Wie du als Pflegekraft trauernde Angehörige richtig begleitest

Der Umgang mit trauernden Angehörigen ist eine der schwierigsten Aufgaben von Pflegekräften. Wir geben Tipps.

In diesem Artikel erfährst du, wie du richtig mit Trauernden umgehst, warum Trauer für die Gesundheit der Seele so wichtig ist, welche Ziele und Leitlinien dir helfen, die Situation zu meistern.

Eigentlich sollte man meinen, dass wir Menschen mit dem Tod ein entspanntes Verhältnis pflegen könnten. Als unumgängliches Ereignis im Leben wird er früher oder später bei jedem von uns eintreten – der Lebenskreislauf schließt sich. In jedem Ende wohnt auch ein Anfang inne. Aufmunternde Worte und bekannte Floskel zum Umgang mit dem Tod haben wir sicherlich schon alle einmal gehört und dennoch: wenn ein geliebter Mensch geht, trifft uns das wie eine Wucht. Plötzlich ist da jemand weg, der soeben noch da war. Unerwartet oder absehbar – der Verlust eines Freundes oder Familienmitgliedes lässt sich nur schwer begreifen, denn der Tod sprengt die bisherige Realität. Für Pflegekräfte ist die Konfrontation mit dem Sterben Teil des Arbeitsalltages, der Umgang mit Trauernden eine der schwierigsten Aufgaben ihres Berufes. Er erfordert viel Einfühlungsvermögen, Verständnis und Zeit. Wir geben ein paar Hilfestellungen, wie du Trauernde am besten unterstützt und dich dabei auch selbst im Blick behältst.

Aktives Zuhören

Trauer ist für die Gesundheit der Psyche extrem wichtig. Im Gegensatz dazu lässt unsere Gesellschaft den Trauernden aber oft wenig Zeit, mit der veränderten Situation zurechtzukommen. In der Regel wird nach wenigen Tagen erwartet, dass sich der Mensch wieder voll und ganz seinen Alltagsaufgaben hingibt, ganz so, als wäre nichts geschehen. Gerade diese gesellschaftlichen Forderungen blockieren die so wichtige Trauerarbeit. Du kannst trauernde Menschen in deinem Arbeitsumfeld unterstützen, indem du ihnen in erster Linie zuhörst. Dabei ist das aktive Zuhören gemeint, das dem trauernden Angehörigen Verständnis signalisiert. Hier braucht es meist nicht viele Worte, denn es kann bereits helfen, die Gefühle des Trauernden zu verbalisieren und so Einfühlungsvermögen zu zeigen. Manchmal macht auch das Äußern der eigenen Hilflosigkeit und der Anteilnahme dem Trauernden deutlich, dass er mit seinem Verlust nicht alleine ist. Menschen zu pflegen gehört zwar zum professionellen Alltag einer Pflegekraft, das bedeutet aber nicht, dass uns dabei nicht auch der Mensch selbst ans Herz wächst.

Gefühle ausdrücken lassen

Weinen, Jammern, Klagen und Wutausbrüche – Trauer hat viele Formen. Und die braucht auch ihren Raum. Für viele Trauernde ist es hilfreich, wenn sie ihre Gefühle ausdrücken dürfen. Begleitpersonen, wie Pflegepersonal oder Angehörige, sind dabei aber nicht selten mit der Trauer des anderen überfordert. Schnell wird versucht, den Trauernden abzulenken oder ihn mit aufmunternden Worten wieder „auf die Spur“ zu bringen. Floskeln wie „Kopf hoch“ oder „Die Zeit heilt alle Wunden“ sind für die Trauerarbeit und -begleitung nicht wirklich hilfreich, denn sie zeugen von wenig Verständnis und Unsicherheit im Umgang mit Sterben und dem Tod. Ein schneller Übergang in den Alltag setzt die trauernde Person zusätzlich unter Druck und blockiert gar die Trauerarbeit. Dabei geht es bei einem Verlust gar nicht darum, die Trauer zu ersticken oder beiseite zu schieben. Vielmehr kann es helfen, wenn sich auch die Nahestehenden für die Trauer des anderen öffnen und ihr Raum geben. Trauergefühle können auch noch nach Monaten oder Jahren nicht versiegen. Weil jeder Mensch in seinem eigenen Tempo einen Verlust verarbeitet, gilt es auch dies zu akzeptieren.



Einen Verlust akzeptieren

Wenn Trauernde Begleitung suchen, wollen sie meist viel von dem Verstorbenen erzählen und dem Unfassbaren den Raum geben. Das Erzählen und Erinnern an die Geschichte des Verstorbenen hält die Verbundenheit mit dem Menschen aufrecht. Zurück im Alltag sind Trauernde oft mit der Erwartungshaltung konfrontiert, schnell wieder zu funktionieren. Dabei werden Hinterbliebene nicht selten nach einigen Wochen gefragt, ob denn nun alles wieder gut sei. Trauer ist schmerzhaft, aber sie ist keine Krankheit. Doch sie kann zweifelsohne krank machen, wenn sie dauerhaft verdrängt oder übergangen wird. Dabei spiegelt gerade dieses schnelle Weiterschreiten oft das Unvermögen unserer Gesellschaft wider, der Trauer den Raum zu geben, den sie ganz offensichtlich braucht. Schmerzlose Verluste und alle damit einhergehenden Gefühle sind für Betroffene allerdings nur schwer auszuhalten. Hier kann es helfen, den Verlust von trauernden Angehörigen bewusst anzuerkennen und diesen auch zu verbalisieren – selbst wenn der Patient oder die Patientin schon „alt“ war und sein Leben schließlich zur Genüge gelebt hat.

