Heutzutage bewerben sich Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen bei den Pflegekräften, nicht umgekehrt. Wir stellen die wichtigsten Maßnahmen zur Mitarbeitergewinnung und -bindung für Arbeitgeber und Führungskräfte in der Pflege vor.
„Süßes oder Saures.“ Diese Halloween-Tradition kennt jeder. Wer die Tür öffnet und keine Süßigkeiten parat hat, muss sich auf einen Streich gefasst machen. Man könnte sagen, Arbeitgebern in der Pflegebranche ergeht es ähnlich. Nur dass sie Pflegekräften weitaus mehr als Schokolade bieten müssen, um sich vor unangenehmen Konsequenzen, in Form von unbesetzten Stellen, zu schützen. Der „Pflexit“ ist am Arbeitsmarkt deutlich spürbar. Die verbliebenen Pflegekräfte können sich oftmals aussuchen, wo sie arbeiten möchten. 70 Prozent von ihnen wollen die Stelle wechseln, ergab eine Umfrage des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe Anfang des Jahres.
Für Arbeitgeber und Führungskräfte im Gesundheitswesen stellt es eine Herausforderung dar, Pflegekräfte zu gewinnen und zu halten. Mit welchen Mitteln es gelingen kann und durch welche Vorteile ein Stellenprofil in der Pflege attraktiv wird, verraten wir hier.
Arbeitszeitverlässlichkeit ist für viele Pflegekräfte ein wichtiger Faktor, der ihre Zufriedenheit unmittelbar beeinflusst. Ständiges Holen aus dem Frei, kurzfristig erstellte Dienstpläne oder permanente Überstunden beeinträchtigen das Sozialleben und sorgen für erhebliche Frustration. Ist der Beruf nicht mehr mit dem Familienleben vereinbar, wird sich die Pflegekraft im Zweifel eher gegen den Beruf entscheiden. Dies sollten Führungskräfte bei der Dienstplangestaltung immer im Hinterkopf haben. Zur Verlässlichkeit gehört auch, Sicherheit zu vermitteln und Absprachen sowie Termine einzuhalten.
Maßnahmen
Die Pflege ist ein sozialer Beruf, doch um auf die zwischenmenschlichen Bedürfnisse von Patient:innen und Pflegebedürftigen einzugehen, bleibt Pflegekräften kaum Zeit. Der Personalmangel verursacht Dauerstress und die Qualität der Pflege leidet. Der Arbeitstag endet häufig mit dem Gefühl, weder den Patient:innen oder Bewohner:innen noch den eigenen Ansprüchen gerecht geworden zu sein. Deshalb sind Einrichtungen, die ihre Schichten mit einem besseren Personalschlüssel besetzen, automatisch attraktiver. Das Deutsche Herzzentrum Berlin hat für seine drei größten Stationen beispielsweise Personalschlüssel festgelegt, die über den Pflegepersonaluntergrenzen liegen. So muss eine Pflegekraft auf der Kardiologie-Station am Tag nur sechs Patient:innen statt zehn betreuen und ist in der Nacht nur für zwölf statt für 22 Menschen verantwortlich.
Maßnahmen
Pflegekräfte arbeiten unter hohen physischen Belastungen. Hinzu kommen emotional fordernde Situationen. Umso wichtiger ist das betriebliche Gesundheitsmanagement. Es sollte zum Standard gehören. Bei einer Befragung des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung gaben 2018 jedoch beispielsweise nur 43 Prozent der Leitungskräfte in Pflegeheimen an, dass es entsprechende Angebote gäbe. Vor allem bei der psychologischen Unterstützung des Gesundheitspersonals besteht großer Verbesserungsbedarf. Nicht zuletzt bringen auch entsprechende Technik, digitale Systeme und Personallösungen körperliche und zeitliche Entlastung. Die Evangelischen Kliniken Essen-Mitte etwa setzen Dauernachtwachen ein, um ihre Pflegekräfte zu entlasten.
Maßnahmen
Für die meisten Pflegekräfte ist die Möglichkeit eigenverantwortlicher Arbeit wichtig. Führungskräfte sollten die Selbstständigkeit ihrer Mitarbeiter:innen daher entsprechend ihrer Qualifizierung fördern und ihnen Vertrauen entgegenbringen. Dies umfasst, dass Kritik und Verbesserungsvorschläge Gehör finden. Schließlich wissen die Pflegekräfte oft am besten Bescheid.
Pfleger:innen unterschiedlichen Alters haben verschiedene Stärken, Bedürfnisse und Ziele. Die Evangelischen Kliniken Essen-Mitte berücksichtigen dies etwa durch Wunschdienstpläne und Kita-Plätze. Wenn Führungskräfte auf die Wünsche ihrer Mitarbeiter:innen eingehen und verschiedene Fähigkeiten und Erfahrungen in ihren Pflegeteams vereinen, schöpfen sie das Potential voll aus.
