Was macht eine Advanced Practice Nurse, wie ist das Studium aufgebaut und welche Tätigkeiten führst du später aus? Wir geben dir die wichtigsten Infos zu diesem interessanten Berufszweig der Pflege.

Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel in medizinischen und pflegerischen Berufen stellt neue Anforderungen an Pflegekräfte. Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung der Menschen werden Krankheitsbilder komplexer und Multimorbidität ist weiter verbreitet. Pflegekräfte müssen ihr Fachwissen ständig erweitern und schon jetzt immer häufiger ärztliche Aufgaben sowie Beratung übernehmen. Vor allem auf dem Land fehlen Fach- und Hausärzt:innen. Advanced Practice Nurses können diesen Anforderungen gerecht werden und entsprechende Lücken füllen. Auf Deutsch kann man diesen Beruf in etwa mit Pflegeexpert:in übersetzen. Andere internationale Begriffe für diesen Beruf sind unter anderem Nurse Practitioner, Clinical Nurse Specialist, Nurse Consultant oder Public Health Nurse.

Definition: Was ist eine Advanced Practice Nurse?

In vielen Ländern sind Advanced Practice Nurses (APN) längst etabliert. Das Konzept entstand in den USA und kommt dort, sowie in Kanada, schon seit den Sechziger Jahren erfolgreich zum Einsatz. In den Niederlanden, Australien oder Neuseeland gibt es ebenfalls viele Stellenangebote für Pflegeexpert:innen. In anderen Ländern wie Österreich, der Schweiz oder Deutschland befindet sich dieses Berufsbild erst in der Entwicklungsphase.

Eine Advanced Practice Nurse ist in der Lage, ihre Kompetenzen als Pflegefachperson mit erweiterter klinischer Praxis und wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie Spezialwissen zu verbinden. Die „eine“ Definition für alle Advanced Practice Nurses gibt es nicht, denn die Spezialisierungsmöglichkeiten für Pflegeexpert:innen sind vielfältig. Sie umfassen sowohl verschiedene Krankheitsbilder (zum Beispiel chronische und psychische Krankheiten oder Krebs) als auch Tätigkeiten im Management oder der Prozessoptimierung.

Aufgaben und Kompetenzen von Advanced Practice Nurses

In den Ländern, in denen APN schon lange zur Gesundheitsversorgung beitragen, haben sie viel Handlungsspielraum. Sie stellen dort selbstständig Diagnosen, verordnen Medikamente und Hilfsmittel oder überweisen Patient:innen an Einrichtungen des Gesundheitswesens. Weiterhin umfasst das Berufsbild Advanced Practice Nurse die Entwicklung von Konzepten zur gesundheitlichen Prävention und Versorgung, Führungs- und Beratungstätigkeiten sowie Forschung. Advanced Practice Nurses arbeiten außerdem oft als Community Health Nurses in der kommunalen Gesundheitsversorgung.

Ausbildung: Das Advanced Nursing Practice-Studium im Überblick

Du hast die Möglichkeit, Advanced Nursing Practice sowohl als Bachelor als auch als Master zu studieren. Die pflegerische Praxis auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse steht dabei immer im Vordergrund. Du erweiterst deine beruflichen Fähigkeiten durch theoretische Kenntnisse sowie medizinische Spezialisierungen und erschließt dir so neue Aufgabenfelder.

Bachelor- und Masterstudium setzen sich aus verschiedenen Modulen und Wahlbereichen zusammen. Hauptsächlich stammen diese aus den Feldern Pflegewissenschaft und -management sowie aus medizinischen und weiteren wissenschaftlichen Fachbereichen. Zusätzlich absolvierst du Praktika und praktische Seminare. Je nach Hochschule werden dir unterschiedlichste Themenfelder und Spezialisierungen geboten. Deshalb solltest du vorher gut überlegen, worauf du später deinen Fokus legen möchtest und die Hochschule danach auswählen.

Module und Wahlfächer des Studiums sind zum Beispiel:

• Gesundheitsmanagement
• Case- und Caremanagement
• Qualitätsmanagement
• Personalmanagement und Kommunikation
• Pflegeinformatik
• Schmerzmanagement
• Gerontologie
• Klinische Krankheitsbilder
• Gesundheitsförderung und Prävention
• Chronische Krankheiten
• Demenz
• Onkologie
• Palliative Care

Dauer und Abschluss des Studiums

Die Regelstudienzeit für den Bachelor in Advanced Nursing Practice beträgt ca. drei Jahre, ein Master dauert ca. zwei Jahre. Viele Studiengänge sind aber von vornherein berufsbegleitend bzw. als Fernstudium angelegt, sodass du oft etwas länger studierst. Dafür kannst du aber auch während deines Studiums weiter Geld verdienen. Allerdings erfordert ein solches Studienmodell Engagement, Organisationsfähigkeit, Motivation, Eigenständigkeit und Disziplin. Der Ablauf des Studiums gliedert sich in Präzensphasen, zum Beispiel am Wochenende oder in Blockveranstaltungen und selbstständiges Lernen. Du schließt das Studium mit einer Bachelor- bzw. einer Masterarbeit ab.

