Das Pflegeberufegesetz 2020: Das musst du jetzt wissen

Inspiriert von der faszinierenden Welt der Medizin und Pflege, möchte unser Redaktionsteam sich mit Fachkräften austauschen, Perspektiven aufzeigen mit Interviews und Reportagen, um die Vielfalt des Pflegealltags zum Ausdruck bringen.

Die Situation ist offensichtlich: Pflegefachkräfte sind unterbezahlt und überbelastet. Für die meisten jungen Menschen ist die Pflege kein verlockendes Arbeitsfeld mehr. Das soll sich mit dem Pflegeberufegesetz (PflBG) ändern: Ab Januar 2020 fallen die Ausbildungsgänge „Gesundheits- und Krankenpflegerin“ (Krankenschwester), „Altenpflegerin“ und „Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin“ weg. An ihre Stelle tritt der Beruf der Pflegefachfrau beziehungsweise des Pflegefachmannes.

In diesem Artikel erfährst du:

  1. Was das Pflegeberufegesetz umfasst und warum es überfällig ist.
  2. Wie sich die Ausbildungen im Pflegesektor verändern und was das für dich als Bewerberin und Bewerber bedeutet.
  3. Welche Vor- und Nachteile eine generalisierte Ausbildung in der Pflege mit sich bringt.

Du planst, 2020 eine Ausbildung im Pflegebereich zu absolvieren? Eine gute Entscheidung: Dieses Berufsfeld hat Zukunft. Schon jetzt fehlen deutschlandweit geschätzt 100.000 Fachkräfte. In vielen Kliniken schließen Stationen. Es gibt nicht genug Personal, um die Versorgung der Patienten zu gewährleisten. Motivierte Nachwuchskräfte wie du werden dringend gebraucht!

Was ist das Pflegeberufegesetz eigentlich und für wen gilt es?

Das Pflegeberufegesetz (PflBG) will die Attraktivität des Pflegeberufs erhöhen. Beschlossen wurde es bereits 2017. Seit ersten Januar 2020 ist es in Kraft. Es ersetzt das bisher geltende Altenpflege- und Krankenpflegegesetz. Unter anderem wird die Ausbildung in der Pflege generalisiert. Das heißt, statt drei Ausbildungsgängen gibt es ab jetzt nur noch einen. Pflegeschulen und Ausbildungsbetriebe hatten drei Jahre lang Zeit, um sich auf die neue Situation einzustellen.

Mit einem umfassenden Katalog an unterschiedlichen Maßnahmen soll der Pflegeberuf zum einen aufgewertet werden. Zum anderen ist es das Ziel, Pflegekräften von Anfang an mit Achtung, Anerkennung und Wertschätzung zu begegnen. Das Pflegeberufegesetz betrifft dich, wenn du ab dem 1. Januar 2020 im Pflegebereich eine Ausbildung beginnst.

Warum brauchen wir ein neues Gesetz?

Der Bedarf an gut ausgebildeten Pflegefachkräften wird sich in der nahen Zukunft vervielfachen: Medizinische Fortschritte führen dazu, dass die Menschen älter werden. Krankheiten wie Alzheimer und Demenz sind auf dem Vormarsch. Das wiederum bedeutet, dass die Zahl an Pflegebedürftigen wächst. Um junge Leute für eine Berufstätigkeit in der Pflege zu begeistern, muss der Pflegeberuf attraktiver werden.

Das soll das Pflegeberufegesetz 2020 leisten:

  • Die Pflegeausbildung wird neu geregelt, gestrafft und inhaltlich modernisiert.
  • Die Arbeitsbedingungen werden verbessert.
  • Das negative Image von Pflegekräften soll verändert werden.

Was ändert sich ab 2020 konkret für angehende Pflegefachkräfte?

Das Pflegeberufegesetz 2020 reformiert die gesamte Berufsausbildung. Bislang gab es in der Pflege drei Ausbildungsbereiche, die sich teilweise überschnitten: Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. Die neue Ausbildung ist generalistisch ausgerichtet. In den ersten beiden Lehrjahren erwirbst du als angehende Pflegefachkraft das Wissen, das du im Allgemeinen zur Pflege von Menschen brauchst. Das Alter der Patientinnen und Patienten spielt dabei keine Rolle.

