So gehen Pflegekräfte mit Pflegefehlern richtig um

Pflegefehler lassen sich nicht immer vermeiden. Wir erklären, mit welchen Schritten du die Situation verbesserst.

Der Arbeitsalltag im Pflegeheim, beim ambulanten Pflegedienst oder auf Station ist hektisch. An allen Ecken und Enden fehlt Personal. Manchmal übernehmen ungelernte Kräfte Aufgaben, die ausschließlich Pflegefachkräften vorbehalten sein sollten. Mangelnde Hygiene, eine falsche bzw. vergessene Lagerung oder verwechselte Medikamente können weitreichende Folgen für kranke und pflegebedürftige Menschen haben. Durch ein gutes Fehlermanagement lassen sich diese eingrenzen oder vermeiden und Patient:innen oder Bewohner:innen zu schützen.

Fehler sind menschlich, und sie passieren überall. Auch in der Pflege. Sogar alteingesessenen Profis. Stress, Arbeitsverdichtung und Erschöpfung begünstigen Unaufmerksamkeit und Konzentrationsschwächen. Nicht alle Pflegefehler kommen ans Licht. Viele Pflegekräfte bzw. die verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen verschweigen Missgeschicke und Fehler aus Scham oder Angst vor öffentlicher Bloßstellung, Kritik und Strafe. Wichtig ist ein professioneller, offener Umgang mit Fehlern.

Eine Pflegefachkraft kann einschätzen, welche Folgen etwa eine falsche Medikamentengabe hat. Hier gilt: Schadensbegrenzung statt Panik. Was kann getan werden, um Folgen für den pflegebedürftigen oder kranken Menschen zu verhindern? Ist die akute Gefahr abgewendet, sollte die Aufarbeitung des Geschehens angegangen werden:

  • Warum ist der Pflegefehler passiert?
  • Gab es ein Missverständnis? Stimmte die Kommunikation nicht?
  • Wie lässt sich genau diese Situation vermeiden? Was muss dringend verbessert werden?

Die Lösung sollte im Mittelpunkt stehen. Gelegenheit zur offenen Auseinandersetzung mit Pflegefehlern bieten Mitarbeiter:innengespräche und Supervisionen, aber auch anonyme Meldemöglichkeiten. Wenn Fehler verschwiegen, vertuscht oder einer Einzelperson zugeordnet werden, gehen wertvolle Lern- und Verbesserungsmöglichkeiten verloren.

Was gilt als Pflegefehler?

Als Pflegefehler gilt laut § 115 Abs. 3 SGB XI ein Tun oder Unterlassen einer Pflegeperson im Rahmen der professionellen Pflege. Entspricht dieses Tun oder Unterlassen nicht dem aktuellen Standard der Pflege oder weicht es vom wissenschaftlichen Erkenntnisstand ab, handelt es sich um einen Pflegefehler.Teilweise kommt es zu unberechtigten Vorwürfen von Pflegebedürftigen, Patient:innen und Angehörigen. Ist dies der Fall, zeigt die Pflegedokumentation, ob es tatsächlich innerhalb der Versorgung zu einem Pflegefehler gekommen ist. Die Dokumentation ist zur Aufarbeitung und Nachverfolgung essenziell.

Beispiele für häufige Pflegefehler:

  • Unterlassene Prophylaxe oder Krankheitsbeobachtung
  • Druckgeschwür durch Wundliegen (Dekubitus)
  • Falsche oder unterlassene Wundversorgung
  • Umsetzung nicht legitimierter pflegerischer Zwangsmaßnahmen
  • Umsetzung von Leistungen, für die die Pflegefachkraft keine Berechtigung hat
  • Austrocknung oder Mangelernährung
  • Medikationsfehler

Pflegefehler: Erkennen, Schaden begrenzen und die Situation mitteilen

Das Wichtigste ist, dass du bei einem entdeckten Fehler Ruhe bewahrst. Nur dann kannst du deinen Patient:innen helfen, die Gefahr eindämmen und Schlimmeres verhindern. Im Anschluss geht es darum, Verantwortung zu übernehmen:

