Du arbeitest schon länger als Pflegekraft und träumst von einer längeren Auszeit? Dann könnte ein Sabbatical für dich genau richtig sein. Ob das in der Pflegebranche möglich ist, was du dafür tun musst und welche Hürden es zu überwinden gibt, erfährst du hier.
Die Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche sind kräftezehrend und das Bedürfnis nach einer Auszeit bei vielen Pflegekräften groß. Gleichzeitig ist der Fachkräftemangel in der Pflege immens. Eine längere Abwesenheit aus dem Job – Sabbatical oder auch Sabbatjahr genannt – scheint gerade für Pflegepersonal deshalb eher utopisch. Und trotzdem sollten dich diese Bedenken nicht davon abhalten, dir zu holen, was du brauchst. Denn wenn du über eine Jobpause nachdenkst, hast du gute Gründe dafür. Diese sollten deine Zweifel überwiegen. Schließlich ist eine Auszeit besser als ein Ausstieg. Wir geben dir Infos, die dir bei deiner Entscheidung helfen können.
Bei einem Sabbatical nehmen Angestellte eine bezahlte berufliche Auszeit. Die klassische Dauer beträgt zwölf Monate, deshalb sagt man oft Sabbatjahr. Aber auch Kurz-Sabbaticals von vier Wochen oder drei Monaten sind möglich.
Das gängigste Arbeitszeitmodell für Sabbaticals ist der sogenannte Lohnverzicht. Bedeutet: Arbeitnehmer:innen entscheiden sich für eine Jobpause und sparen im Vorfeld darauf hin. Eine gewisse Zeit (je nach Länge der bevorstehenden Auszeit) wird ihnen nur ein Teil des Gehalts bei voller Arbeitsleistung gezahlt. Den anderen Teil erhalten sie dann während der arbeitsfreien Zeit.
Alternativ kann das Modell des Arbeitszeitguthabens gewählt werden. Für Pflegekräfte eine gute Option, da hierbei die Mitarbeitenden auf einem Arbeitszeitkonto über mehrere Jahre oder Monate ihre Überstunden sammeln und diese dann auf einen Schlag im Rahmen des Sabbaticals nehmen können. Ob diese dann später für die Dauer deiner gewünschten Auszeit ausreichen, musst du im Vorfeld kalkulieren.
Beim Teilzeitmodell arbeiten die Mitarbeiter:innen laut Vertrag nur Teilzeit und bekommen auch nur ein Teilzeitgehalt ausbezahlt, üben ihren Job aber dennoch in Vollzeit aus. Diese Phase wird Ansparphase genannt. Das Geld für die daraus entstehenden Mehrstunden wird dann während der Auszeit gezahlt.
Beiträge zu Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung laufen bei diesen drei Finanzierungsmodellen während der Auszeit unproblematisch weiter. Der gesetzliche Urlaubsanspruch bleibt ebenfalls unangetastet und wird auf die Dauer des Sabbaticals angerechnet.
Eine extreme, aber dennoch mögliche Variante ist das Sabbatical durch Kündigung. Bist du bereits länger mit deinem Arbeitgeber und den Arbeitsbedingungen unzufrieden? Haben Gespräche zu keiner Verbesserung geführt? In diesem Fall kommt dir der Fachkräftemangel zugute. Denn nach Kündigung und Auszeit wirst du garantiert schnell wieder einen Job finden. Beachte aber bei dieser Variante unbedingt, dass du dafür bereits einen beträchtlichen Betrag zur Verfügung haben solltest, um dich finanzieren zu können. Und behalte im Hinterkopf, dass dein Erspartes auch für längere Bewerbungsphasen im Anschluss an dein Sabbatical reichen sollte. Außerdem musst du ohne Jobverhältnis für alle Sozialleistungen selber aufkommen.
Die Gründe für ein Sabbatical in der Pflegebranche sind vielfältig: Starke körperliche und emotionale Belastungen, Doppel- und Wechselschichten oder häufige Krankheitsvertretung – Pflegekräfte arbeiten nicht selten an ihrer maximalen Belastungsgrenze. Eine kurze oder längere Pause kann Wunder wirken, um einem Burnout vorzubeugen und die Akkus wieder aufzuladen. Vielleicht träumst du aber auch von einer größeren Reise, Weiterbildung oder beruflichen Umorientierung, willst dich sozial engagieren oder intensiv deiner Familie widmen? Dann wird es höchste Zeit, dich für eine gewisse Zeit aus dem Job auszuklinken, um DEINE Projekte zu realisieren.
Einen generellen gesetzlichen Anspruch auf ein Sabbatical haben Arbeitnehmer:innen grundsätzlich nicht. Für Tarifbeschäftigte, also unter anderem Angestellte im öffentlichen Dienst, finden sich jedoch in Tarifverträgen und allgemeinen Vorgaben der Bundesländer Regelungen, aus denen sich ein Anspruch auf ein Sabbatical herleiten lässt. Auch dann ist ein Sabbatical aber nur möglich, wenn dienstliche Belange dem nicht entgegenstehen.