Im dritten Ausbildungsjahr entscheidest du, ob du die generalisierte Ausbildung fortsetzen oder dich auf einen Bereich spezialisieren möchtest. Das hat Auswirkungen auf den Abschluss, den du machst.

Zur Auswahl stehen:

  • Pflegefachfrau beziehungsweise Pflegefachmann,
  • Pflegefachfrau beziehungsweise Pflegefachmann mit Vertiefung Altenpflege und
  • Pflegefachfrau beziehungsweise Pflegefachmann mit Vertiefung Gesundheits- und Kinderkrankenpflege.

Ob diese gesonderten Abschlüsse sinnvoll sind, entscheidet der Gesetzgeber nach sechs Jahren.


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Unabhängig davon, wie deine Entscheidung ausfällt: Die Ausbildung ist ab sofort für dich kostenlos. Das Schulgeld fällt weg. Außerdem bekommst du nun eine Ausbildungsvergütung.

Du hast die Möglichkeit, im Anschluss an deine Ausbildung ein Pflegestudium zu absolvieren. Das verbessert deine Aufstiegs- und Karrierechancen: Mit einem akademischen Abschluss rückt eine Fach- beziehungsweise Führungslaufbahn in der Pflege in greifbare Nähe.

Eine weitere Änderung betrifft den Beruf der Hebamme: Ab dem 18. Januar 2020 ist dafür ein duales Studium nötig. Das ist in den anderen EU-Ländern längst Standard. Voraussetzung dafür ist das Abitur, das Fachabitur oder eine abgeschlossene Ausbildung in einem Pflegeberuf. Nach sechs bis acht Semestern absolvierst du eine staatliche Prüfung. Während deiner Ausbildung erhältst du – genau wie in anderen Ausbildungen – eine angemessene Vergütung.

Welche Zugangsvoraussetzungen muss ich erfüllen?

Wenn du eine Pflegeausbildung machen möchtest, brauchst du eine zehnjährige allgemeine Schulbildung (Hauptschule, Realschule oder Gymnasium). Falls du die Hauptschule nach neun Jahren verlassen hast, kannst du eine Ausbildung zur Pflegehelferin beziehungsweise zum Pflegehelfer machen oder eine Pflegeassistenzausbildung absolvieren. Diese Vorerfahrung verkürzt deine Ausbildung zur Pflegefachkraft.

Den Zugang zum Pflegestudium regeln die Länder. Hast du bereits eine abgeschlossene Ausbildung im Pflegebereich in der Tasche? Dann verkürzt sich das Pflegestudium um die Hälfte der Zeit.

Welche Ausbildungsinhalte kann ich erwarten?

Die Ausbildung zur Pflegefachkraft kombiniert Theorie und Praxis. Du durchläufst dabei alle drei Bereiche: Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege. Der Lehrplan wird von einer Fachkommission erarbeitet.

Theorie

  • Pflegeprozesse und Pflegediagnostik in akuten und dauerhaften Pflegesituationen verantwortlich planen, organisieren, gestalten, durchführen, steuern und evaluieren (1.000 Stunden)
  • Kommunikation und Beratung personen- und situationsorientiert gestalten (280 Stunden)
  • Intra- und interprofessionelles Handeln in unterschiedlichen systemischen Kontexten verantwortlich gestalten und mitgestalten (300 Stunden)
  • Das eigene Handeln auf der Grundlage von Gesetzen, Verordnungen und ethischen Leitlinien reflektieren und begründen (160 Stunden)
  • Das eigene Handeln auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen und berufsethischen Werthaltungen und Einstellungen reflektieren und begründen (160 Stunden)
  • zur freien Verteilung (200 Stunden)

Praxis

  • Orientierungseinsatz beim Träger der praktischen Ausbildung (400 Std.)
  • Pflichteinsätze in der allgemeinen Akutpflege in stationären Einrichtungen, z. B. im Krankenhaus (400 Std.)
  • Langzeitpflege in stationären Einrichtungen, z. B. im Pflegeheim (400 Std.)ambulanten Akut- und Langzeitpflege, z. B. bei einem ambulanten Pflegedienst (400 Std.)
  • Pflichteinsätze in speziellen Bereichen der
  • pädiatrischen Versorgung, z. B. im Kinderkrankenhaus (120 Std.*)
  • allgemein-, geronto-, kinder- oder jugendpsychiatrischen Versorgung, z. B. in einer psychiatrischen Klinik (120 Std.)
  • weitere Einsätze (2 × 80 Std.), z. B. Hospiz, Beratungsstellen etc. (160 Std.)
  • Vertiefungseinsatz, letzter Einsatz beim Träger der praktischen Ausbildung (500 Std.)

