In einer von MEDWING durchgeführten Umfrage zu den aktuellen Arbeitsbedingungen in der Pflege wurden Angaben von Pfleger:innen in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen verglichen. Um möglichen Ursachen der Unterschiede zwischen den beiden Jobmodellen auf den Grund zu gehen, wurde zunächst die deutschlandweite Entwicklung sowie die generellen Angaben in beiden Einrichtungen dargestellt. Im nächsten Schritt erfolgte eine detailliertere Analyse zu den unterschiedlichen Arbeitsmerkmalen und festgestellten Vor- und Nachteilen der jeweiligen Arbeitsmodelle. Die Analyse endet mit einem abschließenden Ausblick auf zukünftige Pflegemodelle in Deutschland.
In der MEDWING Umfrage zu den aktuellen Arbeitsbedingungen in der Pflege 2018 sind interessante Ergebnisse im Hinblick auf stationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste zum Vorschein gekommen.
Insgesamt haben an der Umfrage deutschlandweit über 2.700 Pflegekräfte teilgenommen – von examinierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen, Altenpfleger:innen bis hin zu Pflegedienst- und Wohnbereichsleiter:innen.
Im zweiten Teil der Umfragereihe ist bereits herausgekommen, dass sich Pflegekräfte gerade bei ambulanten Pflegediensten durch die Patient:innen besonders wertgeschätzt fühlen. Im nächsten Schritt werfen wir nun einen genaueren Blick auf die deutschlandweite Entwicklung der beiden Pflegemodelle.
Laut Statista ist die Anzahl der Pflegebedürftigen, die durch ambulante Pflegedienste versorgt werden, in den letzten Jahren rasant gestiegen. Zwischen 2013 und 2015 waren es sogar über 12 Prozent. Bei den Pflegebedürftigen in stationären Heimen gab es nur ein Wachstum von 2,5 Prozent.
Die steigende Zahl der Pflegebedürftigen hat sich vor allem in den letzten Jahren bei ambulanten Pflegediensten bemerkbar gemacht. Mit einem Wachstum der ambulanten Pflegedienste von über 12 Prozent zwischen 2013 und 2015 waren die Ergebnisse verglichen mit dem stationären Pflegebereich sogar fünfmal so hoch (Statistisches Bundesamt 2015).
Laut des monatlichen Gründungsradars des pm pflegemarkt.com werden jeden Monat im Durchschnitt rund 60 Pflegedienste neu gegründet. Deutschlandweit sind Pflegedienste an über 14.700 Standorten aktiv mit konstant steigender Zahl. Gerade auf der Anbieterseite der ambulanten Pflegedienste versuchen nun auch immer mehr private Pflegeheimträger in die ambulante Pflege einzusteigen.
Beide Einrichtungen sind größtenteils in der Altenpflege zu verordnen, weisen jedoch vollständig unterschiedliche Strukturen und Arbeitsmodelle auf, die gleichzeitig Auswirkungen auf die wahrgenommen Arbeitsbedingungen bei Pflegekräften haben. Zunächst sollte jedoch ein genauer Blick auf die generellen Angaben der Umfrageteilnehmer:innen geworfen werden.
Aus beiden Bereichen waren die meisten Pflegekräfte bei privaten Trägern angestellt. Während es bei ambulanten Pflegediensten mit 63 Prozent schon deutlich mehr als die Hälfte waren, lagen stationäre Pflegeeinrichtungen mit 46 Prozent knapp unter der Hälfte.
Rund 27 Prozent der Teilnehmer:innen arbeiteten hingegen bei öffentlichen Pflegeheimen. Gerade bei diesen Daten lässt sich deutlich erkennen, dass ein Großteil deutscher ambulanter Pflegedienste zu privaten Trägern gehört.
Hinsichtlich der Ausbildung der Pflegekräfte lassen sich bei den beiden Einrichtungen auch deutliche Unterschiede erkennen. Während bei stationären Pflegeeinrichtungen ein Großteil der examinierten Altenpfleger:innen, Altenpflegehelfer:innen und auch Krankenpflegehelfer:innen angestellt waren, sieht die Verteilung beim ambulanten Pflegedienst deutlich anders aus.
