszeiten

Stärkung des Pflegeberufs

Die künftige Regierung will die Pflege als professionellen Beruf stärken und sieht bei einigen Gesundheitsausbildungen Reformen vor:

  • Bundesweite Vereinheitlichung der Ausbildungen für Pflege- und Hebammenassistent:innen und Rettungssanitäter:innen und gemeinsame Finanzierung durch Bund und Länder
  • Vergütung für alle Pflegefachkräfte in der Ausbildung oder im Studium
  • Stärkung der akademischen Pflegeausbildung
  • allgemeines Heilberufegesetz und Ergänzung der professionellen Pflege durch heilkundliche Tätigkeiten
  • neues Berufsbild der „Community Health Nurse“
  • Befragung der Pflegefachkräfte zur Organisation der Selbstverwaltung der Pflege
  • Finanzielle Unterstützung des Deutschen Pflegerats und Anerkennung als wichtige Stimme im Gemeinsamen Bundesausschuss und anderen Gremien

Digitalisierung im Gesundheitswesen

Die Koalitionsparteien wollen die Digitalisierung im Gesundheitssektor vor allem zur Entlastung des Gesundheitspersonals und zur Verbesserung der medizinischen Versorgung nutzen. Ermöglichen soll die digitale Technik:

  • Erleichterung der Dokumentation und therapeutischer Anwendungen in der Pflege
  • telemedizinische Leistungen und Videosprechstunden
  • Einführung des E-Rezeptes
  • elektronische Patientenakte für alle Versicherten (freiwillige Nutzung)
  • Bürokratieabbau

Bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung

Um dem Leitsatz „ambulant vor stationär“ gerecht zu werden, haben sich die Verhandlungspartner:innen auf diese Punkte im Koalitionsvertrag geeinigt:

  • Förderung wohnortnaher, bedarfsgerechter Versorgung durch neue Vergütungssysteme
  • Unterstützung innovativer Versorgungsformen
  • Auf- bzw. Ausbau von Versorgungangeboten und Notfallzentren
  • Aufhebung der Budgetierung ärztlicher Honorare im hausärztlichen Bereich
  • Förderung kommunaler Versorgungszentren und Abbau bürokratischer Hürden

Finanzierung von Pflege und Gesundheitsversorgung

Reformen, Anpassung bestehender Finanzierungsmodelle sowie die finanzielle Unterstützung pflegender Angehöriger sollen die Gesundheitsversorgung auf stabilere Füße stellen. Geplant sind:

  • Reformierung der Krankenhausversorgung durch einen Bund-Länder-Pakt
  • Begrenzung der Eigenanteile in der stationären Pflege
  • moderate Beitragssteigerung bei der Sozialen Pflegeversicherung
  • unbürokratisches Entlastungsbudget für Leistungen wie Kurzzeit- und Verhinderungspflege
  • Dynamisierung des Pflegegeldes ab 2022
  • Weiterentwicklung der Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetze
  • rechtssichere Grundlage für die 24-Stunden-Betreuung im familiären Bereich

Fachkräftemangel in Gesundheitswesen

Um den Fachkräftemangel, der unter anderem in der Pflege herrscht, setzen die Koalitionär:innen auch auf ausländische Arbeitskräfte und wollen ihnen die Arbeit in Deutschland mit folgenden Maßnahmen erleichtern:

  • Weiterentwicklung des Einwanderungsrechtes
  • Vereinfachte Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse
  • Bürokratieabbau und Beschleunigung der Verfahren
  • Möglichkeit der Ausweitung der Blue Card auf nicht-akademische Berufe

Diese Beschlüsse zur Gesundheit wurden außerdem im Koalitionsvertrag getroffen:

  • Gendermedizin als Teil des Medizinstudiums und von Bildungsangeboten für Gesundheitsberufe Stärkung von Frauen in Führungsgremien und Spitzenverbänden des Gesundheitswesens
  • Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen
  • Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung zur Beschleunigung der Versorgung
  • Ausbau der psychiatrischen Notfall- und Krisenversorgung
  • Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
  • kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene
  • Stärkung der reproduktiven Selbstbestimmung und Versorgungssicherheit für Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden haben
  • Schwangerschaftsabbrüche sollen Teil des Medizinstudium werden
  • Abschaffung des Paragraphen 219a StGB, der Ärzt:innen, die öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen, unter Strafe stellt

Im Koalitionsvertrag wurde auch festgelegt, welches Ministerium an welche Partei geht. Das Bundesgesundheitsministerium führt in der kommenden Legislaturperiode die SPD. Wer das Amt übernehmen wird, ist noch nicht entschieden.

Ein „vorsorgendes, krisenfestes und modernes Gesundheitssystem“ betrachten die Parteien als eines der „zentralen Zukunftsfelder“. Der Koalitionsvertrag soll dafür die Weichen stellen. Doch Papier ist geduldig und die Folgen der Corona-Pandemie werden die Regierung vor weitere Herausforderungen stellen. Ob die Beschlüsse reichen, um die Personalsituation in der Pflege zu verbessern und das angeschlagene Gesundheitssystem zu stützen, wird sich in den nächsten vier Jahren herausstellen.

Hier findest du den ganzen Koalitionsvertrag.

Friederike Bloch

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