Während der Wunsch nach einer Auszeit vor ein paar Jahren in vielen Unternehmen oft noch auf großes Unverständnis traf, sehen heute immer mehr Arbeitgeber:innen die positiven Aspekte eines Sabbaticals. Es macht sie für Arbeitnehmer:innen attraktiv, sorgt für eine gute Mitarbeiterbindung und kann die Work-Life-Balance auch nach der beruflichen Abwesenheit verbessern. Davon profitieren letztlich sowohl die Pflegekräfte als auch die Einrichtungen. Wer entspannt und ausgeglichen ist oder sich vielleicht sogar in seinem Berufsfeld weitergebildet hat, kommt motivierter zur Arbeit und bringt dem Unternehmen viele Vorteile.
Verspürst du also den Wunsch nach einem Sabbatical, solltest du dich trauen, dieses Thema bei deiner Chefin oder deinem Chef anzusprechen. Bringst du gute Argumente vor und verdeutlichst, dass du das Projekt durchdacht hast, hast du bessere Karten. Bist du im Gespräch unsicher, überzeuge deine:n Chef:in von den vielen Vorteilen. Deine Auszeit kostet das Unternehmen keinen Cent mehr, sondern bedeutet lediglich eine Umstrukturierung der Arbeitsorganisation.
Wer über einen längeren Zeitraum hinweg auf einen Teil seines Lohns verzichtet, muss sehen, wie er seine laufenden Kosten deckt. Hast du genug Ersparnisse bzw. reicht dein Gehalt als Pflegekraft, um deinen bisherigen Lebensstandard zu halten? Wenn nicht, wo kannst du hin herunterschrauben? Diese Fragen solltest du dir stellen. Ein Sabbatical in der Pflege ist kein kurzfristiges Projekt, sondern bedarf längerer Planung. Dadurch hast du die Möglichkeit, bereits vorab die nötigen Rücklagen für deine Pläne anzusparen. Je mehr Geld du auf der hohen Kante hast, desto entspannter kannst du dir im Laufe des Sabbaticals schließlich deine Wünsche erfüllen.
Des Weiteren solltest du dich darauf einstellen, dass dich der Wiedereinstieg in den Pflegejob nach einer längeren Auszeit erstmal überfordern kann. Vor allem, wenn du bislang immer 100 Prozent im Job gegeben hast. An das Arbeitspensum, eventuell neue Strukturen und Kollegen in deiner Einrichtung musst du dich wieder gewöhnen. Da du aber höchstwahrscheinlich erholt und motiviert zurückkehrst, wird dir dies bestimmt nicht schwerfallen.
In vielen Unternehmen ist ein Sabbatical üblicherweise erst nach dreijähriger Betriebszugehörigkeit möglich. Gerade kleinere Betriebe können weniger auf ihre Mitarbeiter:innen verzichten als große. Der aktuelle Fachkräftemangel im Pflegebereich bereitet deinem Arbeitgeber wahrscheinlich Bauchschmerzen, wenn du nach einem Sabbatjahr fragst. Der Weg kann also steinig werden kann und eventuell sind mehrere Anläufe und Gespräche nötig, um dein Ziel zu erreichen.
Sobald du für dich die Entscheidung getroffen hast, dass du bereit für eine Auszeit bist, solltest du deinen Arbeitgeber informieren. Besprecht gemeinsam alle Möglichkeiten – je früher, desto besser. Denn je nach Finanzierungsmodell musst du noch eine ganze Zeit Geduld aufbringen, bevor du in deine wohlverdiente Me-Time starten kannst.
Hat deine Chefin oder dein Chef das Go für das Sabbatical gegeben, geht es daran, alles Besprochene festzuhalten. Am besten mithilfe eines eigenen Sabbatical-Vertrages, damit der Anspruch auf deine bisherige Position auch nach deiner Rückkehr noch besteht.
In einem solchen Vertrag sollte nicht nur die Dauer der geplanten Abwesenheit festgehalten werden, sondern auch das vereinbarte Finanzierungsmodell sowie die entsprechende Vergütung während deiner Auszeit. Der Vertrag sollte zudem eine klare Beschreibung der Aufgaben in deiner Position nach deiner Rückkehr enthalten. Weiterhin einen Hinweis auf die Fortzahlung aller Sozialversicherungsleistungen im Sabbatical und einen Satz zum Kündigungsschutz während deiner Abwesenheit.
Ist alles in trockenen Tüchern, kannst du tief durchatmen und dich an deine Pläne machen: Denn zurücknehmen oder plötzlich doch wieder verbieten kann ein Unternehmen die Sabbatical-Vereinbarung nicht mehr.
Hast du das Bedürfnis, dir eine berufliche Auszeit aus der Pflege zu nehmen und sprechen deine persönlichen Voraussetzungen dafür, lohnt es sich, für ein Sabbatical zu kämpfen. Wer in der Pflege fremder Menschen alles gibt, vernachlässigt manchmal die Selbstpflege. Der Mut zur Pause wird also gleich mehrfach belohnt: Mit ganz neuen Blickwinkeln auf dich und dein bisheriges (Job-)Leben, mit Weiterentwicklung und persönlichem Wachstum und vielen wertvollen neuen Erfahrungen.
Katharina Klein