Voraussetzungen für den Studiengang Advanced Nursing Practice

Um ein Advanced Practice Nursing-Studium beginnen zu können, benötigst du eine abgeschlossene Berufsausbildung als Pflegefachkraft und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung. Zugangsvoraussetzung für ein Studium ist eigentlich auch das Abitur bzw. die Fachhochschulreife. Aber: An vielen Hochschulen hast du als Pflegekraft die Chance, diese Bedingung durch eine zusätzliche Prüfung oder aufgrund deiner mehrjährigen Berufstätigkeit zu umgehen. Einige Hochschulen fordern ein Motivationsschreiben von dir. Wenn du den Master machen willst, kommt als Voraussetzung ein Bachelorabschluss bzw. ein Diplom in einem passenden Studienfach dazu.

Neben diesen formalen Anforderungen solltest du Charaktereigenschaften wie Empathie, Sozialkompetenz und Durchsetzungsfähigkeit mitbringen. Da du, vor allem mit Masterabschluss, Stellenangebote mit Führungspositionen oder in der Wissenschaft annehmen kannst, solltest du Führungsqualitäten mitbringen und Wert auf gute Organisation, Sorgfalt sowie Effektivität legen.

Advanced Nursing Practice kannst du zum Beispiel an diesen Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz studieren:

• Evangelische Hochschule in Dresden
• Fachhochschule in Bielefeld
• Fliedner Fachhochschule in Düsseldorf
• Frankfurt University of Applied Sciences in Frankfurt am Main
• Hochschule für Gesundheit in Bochum
• MSH Medical School in Hamburg
• Universität Basel
• Berner Fachhochschule
• Fachhochschule Oberösterreich in Linz
• Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Salzburg

Arbeitsorte und Karrierewege von Advanced Practice Nurses

Als Pflegeexpert:in stehen dir unzählige Einsatzbereiche offen. Deine Arbeitsplätze sind Krankenhäuser, Pflege- und Reha-Einrichtungen oder ambulante Pflegedienste. In nächster Zeit sollen Arbeitsplätze für Community Health Nurses entstehen, zum Beispiel in kommunalen Versorgungszentren. Auch diesen Aufgabenbereich kannst du als APN übernehmen. An wissenschaftlichen Instituten, bei Gesundheitsorganisationen oder bei sozialen Trägern können Advanced Practice Nurses ebenso Arbeit finden. Wenn du die Pflege am Bett liebst, kannst du sie weiter ausführen, gleichzeitig aber mehr Entscheidungen selbstständig treffen. Dein akademischer Abschluss befähigt dich, therapeutische oder rehabilitative Maßnahmen umzusetzen und leitende sowie beratende Tätigkeiten zu übernehmen. Mit einem Master hast du außerdem die Option, deinen Schwerpunkt auf die Forschung, die Lehre oder das höhere Management im Pflegebereich zu legen.

Gehalt: Wie viel verdient man als Advanced Practice Nurse?

Leider gibt es, was das Gehalt von APN betrifft, in Deutschland bisher wenige Vergleichsgrößen. Auf jeden Fall gilt: Mit einem Studium kannst du in der Pflege meist mit einem besseren Gehalt rechnen, als ohne. Da du als Pflegeexpert:in akademisches Wissen, Spezialisierungen und Führungskompetenzen vorweist, liegt dein Gehalt mindestens auf dem Niveau anderer pflegewissenschaftlicher Absolvent:innen, wenn nicht sogar darüber. Einflussfaktoren auf dein Einkommen sind weiterhin, ob du in einer kommunalen oder privaten Einrichtung arbeitest, wie viel Berufserfahrung du allgemein hast, in welchem Bundesland du tätig bist und wie viel Verantwortung du trägst. Stellenangebote in größeren Städten wie München oder Berlin bieten Advanced Practice Nurses oft besseres Gehalt. Ab 2.500 Euro mit Bachelorabschluss bzw. 3.500 Euro mit Masterabschluss sollte dein Einkommen als APN anfangen – schließlich soll sich das Studium auszahlen.

Diese Chancen und Vorteile bringt das Konzept der Pflegeexpert:innen

Im deutschsprachigen Raum ist das Modell der Advanced Practice Nurse noch wenig erprobt. Durch gesetzliche Änderungen in den letzten Jahren sind jedoch erste Schritte in Richtung Erweiterung des Kompetenzbereichs und Förderung der Akademisierung der Pflege unternommen worden. So sorgt die Pflegereform 2021/2022 dafür, dass heilkundliche Tätigkeiten auf Pflegefachpersonen übertragen werden können. Diese sind in der Heilkundeübertragungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses aufgeführt.

Der Beruf der Advanced Practice Nurse birgt wesentliche Potenziale zur Verbesserung der Pflegequalität, der medizinischen Versorgung und der Personalsituation in der Pflege. Advanced Nursing Practice hat positive Einflüsse auf das Gesundheitssystem – das zeigen die guten Erfahrungen aus den angelsächsischen Ländern. So können beispielsweise gesundheitliche Risiken für Patient:innen und Bewohner:innen gesenkt und Ärzt:innen entlastet werden. Der Einsatz von Pflegeexpert:innen bringt Kliniken ökonomische Vorteile und Wettbewerbsvorteile. Sie können zusätzliche Leistungen und Expertise anbieten. Die professionellen und finanziellen Möglichkeiten des Berufs der APN steigern außerdem die Attraktivität der Pflege insgesamt und stärken somit die Berufsgruppe.

Friederike Bloch