Maßnahmen
Die Pflege ist ein hochprofessioneller und komplexer Beruf. Da sollte es im Interesse der Einrichtungen liegen, ihren Mitarbeitenden eine ständige Weiterqualifizierung zu ermöglichen. Dennoch vernachlässigen viele Arbeitgeber diesen Punkt, weil sie Ausfallzeiten oder Kosten scheuen. Doch ambitionierte Pflegekräfte, die das Gefühl haben, nicht weiterzukommen, werden schnell die Motivation verlieren und über Kündigung nachdenken. Die Sana Klinik Bethesda Stuttgart arbeitet deshalb gerade an der Umsetzung individueller Personalentwicklungs- und Karrierepläne und bietet ihren Pflegekräften schon jetzt ein vielfältiges Angebot an Fort- und Weiterbildungen.
Maßnahmen
Eine kompetente Führungsperson und eine gute Arbeitsatmosphäre sorgen auch in der Pflege für Mitarbeiter-Motivation. Überforderung und Überlastung sowie die Konflikte und Missverständnisse, die daraus entstehen, bedeuten jedoch allzu oft schlechte Stimmung im Pflegeteam. Auch Mobbing ist ein häufiges Problem in Pflege. Der erste Grundsatz einer guten Pflegedienst- oder Stationsleitung sollte daher sein, mit den Mitarbeitenden im Gespräch zu bleiben. Nur eine Führungsperson, die weiß, was gut läuft und was nicht, kann gezielt an Problemen arbeiten. Eine entscheidende Rolle spielt hier die Fähigkeit, Kritik entgegenzunehmen und konstruktiv zu vermitteln. Gute Leistungen zu loben, sollte selbstverständlich sein.
Die Pflegedienstleitung muss darauf achten, langjährige Mitarbeiter:innen nicht als selbstverständlich zu betrachten und neue Kolleg:innen nicht „ins kalte Wasser“ zu werfen. Vor allem Auszubildende müssen unbedingt integriert und angeleitet werden – sie dürfen auf keinen Fall im Betriebsstress untergehen. Sie nicht ausreichend zu fördern, ist verschenktes Potential, schließlich wird qualifizierter Nachwuchs dringend gebraucht.
Maßnahmen
Eines vorweg: Für einen großen Teil der Pflegekräfte spielen die oben genannten Punkte für ihre Berufszufriedenheit- und wahl eine weitaus größere Rolle als Geld. Selbstverständlich sollten ihre Leistungen angemessen vergütet werden und Betriebe, die mehr als das Mindestgehalt bieten, haben einen klaren Wettbewerbsvorteil. Arbeitgeber können ihre Wertschätzung aber auf andere Weise finanziell ausdrücken, wie zum Beispiel die Sana Kliniken, die Zuschüsse zum öffentlichen Nahverkehr und Corporate Benefits anbieten.
Maßnahmen
Das beste Konzept zur Gewinnung von Pflegekräften nützt nichts, wenn niemand davon weiß. Arbeitgeber im Gesundheitswesen stehen im Wettbewerb miteinander – wer sich nach außen hin als attraktives Unternehmen präsentiert, verzeichnet schneller Erfolge bei der Suche nach Fachkräften. Dazu gehören nicht nur eine einwandfrei gepflegte Website, die alle wichtigen Informationen für Bewerber:innen enthält, sondern auch Social-Media-Kanäle. Vor allem der Pflege-Nachwuchs bewegt sich einen Großteil des Tages im Internet und in sozialen Netzwerken. Arbeitgeber können die Pflegekräfte entsprechend dort abholen und mit kreativen Inhalten für ihr Unternehmen begeistern. Das Deutsche Herzzentrum lässt beispielsweise Pflegekräfte in kleinen Filmen selbst aus ihrem Arbeitsalltag berichten.Bewertungsportale spielen für Pflegekräfte bei der Jobsuche ebenfalls eine zunehmende Rolle. Hier kann es sinnvoll sein, Mitarbeitende zu bitten, das Unternehmen zu bewerten.
Maßnahmen
Unbesetzte Stellen gefährden nicht nur den Versorgungsauftrag von Gesundheitseinrichtungen, sondern bedeuten auch erhebliche Umsatzeinbußen. Sparmaßnahmen auf Kosten des Personals sind also ein Schnitt ins eigene Fleisch. Eine Einrichtung, die nicht in die Wertschätzung, Weiterentwicklung und Gesunderhaltung ihres Pflegepersonals investiert, hat es schwer, sich gegen attraktivere Arbeitgeber durchzusetzen. Oft führen schon kleine Veränderungen zu mehr Zufriedenheit und Motivation beim Pflegepersonal. Ein bisschen mehr, als die Jubiläumsschokolade sollte es aber schon sein.