Was sind die Vorteile einer generalisierten Ausbildung?

1. Flexibilität

Mit der generalisierten Ausbildung und dem Abschluss „Pflegefachfrau“ oder „Pflegefachmann“ hast du die Möglichkeit, später in sämtlichen Pflegebereichen zu arbeiten. Deine Ausbildung deckt Kenntnisse aus allen Bereichen ab. Du bist also nicht lebenslang auf ein einziges Tätigkeitsfeld festgelegt, sondern kannst zwischen den Bereichen wechseln. Dir gefällt dein aktueller Arbeitsplatz nicht? Dann greifst du zu, sobald du ein interessantes, gut bezahltes Jobangebot entdeckst. Dazu kommt, dass die neue generalisierte Ausbildung europaweit anerkannt ist. Das heißt, du kannst deinen Beruf nicht nur überall in Deutschland, sondern überall in der EU ausüben.

2. Deine Karrierechancen

Als ausgebildete Pflegefachfrau oder ausgebildeter Pflegefachmann kannst du Aufstiegsmöglichkeiten in sämtlichen Bereichen der Pflege wahrnehmen:

  • Akutpflege,
  • Kinderkrankenpflege,
  • stationäre oder ambulante Langzeitpflege,
  • Altenpflege,
  • allgemeine Versorgung und
  • kinder- oder jugendpsychiatrische Versorgung.

Durch geschickte Wechsel kannst du deinen Verdienst steigern.

3. Deine Möglichkeiten dich zu spezialisieren

Außerdem bekommst du die Chance, dein Wissen zu vertiefen. Spezialisierungsmöglichkeiten gibt es in folgenden Bereichen:

  • Altenpflege
  • Kinder- und Jugendpflege
  • Ambulanter Versorgungsbereich

Was sind die Nachteile einer generalisierten Ausbildung?

Zugangsvoraussetzungen

Für Hauptschüler, die die Schule nach der neunten Klasse verlassen, ist der Zugang in den Pflegeberuf durch das Pflegeberufegesetz erschwert. Das könnte potenzielle Bewerberinnen und Bewerber abschrecken.

Hohe Anforderungen

Die Ausbildung ist deutlich umfangreicher und schwerer. Immerhin wird der „Stoff“ aus drei Ausbildungsgängen in nur drei Jahre gepackt. Statt in einem Bereich musst du zum Experten in sämtlichen Pflegebereichen werden. Das erhöht dein Lernpensum.

Späte und kurze Spezialisierung

Falls du schon weißt, dass du beispielsweise unbedingt in der Altenpflege arbeiten möchtest, zu Kindern aber keinen Draht hast, musst du trotzdem über deinen Schatten springen. Immerhin 120 Stunden entfallen im ersten und zweiten Ausbildungsjahr auf die Kinderheilkunde. Für deine eigentliche Spezialisierung bleibt dir nur ein Jahr. Das könnte zu wenig sein, um alles Notwendige abzudecken. Möglicherweise fallen Inhalte weg, die vorher Teil der Ausbildung im Bereich der Altenpflege waren.

Was ändert sich für Pflegeeinrichtungen und Pflegeschulen?

Auf Ausbilderinnen und Ausbilder kommen administrative und organisatorische Herausforderungen zu:

  • Anpassung der Ausbildungsinhalte an den neuen Bundesrahmenlehrplan und der Landeslehrpläne in der Lehre abzubilden
  • Anpassungen von Berichten, Dokumenten und Analysen.

Das Pflegeberufegesetz ist vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss. Den Beruf der Pflegefachkraft für Schulabgängerinnen und Schulabgänger attraktiver zu machen, ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Fest steht: Es muss etwas passieren! Wir brauchen motivierte Nachwuchskräfte im Bereich der Pflege. Den meisten Menschen ist neben einem leistungsgerechten Verdienst die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig. Aus diesem Grund bietet MEDWING flexible Arbeitsmodelle an: Du entscheidest, wann, wo und wie viel du arbeiten möchtest. Wir finden das perfekte Jobangebot für dich.

Michaela Hövermann

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