Smarte Pflegeroboter sind keine Science-Fiction-Vision mehr: „Robear“ hievt Patienten in den Rollstuhl. Das smarte Robbenbaby „Paro“ beruhigt Demenzkranke mit seinem niedlichen Fiepen. Exoskelette helfen als Stützroboter beim Heben. Das klingt nach einer enormen Entlastung im Pflegealltag. Doch in Kliniken und Altenheimen sind die mechanischen Unterstützer bisher kaum zu finden. Sind Pflege- und Service-Roboter tatsächlich eine Möglichkeit, den Pflegenotstand zu verbessern?
Vermutlich kennst du die Zahlen in- und auswendig: In Deutschland waren im Jahr 2017 rund 3,4 Millionen Menschen im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI) pflegebedürftig. Jeder Zweite ist älter als 45 Jahre, jeder Fünfte sogar älter als 66 Jahre. Schon jetzt fehlen tausende Pflegekräfte. Durch die demografische Entwicklung wird sich diese Tendenz weiter verschärfen. Robotics in der Pflege könnten deinen Arbeitsalltag erleichtern und die Situation entspannen. Bei körperlich anstrengenden Aufgaben, zum Beispiel beim Heben und Tragen von Patient:innen, wären Roboterarme eine sinnvolle Unterstützung. So könnte trotz Fachkräftemangel eine hohe Pflegequalität gewährleistet werden.
In vielen deutschen Krankenhäusern entlasten bereits fahrerlose Transporter das Personal. Lasergesteuerte Rolluntersetzer transportieren Container mit Essen, Wäsche oder Abfällen durch die Flure der Unikliniken in Leipzig und Greifswald. Die Computerstimme des TransCar LTC2 warnt während des Betriebs: „Achtung, automatischer Transport“ oder „Achtung, Richtungswechsel“. In der Kölner Uniklinik sind 90 Roboter mit Logistikaufgaben beschäftigt. Rund 100 Mitarbeitende spart das Unternehmen dadurch ein. Neu ist diese Technik übrigens nicht: Bereits seit Ende der 1970er Jahre sind derartige Maschinen im Einsatz. Bislang sind allerdings noch keine Roboter am Krankenbett zu finden. Da stößt die Technik an ihre Grenzen. Noch. Typische Pflegetätigkeiten wie Patient:innen umlagern, waschen oder wickeln erfordern Kraft, Umsicht, Feinmotorik – und vor allem Feingefühl. Die Hoffnung, dass sich durch Robotics in der Pflege Geld, Zeit und Personal einsparen lassen, hat sich bislang nicht erfüllt. Laut Frank Kirchner, dem Leiter des Robotics Innovation Center des deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz in Bremen, gibt es noch keinen Roboter, der Pflegekräfte im Alltag tatsächlich entlasten kann. Der in Japan entwickelte Roboter-Bär „Robear“ ist ein Schritt in diese Richtung: Er kann Menschen aus dem Bett heben und in einen Rollstuhl setzen. Allerdings nur unter zwei Bedingungen:
Inzwischen wurde Robears Entwicklung eingestellt. Pflege ist komplex und anspruchsvoll. Es ist nicht leicht, den hohen Anforderungen mit künstlicher Intelligenz gerecht zu werden.
Vielversprechender sieht es im Bereich der Kommunikation aus: Der humanoid wirkende Pflegeroboter „Pepper“ dient als Ansprechpartner für Patient:innen und Bewohner:innen in Altenheimen. Er ist 1,20 m groß, bewegt sich rollend und hat einen Touchscreen auf der Brust. Mit ihm sind einfache Unterhaltungen möglich. Er antwortet auf Fragen, singt, turnt, tanzt und verbreitet positive Stimmung. Auf seinem Touchscreen zeigt er Fotos. Das Besondere: Er analysiert die Mimik und Gestik von Menschen und reagiert auf die gezeigten Gefühle.
Damit ist er schon um einiges weiter als die kleinere Zora: Rein optisch ähnelt sie eher einem „klassischen“ Roboter. Sie ist gerade 56 Zentimeter groß, wiegt 4,5 Kilogramm und tanzt den „Gangnam Style“. Zoras kindliches Gesicht kommt gut an. Im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel muntert der kleine Unterhaltungsroboter kranke Kinder auf. Zora motiviert sie dazu, ihre Medikamente zu nehmen und Übungen zu machen – und das in mehreren Sprachen wie Deutsch, Englisch, Chinesisch und Japanisch. Dadurch lassen sich Kinder vieler Nationalitäten über Zora ansprechen.
Dritte im Bunde ist die Robbe Paro: Sie hat eine anregende und zugleich beruhigende Wirkung auf ältere und an Demenz erkrankte Menschen. Das liegt vermutlich an ihren Kulleraugen, ihrem weichen Fell und den verblüffend echt wirkenden Geräuschen. Liebevolle Berührungen quittiert sie mit Anhänglichkeit. Wird sie schlecht behandelt, weicht sie zurück.
Trotzdem sind beim Einsatz der Unterhaltungsroboter immer Pflegekräfte anwesend. Denn Pepper, Zora und Paro können nicht auf Notsituationen reagieren. Selbst, dass sie einem Patienten ein Glas Wasser reichen, ist noch Zukunftsmusik.
Die Unterhaltungsroboter können deinen Alltag als Pflegefachkraft in einem gewissen Umfang erleichtern und bereichern:
Pflege bedeutet Kontakt. Menschliche Nähe und Fürsorge lassen sich nicht durch Pflegeroboter ersetzen. Einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom zufolge können sich 41 Prozent der Befragten zumindest die vorübergehende Pflege durch Roboter trotzdem vorstellen.
Der demografische Wandel betrifft die gesamte westliche Welt. Neben Deutschland setzt besonders Japan auf Roboter und künstliche Intelligenz. Schätzungen zufolge wird im Jahr 2035 ein Drittel der japanischen Bevölkerung älter als 65 Jahre sein. Auch dort fehlt es an Pflegekräften. Pepper kommt in etwa 500 Altenheimen in Japan zum Einsatz. In manchen Einrichtungen spielen die Senior:innen mit Roboter-Tieren wie dem Hund „Aibo“. Ob wir in Deutschland bald mit Pflegerobotern in Kliniken und Pflegeheimen rechnen können, ist unklar. Maschinen können keine komplexen Pflegeaufgaben übernehmen. Die Frage ist auch, wie wünschenswert das überhaupt wäre.
Der Bedarf an technischen Lösungen ist in der Pflege groß. Noch gibt es keine praxistaugliche Unterstützung am Krankenbett. Die bereits verfügbaren Pflege- und Serviceroboter sind bestenfalls eingeschränkt zur Kommunikation und Unterhaltung nutzbar. Roboter ersetzen menschliche Zuwendung, Pflege und Wärme nicht. Aber sie könnten dich in Zukunft in deinem Arbeitsalltag unterstützen, die Pflege ergänzen und dir Zeit für andere Aufgaben verschaffen.