  • Informiere deine:n Vorgesetzte:n über das, was passiert ist.
  • Dokumentiere den Pflegefehler mit Fotos.
  • Falls nötig: Besprich mit den Vorgesetzten, wie ihr beim Kontakt mit Angehörigen oder mit der Presse umgehen wollt.
  • Falls nötig: Bitte dein:e Vorgesetzte:n, die Haftpflichtversicherung zu informieren.

Pflegefehler dokumentieren

Ein Protokoll hilft dabei, die richtige Reihenfolge in Erinnerung zu behalten. Orientiere dich an den W-Fragen:

  • Was ist passiert? Beschreibe das Geschehen.
  • Wann ist es passiert? Notiere Datum und Uhrzeit.
  • Wo ist es passiert? An welchem Ort hat sich der Pflegefehler ereignet?
  • Wer war beteiligt? Notiere die Namen der anwesenden Personen.
  • Wer wurde geschädigt?

Beratung in Anspruch nehmen

Nicht jeder Pflegefehler hat rechtliche Konsequenzen. Falls es dazu kommt, lass dich bei der Haftpflichtversicherung von erfahrenen Anwält:innen beraten. Die Haftpflichtversicherung versucht zunächst, Schadensersatzansprüche außergerichtlich zu regulieren.

Eine andere Anlaufstelle ist das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA). Dort gibt es ein anonymisiertes Fehlerberichtssystem, in dem häufige und seltene Pflegefehler erfasst sind. Du kannst dort anonym berichten, was passiert ist.

Pflegefehler vermeiden: Was Einrichtungen tun können

Pflegefehler lassen sich nicht immer vermeiden. Aber es ist möglich, die Quote zu senken. Hier sind die Führungskräfte gefragt.

  • Beauftragte:n bestimmen: Die Pflegeeinrichtung kann eine:n Mitarbeiter:in mit dem Fehler- und Risikomanagement beauftragen, damit Risiken auf der Grundlage von geltenden pflegewissenschaftlichen und medizinischen Erkenntnissen erfasst und eingeschätzt werden.
  • Fortbildungen durchführen: Durch regelmäßige Weiterbildungen bleiben Mitarbeiter:innen auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand.
  • Supervision anbieten: Bei Supervisionen reflektieren Pflegefachkräfte ihre Arbeit innerhalb eines geschützten Rahmens als Team. Wer über Fehler anderer informiert ist, kann diese Situation selbst vermeiden.
  • Verantwortung bewusst machen: Es ist wichtig, dass sich alle an der Pflege beteiligten Menschen ihrer Verantwortung für Bewohner:innen und Patient:innen bewusst sind.
  • Qualifikationen beachten: Pflegekräfte sollten ausschließlich Arbeiten übernehmen, für die sie qualifiziert und zu denen sie berechtigt sind.
  • Dokumentation ernst nehmen: Sämtliche pflegerischen Maßnahmen und Vorfälle sollten verschriftlicht werden. Pflegekräfte müssen entsprechend geschult sein, sodass sie ihren dokumentarischen Pflichten nachkommen können.

Pflegefehler haben Konsequenzen. Diese betreffen den jeweiligen pflegebedürftigen oder kranken Menschen und seine Angehörigen. Sie betreffen aber auch die Pflegefachkraft und das gesamte Team. Nur wenn Pflegekräfte in Notsituationen ruhig bleiben und Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, gelingt es, Folgeschäden für Bewohner:innen und Patient:innen einzugrenzen oder zu verhindern. Regelmäßige Weiterbildungen und Supervisionen sind unverzichtbar. Dafür müssen die Einrichtungen ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem Pflegekräfte angstfrei über Missgeschicke, Fehler und Probleme sprechen und diese reflektieren können.

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