Nach einem wochenlangen Hin und Her ist es nun fix: Im zweiten Bevölkerungsschutzgesetz wurde am 14. Mai vom Bundesrat und Bundestag festgelegt, dass Altenpfleger während der Corona-Pandemie einmalig eine Prämie von bis zu 1500 Euro erhalten sollen. Dabei übernimmt die Pflegekasse 1000 Euro, Länder oder Arbeitgeber sollen 500 Euro beisteuern. Die steuerliche Entlastung ist dabei noch nicht ganz klar, ebenfalls ob Länder und Arbeitgeber wirklich mitmachen, wie der „Spiegel” berichtet.
Die Krankenpflegekräfte fehlen in diesem Gesetzespaket komplett, auch wenn sie in der Corona-Krise vielerorts an vorderster Front arbeiten. Mal abgesehen davon, dass das Arbeitszeitgesetz aufgrund der Krise ausgehebelt wurde, was bedeutet, dass ihre Arbeitszeiten von achteinhalb auf zwölf Stunden ausgeweitet wurden. Ebenso wurde das Gesetz für die Personaluntergrenze ausgehebelt. Es gibt derzeit keine genauen Angaben, wann dies wieder geändert wird. De facto müssen also jetzt Pflegekräfte mehr arbeiten und bekommen auch keinen Cent mehr. Von der Würdigung einer systemrelevanten Branche, für die man die letzten Wochen so eifrig geklatscht hat, fehlt also weiterhin jede Spur.
Sehr treffend hat das jetzt der Deutsche Bundesverband für Pflegekräfte zusammengefasst, genauer gesagt, Prof. Christel Bienstein, Präsidentin des DBfK: „Die jetzt nach längerem und streckenweise unwürdigem Geschacher um ihre Finanzierung bewilligte Prämie ist leider ein Dankeschön mit fadem Beigeschmack. Über Wochen konnten die Pflegenden erleben, dass die Prämie zwar vollmundig versprochen, dann aber ein Streit darüber ausgetragen wurde, wer sie bezahlen soll. Am Ende kann vorläufig nur noch mit zwei Dritteln des seinerzeit angekündigten Bonus-Betrags gerechnet werden – und zahlen müssen ihn die Beitragszahler der Sozialversicherungen. Das ist nur eine von mehreren Ungerechtigkeiten, die diese Prämie überschatten. Noch gravierender ist, dass die Mitarbeiter/innen in der Akutpflege vollständig leer ausgehen. Dabei haben gerade sie die besonders schwer Erkrankten versorgt und mussten dabei oft weit über ihre Belastungsgrenze gehen – mit hohem Risiko, sich anzustecken. Auch die Mitarbeitenden in Behinderteneinrichtungen oder der Rehabilitation wurden ‚vergessen‘. Die Ausgestaltung der Prämie ist damit ein weiteres Lehrstück für „Würdigung“ einer systemrelevanten Beschäftigtengruppe, die sich auf warme Worte, wohlklingende Versprechen und kaum greifbare Zusagen beschränkt. Die professionell Pflegenden hätten Besseres verdient!“.
Es ist wirklich schwer zu glauben, aber im Moment sieht es wieder ganz so aus, als ob nach dieser Krise alles beim Alten bleiben dürfte. Damit schwindet auch zusehends die Wahrscheinlichkeit, dass die Pflegebranche, die mehr Geld, besser Arbeitsbedingungen und mehr Wertschätzung fordert, demnächst bessere Chancen haben wird, diese Forderungen auch zeitnah durchzusetzen. Dabei sind genau diese so dringend notwendig, um dem drohenden Pflegenotstand entgegenzuwirken. Es gibt zwar Initiativen, wie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), die aktiv dem Fachkräftemangel entgegenwirken und für neuen Ausbildungsmöglichkeiten in der Pflege werben will, doch mal ehrlich, wer will zukünftig in der Krankenpflege arbeiten, wenn eine gesamte Branche gerade medienwirksam veräppelt wird mit halbherzigen Versprechungen. So wird das extrem schwierig, dem Pflegenotstand ernsthaft etwas entgegenzusetzen.
Julia Wagner