Dekubitus ist in Krankenhäusern und Pflegeheimen ein gefürchtetes Problem. Dabei lässt er sich durch entsprechende Prophylaxe in den meisten Fällen vermeiden. Wir erklären wie.
Bettlägerige Menschen sind in ihren Bewegungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Gleiches gilt für Schwerkranke, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Die Dekubitusprophylaxe in der Pflege ist für sie äußerst wichtig, denn wenn sie ihre Liege- oder Sitzposition nicht verändern können, kann es zu einem Druckgeschwür kommen. Eine Dekubitus-Behandlung ist langwierig und mit hohen Kosten verbunden. Dekubiti sind überaus schmerzhaft und stellen eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar: Die offenen Wunden sind Eintrittstore für Erreger wie Staphylokokken. Diese lösen schlimmstenfalls eine (tödliche) Sepsis aus.
Ein Dekubitus ist eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und des darunterliegenden Gewebes. Diese wird durch Druck verursacht. Darum werden Dekubiti auch als „Druckgeschwüre“, „Wundsitzen“ oder „Wundliegen“ bezeichnet. Auch Scherkräfte können einen Dekubitus hervorrufen. Diese entstehen beispielsweise, wenn der pflegebedürftige Mensch von zwei Pflegenden auf der Matratze nach oben gezogen wird.
Wenn über eine längere Zeit hinweg Druck auf eine bestimmte Körperstelle ausgeübt wird, fehlt dort die Durchblutung. Dadurch stirbt die Haut in diesem Bereich ab. Anders gesagt: Es kommt es zu einer Unterversorgung mit sauerstoff- und nährstoffreichem Blut.
Bei der Entstehung eines Dekubitus sind sieben Faktoren entscheidend:
Ein Dekubitus kann überall entstehen. Besonders kritisch sind Bereiche, in denen sich Knochenvorsprünge direkt unter der Haut befinden. Beim Sitzen im Rollstuhl besteht ohne ein spezielles Dekubitus-Kissen zur Druckentlastung beispielsweise schon nach wenigen Stunden ein Dekubitusrisiko. Sogar eine zu eng sitzende Lese- oder Sauerstoffbrille kann zu einem Druckgeschwür führen.
Häufige Stellen für Druckgeschwüre sind:
Ein Dekubitus wird in vier Kategorien eingeteilt. Es gibt allerdings auch Dekubiti, die sich keiner Kategorie zuordnen lassen. Das ist der Fall, wenn sich bereits Nekrosen gebildet haben.
Bei einem Dekubitus in diesem Stadium ist die Hautpartie gerötet, die Haut selbst ist noch intakt. Mach die Fingerprobe: Drücke mit Daumen oder Zeigefinger auf die Rötung. Wird die Stelle kurz weiß? Dann ist alles in Ordnung. Bleibt die Rötung bestehen, hast du einen Dekubitus vor dir.
In dieser Phase löst sich die oberste Hautschicht. Manchmal entsteht eine Blase. Die offene Wunde ist zwar noch oberflächlich, aber für die Betroffenen sehr schmerzhaft.
Bei einem Dekubitus der Kategorie 3 sind alle Hautschichten und das untere Fettgewebe geschädigt. Das Druckgeschwür geht bis zur Muskulatur. Die Wunde ist offen. Unter der gesunden Haut entwickeln sich im Randbereich des Dekubitus manchmal „Wundtaschen“, die vom Geschwür ausgehen.
Im letzten Stadium reicht die Schädigung bis zum Knochen. Dieser liegt frei. Sämtliche Hautschichten, Muskeln, Knochen, Gelenke oder Sehnen sind betroffen.
Wie lässt sich ein Dekubitus im Krankenhaus, Pflegeheim und bei häuslicher Pflege vermeiden? Seit dem Jahr 2000 gibt es den Expertenstandard Dekubitusprophylaxe vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege. Dieser Standard bildet das aktuelle pflegerische Wissen und vorbeugende Maßnahmen gegen Druckgeschwüre ab.
Bei stationärer Aufnahme sind die Pflegefachpersonen für die Dekubitusprophylaxe zuständig. In der ambulanten Pflege ist der Pflegedienst in der Regel nur kurz vor Ort. Das bedeutet, die Angehörigen müssen sich um die Verhinderung von Druckgeschwüren kümmern.
Bei der Aufnahme in die Klinik oder beim Einzug neuer Bewohner:innen in eine Pflegeeinrichtung sollte das individuelle Gefährdungsrisiko für einen Dekubitus eingeschätzt werden. Dabei spielt die gesundheitliche Situation eine große Rolle. Welche Krankheiten liegen vor? Gibt es Stoffwechselerkrankungen? Werden durch Sensibilitätsstörungen (beispielsweise infolge von Schlaganfällen oder bei Multipler Sklerose) bestimmt Körperteile nicht gespürt? Nimmt die oder der Pflegebedürftige Schmerz- oder Beruhigungsmittel, sodass sie bzw. er Druckschmerzen selbst nicht wahrnimmt?
Zur Dekubitusprophylaxe gehört, täglich die Haut zu kontrollieren. Für die Körperhygiene und zur Hautpflege eignen sich ausschließlich milde, hautschonende Mittel mit einem pH-Wert von unter 6. Wichtig ist, die Haut trocken zu halten. Nach der Grundpflege sollten die frisch gewaschenen Körperpartien gut abgetrocknet werden. Durchnässte Inkontinenzvorlagen müssen zeitnah gewechselt werden.
Selbst wenn die Patient:innen oder Bewohner:innen nicht mehr alle Körperteile bewegen können, helfen oft schon kleine Positionsveränderungen, Druckgeschwüren vorzubeugen.
Empfehlenswert ist eine eiweißreiche Ernährung mit vielen Vitaminen. Auch die Flüssigkeitszufuhr darf nicht vernachlässigt werden. Gut geeignet sind Wasser, Tee und Saftschorlen. Abwechslung hilft, die Trinkbereitschaft zu erhöhen.
Als Faustregel gilt oft, dass der pflegebedürftige Mensch tagsüber alle zwei Stunden umgelagert werden sollte. Allerdings kann das im Einzelfall zu selten sein. Am besten ist es, den Lagerungsbedarf individuell abzustimmen. Nachts können die Intervalle möglicherweise etwas verlängert werden. Meistens bewegen sich mobilitätsbeschränkte Menschen im Schlaf unbewusst mehr als tagsüber. Sie nicht öfter als notwendig umzulagern, verbessert ihre Schlafqualität und sie schöpfen mehr Energie für den nächsten Tag.
Setze unterschiedliche Positionierungstechniken ein:
Es gibt druckverteilende und druckentlastende Hilfsmittel:
Ein Druckgeschwür ist vermeidbar. Das Risiko für einen Dekubitus einzustufen und prophylaktische Maßnahmen zu ergreifen, gehört zu den pflegerischen Kernkompetenzen. Im Idealfall greift die Prophylaxe, sodass es nicht zu Dekubiti und einer anschließenden Wundbehandlung kommt.
Michaela Hövermann