Die Digitalisierung des Gesundheitswesens verändert den Arbeitsalltag der medizinischen und pflegerischen Fachkräfte. Wir haben Pflegekräfte nach ihrer Meinung zu dem Thema gefragt.
An unserer Online-Umfrage im September 2021 nahmen rund 1.300 Menschen teil, darunter überwiegen Gesundheits- und Krankenpfleger:innen sowie Altenpfleger:innen. Wir haben sie dazu befragt, wie sie die eigenen digitalen Kompetenzen einschätzen, ob sie sich ausreichend fortbilden können und ob sie private Apps und Endgeräte zur Organisation des Arbeitsalltags einsetzen. Außerdem wurden die Teilnehmer:innen gebeten, den Einsatz digitaler Sprechstunden zu bewerten und eine Einschätzung zu Pflegerobotern zu geben.
Das Thema Digitalisierung im Berufsalltag nimmt einen hohen Stellenwert beim Gesundheitspersonal ein. Auf die Aussage „Das Thema Digitalisierung im Berufsalltag ist wichtig für mich“ antworteten 61 Prozent mit „trifft zu“ und „trifft eher zu“. Für 28 Prozent der Pflegekräfte stimmt dies zum Teil. Nur 10 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen gaben an, dass das Thema Digitalisierung eher keine Rolle für sie spielt.Knapp 70 Prozent der Befragten sind grundsätzlich eher aufgeschlossen gegenüber neuen Technologien und digitalen Kommunikationsmitteln. Lediglich 10 Prozent stehen neuen Technologien skeptisch gegenüber. Ungefähr jede:r Fünfte, macht es von der Art der Technologie abhängig.
Rund 6 von 10 Fachkräften schätzen ihre digitale Kompetenz im Umgang mit Smartphone und Computer als hoch ein. 27 Prozent würden sich nur teilweise eine hohe Kompetenz zusprechen, während rund 12 Prozent befragten Pflegekräfte ihr Wissen im Umgang mit digitalen Kommunikations- und Arbeitsmitteln als eher gering einstufen.
Eine Mehrheit der Umfrageteilnehmer:innen findet, dass digitale Hilfsmittel und neue Techniken eine Hilfe im Arbeitsalltag sind. Circa 15 Prozent hingegen sind der Meinung, dass ihre Arbeit dadurch komplizierter wird. Circa 14 Prozent der Befragten, gaben an, dass sich ihr Alltag in der Pflege dadurch nicht verändert. 8,7 Prozent antworteten mit „ich weiß es nicht“.
Einige der Pfleger:innen kommentierten ihre Antworten mit den Vor- und Nachteilen, die sie vor allem in der Pflegedokumentation sehen. So schrieb eine Fachkraft, „…es ist eine große Entlastung, da viele Daten automatisch übertragen werden.“ Eine andere ist jedoch der Meinung: „Es ist umständlich, da man oft doppelt bzw. analog und digital dokumentiert.“
Deutlich mehr als die Hälfte des Gesundheitspersonals (57 Prozent) stimmte der Aussage zu, im Arbeitsalltag oft private Apps und Messenger, wie WhatsApp, zur Abstimmung und Kommunikation mit Kolleg:innen einzusetzen. Weitere 19 Prozent gaben an, dass diese Aussage zumindest zum Teil stimmt. Als eher nicht oder nicht zutreffend empfanden knapp 24 Prozent diese Aussage. Das Ergebnis zeigt die hohe Nachfrage nach leicht anwendbaren digitalen Kommunikationsmitteln zur Organisation des Pflege- und Krankenhausalltags. Gleichzeitig ist die Nutzung privater Kommunikationsmittel und vieler Messenger-Dienste im Arbeitsumfeld datenschutzrechtlich sehr bedenklich und arbeitsrechtlich in der Regel nicht erlaubt.
Mit Blick auf Fortbildung und Schulungen für den Einsatz digitaler Technik sehen sich fast 19 Prozent der befragten Pflegekräfte als nicht oder eher nicht ausreichend fortgebildet. Knapp 47 Prozent des Gesundheitspersonals fühlen sich im Umgang mit neuer, digitaler Technik hingegen gut oder eher gut geschult. Ein gutes Drittel gibt an, sich zumindest teilweise gut vorbereitet zu sehen.
Auf die Frage „Finden Sie, Videosprechstunden sind eine sinnvolle Ergänzung der medizinischen Versorgung?“ antworteten nur 43,7 Prozent des befragten Gesundheitspersonals mit Ja. 40,7 Prozent sehen in Videosprechstunden keine sinnvolle Ergänzung in der Patientenversorgung. 15,6 Prozent waren unentschieden. In den Kommentaren zu ihren Antworten schrieben viele Pflegekräfte, dass Videosprechstunden eventuell für Nachkontrollen, für die Vermeidung langer Wartezeiten und für Menschen, die weit von der nächsten Arztpraxis entfernt wohnen, gut sein könnten. Andere Teilnehmer:innen bewerten die virtuelle Arztkonsultation jedoch als unpersönlich und nicht für verlässliche Diagnosen geeignet.
Knapp 70 Prozent der Pfleger:innen gehen nicht davon aus, dass Roboter das Personal in Krankenhäusern und Altenheimen in absehbarer Zukunft spürbar entlasten werden. Vorstellen können sich das lediglich knapp 16 Prozent. Weitere 15,69 Prozent gaben an, dies nicht einschätzen zu können. Auch wenn Pflegeroboter irgendwann an einigen Stellen vielleicht Hilfsarbeiten verrichten, lehnen viele der Umfrageteilnehmer:innen sie insgesamt ab und finden, dass Pflege nur von Menschen durchgeführt werden sollte.
Das Bundesgesundheitsministerium möchte die Digitalisierung im Gesundheitswesen in diesem Jahr vorantreiben. Die Telematik-Infrastruktur wird weiter ausgebaut und die elektronische Patientenakte sowie E-Rezpete sollen bald für alle verfügbar sein. Für die Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen stellt die Digitalisierung jedoch weiterhin eine große Herausforderung dar, vor allem was die Schaffung der technischen Voraussetzungen und die Schulung des Personals betrifft. Die MEDWING-Umfrage ergab, dass viele Pflegekräfte motiviert sind und sich in der Lage fühlen, die Vorteile digitaler Prozesse für sich zu nutzen. Dafür müssen sie jedoch in die Veränderungen einbezogen werden und die neue Technologie darf kein zusätzlicher Zeitfresser sein, sondern muss durch Benutzerfreundlichkeit überzeugen. Im Mittelpunkt der Pflege steht jedoch weiterhin die empathische Kommunikation von Mensch zu Menschen – diesen Standpunkt vertritt die Mehrheit der Pflegenden ganz klar.