Im Notfall gut versorgt mit einer Patientenverfügung

Inspiriert von der faszinierenden Welt der Medizin und Pflege, möchte unser Redaktionsteam sich mit Fachkräften austauschen, Perspektiven aufzeigen mit Interviews und Reportagen, um die Vielfalt des Pflegealltags zum Ausdruck bringen.

In jedem Lebensalter können Ereignisse eintreten, in denen wir nicht mehr fähig sind, selbst Einwilligungen zu treffen. Gerade was medizinische Maßnahmen betrifft, macht es Sinn, eine Patientenverfügung zu erstellen, in der festgelegt werden kann, was wir uns im Falle des Falles wünschen oder auch ablehnen. Dabei geht es vor allem um medizinische Maßnahmen, die große Auswirkungen auf unser Leben haben, beispielsweise bei einem schweren Unfall oder einem Wachkoma.

Grundsätzlich haben sich die Vorgaben für eine derartige Verfügung in 2020 nicht geändert, allerdings gibt es einige Kriterien die beachtet werden sollten. Wir stellen diese im folgenden vor.

Wie muss eine Patientenverfügung formuliert sein?

Eine Patientenverfügung muss so konkret wie möglich sein, das heißt, man sollte darin sehr spezifisch auf die erlaubten und abgelehnten medizinischen Maßnahmen eingehen. Mit Blick auf das BGH Urteil vom Juli 2016 ist dies zwingende Voraussetzung. So darf eine Patientenverfügung nicht zu viel Interpretationsspielraum zulassen, andernfalls kann es sein, dass sie im Notfall nicht rechtlich bindend ist.

Falsch wäre hier beispielsweise der folgende Satz: „Ich möchte keine lebensverlängernden Maßnahmen“. Richtig hingegen wäre die konkretere Variante: „Ich lehne es ab, mit einer PEG-Sonde künstlich ernährt zu werden. Zudem eine Dialyse und maschinelle Beatmung, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass ich in einem dauerhaften Zustand der Bewusstlosigkeit bleibe.“ Je genauer die Patientenverfügung auf konkrete Situationen eingeht, umso klarer kann der Arzt erkennen, in welchen Situationen er wie vorgehen soll. Im Falle, dass die Patientenverfügung zu unklar ist, wird sie auch hier unwirksam. An dieser Stelle ein falsches Beispiel: „Ich möchte nicht wiederbelebt werden, wenn ich langfristige Schäden davon trage.“ Richtig hingegen: „Ich möchte nicht wiederbelebt werden, wenn ich ohne durchgehend gesicherte Thoraxkompression mehr als zehn Minuten einen bestehenden Herz-Kreislauf-Stillstand habe.“

Was muss in einer Patientenverfügung stehen?

In jeder Patientenverfügung sollten Angaben zu verschiedenen Bereichen gemacht werden, darunter zum aktuellen Gesundheitszustand und Lebenssituation, zur Reanimation, zur Intensivmedizinischen Therapie, zur Palliativen Therapie, zu Diagnose- und Therapieverfahren sowie zur minimal notwendigen Lebensqualität.

  • Lebensqualität und aktueller Gesundheitszustand: Wie ist der Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der PV, gibt es eine chronische Erkrankung und wird Pflege im Alltag benötigt?
  • Reanimation: Soll im Notfall wiederbelebt werden, unter welchen Umständen wird eine solche abgelehnt und wann soll ein Versuch der Reanimation abgebrochen werden?
  • Intensivmedizinische Therapie:Soll es intensivmedizinische und erforderliche Operationsmaßnahmen geben, gibt es Grenzen der Behandlung, wann soll eine intensivmedizinische Maßnahme oder eine palliative Behandlung abgebrochen werden?
  • Palliative Therapie: Wie ist die grundsätzliche Haltung gegenüber palliativen Behandlungsmaßnahmen, wann wird lebensverlängernden Maßnahmen widersprochen und werden Behandlungsmaßnahmen aus der Palliativmedizin vorgezogen?
  • Therapie- und Diagnoseverfahren: Gibt es bestimmte Verfahren, die abgelehnt werden? In einer Patientenverfügung kann auch explizit auf die Themen künstliche Beatmung, Gastroskopie, extrakorporale Organersatzverfahren oder PEG-Sonden eingegangen werden.
  • Lebensqualität: Je konkreter eine Patientenverfügung verfasst wurde, umso besser. Allerdings kann auch die beste nicht alle Situationen erfassen. Hier macht es Sinn, noch einmal festzulegen, was in Situationen passieren soll, auf die die Patientenverfügung nicht eingeht. Dafür sollte die mindest notwendige Lebensqualität festgelegt werden, die Ärzte dabei unterstützt, den mutmaßlichen Willen des Patienten zu ermitteln.

Weitere Angaben: Neben den oben genannten Punkten sollte die Patientenverfügung auch weitere Angaben beinhalten, darunter Informationen zur Organspende, Seelsorge, zum gewünschten Sterbeort und zur klinischen Obduktion. Die Patientenverfügung muss zwingend unterschrieben sein, um wirksam zu werden.

Wichtig zu wissen: Eine vollumfängliche Patientenverfügung ist eine große Herausforderung für Verfasser und ohne professionelle Hilfe kaum möglich. Schließlich müssen darin viele medizinische Bereiche erfasst werden. Es empfiehlt sich daher, sich von Ärzten und medizinischem Fachpersonal beraten zu lassen. Eine anwaltliche Beratung ist in den meisten Fällen nicht erforderlich. Im Internet gibt es zahlreiche Vorlagen, die man sich für einen ersten Überblick herunterladen kann.

Wo bewahre ich eine Patientenverfügung am besten auf?

Nicht selten werden Patientenverfügungen nicht wirksam, weil sie im Notfall nicht gefunden werden. Daher ist es wichtig, einen geeigneten Aufbewahrungsort zu finden und auch Vertraute darin einzuweihen. Bei einigen Anbietern können Patientenverfügungen auch online hinterlegt werden. Hierfür bekommen die Verfasser im Anschluss einen Signalaufkleber mit einem QR-Code, der mittels Scan direkt zur Patientenverfügung leitet. Dieser Aufkleber kann beispielsweise auf die Gesundheitskarte geklebt werden kann, denn diese wird von Ärzten im Notfall als erstes gesucht.

Sabrina Lieb

Das könnte Dich auch interessieren:

Alle Artikel ansehen