In stationären Pflegeeinrichtungen waren beispielsweise nur 8 Prozent aller examinierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen angestellt. Beim ambulanten Pflegedienst waren es rund 12 Prozent und damit lag der ambulante Pflegedienst nach der Intensivstation auf Platz zwei der Pflegeabteilungen bei Krankenpfleger:innen.
Geht man nun genauer auf die Arbeitsbedingungen in den beiden Pflegeeinrichtungen ein, werden die unterschiedlichen Arbeitsstrukturen deutlich.
Beim ambulanten Pflegedienst wurde beispielsweise öfter angegeben, dass man Einfluss auf die zugeteilten Schichten habe als bei stationären Pflegeeinrichtungen. Dies hängt womöglich damit zusammen, dass im ambulanten Pflegedienst hauptsächlich in Früh- oder Spätschichten gearbeitet wird, da die Patient:innen nachts häufig von Angehörigen betreut werden.
Bei stationären Pflegeeinrichtungen hingegen ist das nicht der Fall. Hier müssen die Patient:innen rund um die Uhr betreut werden, da es sich oftmals um schwerwiegendere Pflegefälle handelt, die nicht mehr alleine zu Hause leben könnten. Hinzu kommt, dass bei stationären Pflegeeinrichtungen aufgrund von strengen und peniblen Dokumentationspflichten der Anteil an pflegefernen Aktivitäten am höchsten ist. Bei ambulanten Pflegediensten herrscht zwar die gleiche Dokumentationspflicht, jedoch muss hier häufig weniger dokumentiert werden, weil die Patient:innen selbstständiger sind.
Auf der anderen Seite wurde in stationären Pflegeeinrichtungen etwas seltener angegeben, dass man zusätzliche Überstunden machen musste. Dies kann möglicherweise damit zusammenhängen, dass die Pflegekräfte in ambulanten Pflegediensten eine festgelegte und genau durchgeplante Route erhalten, die des Öfteren wegen ungeplanten längeren Aufenthalten vom Zeitplan abweichen kann. Wird bei einem Patienten in der Route etwas mehr Zeit benötigt als geplant, verschiebt sich der gesamte Zeitplan automatisch nach hinten. Auch fiel der Pflegeschlüssel bei ambulanten Pflegediensten höher aus als bei stationären Einrichtungen.
Generell schnitten beide Einrichtungen mit Abstand am besten ab, was die wahrgenommene Wertschätzung anging.
Bei ambulanten Pflegediensten fiel sie jedoch noch höher aus. Der Grund dafür könnte in den unterschiedlichen Strukturen der Pflegemodelle liegen. Während im ambulanten Dienst meistens großen Wert darauf gelegt wird, dass die Pflegekräfte in ihren Schichten immer wieder die gleichen Routen abfahren und über einen längeren Zeitraum eine engere Beziehung zu den Patient:innen und Angehörigen aufbauen, ist man bei stationären Pflegeeinrichtungen im Team für mehrere Patient:innen gleichzeitig zuständig. Zwar hat man in stationären Pflegeeinrichtungen die Verantwortung im Team und ist somit deutlich seltener auf sich alleine gestellt, auf der anderen Seite hat man jedoch viel seltener Zeit für einen einzelnen Patienten und muss häufiger mehrere Sachen gleichzeitig im Auge behalten.
Generell weisen beide Pflegemodelle ihre Vor- und Nachteile auf. Man sollte für sich persönlich entscheiden, wie man sich einschätzt und dementsprechend die Wahl treffen. Hinsichtlich der ambulanten Pflege lässt sich nur sagen, dass sie in Zukunft sehr wahrscheinlich noch eine größere Rolle spielen wird als heute. Mit dem zunehmenden demografischen Wandel in Deutschland und einer wachsenden Zahl an Pflegebedürftigen stellt sie eine kostengünstigere und oftmals patientenfreundlichere Alternative zu stationären Einrichtungen dar. In der ambulanten Pflege wird es nämlich den Patient:innen weiterhin ermöglicht, in ihrem gewohnten Umfeld zu leben und gleichzeitig nicht komplett auf sich alleine gestellt zu sein.