Eine Verabschiedung vor Ort ermöglichen

Für Angehörige ist der Tod eines nahestehenden Menschen oft eine erschütternde Krisensituation. Selbst für jene, die sich schon länger mit dem nahestehenden Tod auseinandergesetzt haben, mündet der Tod oft in einem unerwarteten Trennungsschmerz. In solchen Ausnahmesituationen braucht es einen Schutzraum für die Hinterbliebenen und einen Ort, um in Würde Abschied zu nehmen. Gerade für eine gesunde Bewältigung eines Verlustes ist es wichtig, dem Verstorbenen noch einmal persönlich zu begegnen. Hier kann es Sinn ergeben, den Trauernden zu ermutigen, sich den Verstorbenen anzusehen, ihn vielleicht noch einmal zu berühren und sich für ein leises Zwiegespräch in sein Zimmer zu begeben. Ein letzter gemeinsamer Moment in friedvoller Atmosphäre kann viele Konflikte lösen und eine liebevolle Verbindung zum Verstorbenen schaffen, die man jedem Trauernden nur wünschen kann. Auch wird ihm damit erleichter, die veränderte Realität zu erkennen und zu begreifen. Schließlich endet mit dem Eintreten des Todes nicht automatisch die Beziehung zum Verstorbenen. Die persönliche Würde, die dem Lebenden galt, gilt dem Menschen auch über seinen Tod hinaus. Und gerade in der Nähe und im Kontakt mit dem Toten setzt sich dieses Miteinander fort.

Die Organisation einer Beerdigung

Aus der Trauerforschung ist bekannt, dass das bewusste Gestalten und das Erleben eines Abschieds von einem Verstorbenen einen prägenden Einfluss auf den Beginn und die Fortsetzung der Trauerarbeit hat. Dabei kann die (Mit-)Organisation der Beerdigung und die Verständigung von Angehörigen und Freunden sowie das aktive Kommunizieren, dass ein liebgewonnener Mensch verstorben ist dazu beitragen, den Trauerfall bewusster zu verarbeiten. Ermutige trauernde Angehörige, einen schönen Strauß mit den Lieblingsblumen des Verstorbenen zu kaufen, Zuhause eine Kerze zum Gedenken an einem schönen Platz anzuzünden oder eine prägende Anekdote aus dem Leben des Verstorbenen herauszusuchen und sie für die Grabrede an den Pfarrer oder Redner zu übermitteln. Hilfreich ist alles, was in einer aktiven Auseinandersetzung mit dem erlittenen Verlust mündet.

Die Pflegenden – Umgang mit der eigenen Trauer

Gerade auch für Pflegepersonal bedeutet der Abschied eines Patienten kein abrupter Beziehungsabbruch. Insbesondere dort, wo sich in der Pflege eine engere Beziehung zum Patienten entwickelt hat, kann es auch für den Pflegenden von großer Bedeutung sein, sich in würdevoller Weise vom Verstorbenen zu verabschieden. Für Pflegepersonal kann das nicht selten in einem emotionalen Drahtseilakt münden, denn sie müssen darauf achten, dass ihre eigenen Bedürfnisse nicht die der Angehörigen überlagern oder dass gar Wünsche des Verstorbenen übergangen werden. Insbesondere die letzte Versorgung eines Verstorbenen wie Ableitungen entfernen, Waschen und Zurechtlegen kann für Pflegende eine große Hilfe bei der Verabschiedung sein. Über das optische und taktile Erleben wird der Tod des Patienten Realität. Dabei sind wir gut beraten, sowohl den Verstorbenen als auch dem eigenen Tod und jenen Menschen, die auf ihr Lebensende zugehen, mit einer gewissen Demut zu begegnen.

Ziele in Bezug auf den Umgang mit Verstorbenen

Der Verstorbene

  • erfährt gleichermaßen den Respekt, den er auch als Lebender erfahren hat;
  • Anweisungen und Wünsche, die er in Bezug auf Bestattungsrituale/Trauerfeier geäußert hat, werden befolgt.

Die Angehörigen

  • erhalten genügend Zeit zum Abschiednehmen;
  • erfahren, wie wichtig das „Abschiednehmen“ für den folgenden Trauerprozess ist;
  • werden ermutigt, bei der Versorgung des Verstorbenen zugegen zu sein oder auch aktiv mitzuhelfen;
  • werden mit ihrer Vielzahl von möglichen Fragen (z. B. zum Sterbeprozess oder Beerdigungsformalitäten) ernst genommen;
  • anderer Religionen und Glaubensgemeinschaften haben Raum für ihre Verabschiedungs- und Trauerzeremonien;
  • erfahren Individualität und Einzigartigkeit in der Situation.

Die Pflegenden

  • achten die Würde des Verstorbenen;
  • kennen die Bedeutung und die Besonderheiten der Versorgung von Verstorbenen in den unterschiedlichen Religionen;
  • wissen um Gestaltungsmöglichkeiten der Verabschiedung;
  • reflektieren erlebte Reaktionsformen von Angehörigen auf die Todesnachricht und lernen, angemessen zu reagieren;
  • wissen um ihre besondere Aufgabe in der Angehörigenbegleitung und dem Beginn des Trauerprozesses;
  • können Angehörige bezüglich der weiteren Organisation nach dem Tod eines Angehörigen (z. B. Bestattung) beraten;
  • respektieren ihre eigenen Gefühle im Umgang mit dem Toten.

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