Mehr Gehalt in der Pflege: 5 Tipps von der Verhandlungsexpertin

Expertin Ljubow Chaikevitch verrät die besten Strategien, um selbstbewusst ins Gehaltsgespräch zu gehen.

Judith Marlies Barth


Selbstbewusst um eine Gehaltserhöhung bitten? Mit unseren Expertentipps verhandelst du wie ein Profi.

Damit du dich im nächsten Gehaltsgespräch sicher und optimal vorbereitet fühlst, haben wir mit Ljubow Chaikevitch gesprochen. Die Verhandlungsexpertin, Unternehmensberaterin und Gründerin von „Frau verhandelt“ bietet kostenfreie Online-Kurse und Trainings für Gehaltsverhandlungen an. Dabei konzentriert sie sich in erster Linie auf Frauen. Ihre Tipps sind aber für jede:n in der Pflege anwendbar.

Verhandlungstipp 1: Verstelle dich nicht

Viele Menschen glauben, dass sie sich in der Gehaltsverhandlung hart und fordernd verhalten müssen, um ihre Ziele durchzusetzen. Selbst, wenn das gar nicht ihrer Persönlichkeit entspricht. Sie fürchten, dreist zu wirken und die Beziehung mit der Führungskraft zu verschlechtern. Allerdings muss das nicht sein. Die Verhandlungsexpertin Ljubow Chaikevitch rät: „Gerade Menschen, die in der Pflege arbeiten, sind es gewohnt bei ihrer Arbeit sehr empathisch mit anderen Menschen umzugehen. Genauso empathisch kann auch ein Verhandlungsgespräch ablaufen. Hier gilt es sich auf die Ziele der Führungskraft statt auf die Bedürfnisse der Patient:innen vorzubereiten. Dabei sollte man aufzuzeigen, welchen Mehrwert man mit der eigenen Arbeit schafft.“ Eine Gehaltsverhandlung kann also ein freundliches Gespräch sein, in das du positiv hineingehst. Wichtig ist, dass du dir deiner Leistungen und Erfolge bewusst bist, diese klar kommunizieren kannst und dich gut auf das Gespräch vorbereitest.

Verhandlungstipp 2: Unterschätze dich nicht

Ljubow Chaikevitch gibt zu bedenken, dass gerade Frauen in Gehaltsverhandlungen dazu neigen, sich unter Wert zu verkaufen aus Angst als unverschämt oder undankbar zu gelten. Das muss nicht sein! Häufig konzentrieren wir uns auf das, was nicht so gut gelaufen ist und vergessen dabei, worauf wir stolz sein können. Pflegekräfte sollten sich fragen: Was habe ich alles geschafft? Was habe ich erreicht? Wie sorge ich dafür, dass Patient:innen besser versorgt werden können? Ein Erfolgstagebuch, in dem du positives Feedback von Patient:innen und Vorgesetzten festhältst, kann dir dabei helfen, deine guten Leistungen in der Verhandlung schnell parat zu haben.

Verhandlungstipp 3: Ergreife die Initiative

Warte nicht, bis dein Arbeitgeber von sich aus auf dich zukommt, denn das wird wahrscheinlich nicht passieren. Das liegt laut Chaikevitch gar nicht unbedingt daran, dass die Klinik oder die Pflegeeinrichtung, in der du arbeitest, das nicht möchte, sondern an konträren Zielen. Während Klinik- oder Heimleitungen vor allem daran denken, die Einrichtung wirtschaftlich zu führen, wünschen sich Pflegekräfte, gut bezahlt zu werden. Aufgrund dieser unterschiedlichen Interessen ist es extrem wichtig, dass du selbst aktiv wirst und die Verantwortung für dein Gehalt übernimmst, statt zu warten, dass jemand anderes sich darum kümmert. Vereinbare also einen Termin mit deiner Führungskraft, bereite diesen gut vor und frage nach einer Gehaltsanpassung.



Verhandlungstipp 4: Nicht sofort klein beigeben

Es ist ratsam, sich nicht gleich beim ersten Gegenargument geschlagen zu geben. Du kannst mitteilen, wenn du Dinge anders siehst und deine eigenen, überzeugenden Argumente vorbringen. Sollte der Zeitpunkt momentan nicht passen, mache verbindlich einen anderen Termin aus. Eine weitere Möglichkeit wäre, zu überlegen, mit wem man noch über eine Gehaltsanpassung sprechen könnte. Chaikevitch erklärt, dass es manchmal sinnvoll sein kann, das Thema eine Etage höher anzusprechen. Sollte wirklich kein Budget vorhanden sein, versuche andere Zugeständnisse wie beispielsweise Gutscheine, Beteiligung am Betreuungsgeld, mehr Urlaub oder Finanzierung von Weiterbildungen auszuhandeln. Denn bei Gehaltserhöhungen, so Chaikevitch, geht es im Kern um Wertschätzung.

Verhandlungstipp 5: Übung macht den Meister oder die Meisterin!

Für Ungeübte sind Gehaltsverhandlungen ein Sprung ins kalte Wasser. Aber du wirst von Gespräch zu Gespräch sicherer. Es ist hilfreich, die Verhandlung mit einer Freundin oder einem Freund zu üben. Ljubow Chaikevitch empfiehlt, ein Skript zu schreiben, das dir als Leitfaden dient. Darin kannst du vorab festhalten, wie du in das Gespräch einsteigen möchtest, wie du auf Totschlagargumente reagierst und welche Zahlen du nennen willst.

Grundsätzlich gilt: Gehaltsverhandlungen sind keine einmalige Sache. Bei vielen Arbeitgebern und Pflegeeinrichtungen kannst du nachverhandeln. Sollte also ein Gehaltsgespräch nicht so laufen, wie du es dir vorstellst, ist das kein Grund, aufzugeben. Betrachte die Absage als „Nein in der ersten Runde“, bleibe am Ball und versuche es zu einem späteren Zeitpunkt erneut. Denke selbstbewusst daran: Deine Zeit und Loyalität sollten deinen Vorgesetzten etwas wert sein. Wenn du das Gefühl hast, dies ist nicht der Fall, stelle dir die Frage, ob dieser Arbeitgeber der richtige für dich ist.

Judith Marlies Barth

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