Pflegereport zeigt: Immer mehr Pflegekräfte in Frührente

Durch die Arbeitsbedingungen und -belastungen in der Pflege gehen immer mehr Pflegekräfte in Frührente.

Hohe physische Beanspruchung, emotionale Belastung sowie Zeit- und Leistungsdruck – Arbeitsbedingungen, die laut einer Studie der Barmer Krankenkasse dazu führen, dass immer mehr Pflegekräfte in Frührente gehen.

Für ihren Pflegereport 2020 analysierte die Barmer Krankenkasse die ihr vorliegenden Krankmeldungen sowie diverse Pflegestatistiken und Befragungen aus dem Jahr 2006, 2016 und 2018. Das Ergebnis ist ernüchternd: Pflege belastet nicht nur körperlich, sondern auch seelisch – das wird vor allem aus der Anzahl der Fehlzeiten ersichtlich. So sind Pflegekräfte häufiger und länger krank als andere Berufstätige. Und auch der Zeitpunkt des Renteneintritts im Pflegesektor bleibt von den Belastungen nicht unbeeinflusst.

Physische Belastung beschleunigt einen früheren Renteneintritt

Dass Pflegekräfte unter enormen Druck stehen, weiß man nicht erst seit der Corona-Pandemie. Aber auch häufiges Stehen sowie diverse andere physische Belastungen durch schweres Heben oder Tragen bringen das Pflegepersonal oftmals an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. So verursachen besonders Rückenschmerzen bei Pflegekräften knapp 96 Prozent mehr Fehltage als in anderen Berufen, bei Pflegehilfskräften sogar 180 Prozent.

Arbeitsbedingungen sind größter Treiber in die Frührente

Laut des Barmer Pflegereports sind vor allem die Arbeitsbedingungen ausschlaggebend dafür, ob Pflegekräfte den Beruf bis zur Verrentung ausüben oder vorzeitig in Frührente gehen. So haben 78 Prozent der Pflegekräfte die Befürchtung, bei höherer Belastung und schlechten Arbeitsbedingungen den Beruf nicht bis zum Rentenalter ausüben zu können. Sollten sich die Arbeitsumstände künftig zum Positiven verändern, wären nur noch 39 Prozent der Pflegekräfte dieser Meinung. Aktuell erschwert jedoch zusätzlich die Corona-Pandemie mögliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Hinweis: Im Allgemeinen ist unter der Bezeichnung Frührente bzw. Erwerbsminderungsrente der frühere Eintritt in die Erwerbslosigkeit gemeint, verbunden mit der Zahlung einer Rentenleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Regelaltersgrenze von 67 Jahren darf man bei der Frührente noch nicht erreicht haben.

Corona-Pandemie beeinträchtigt Arbeitsbedingungen zusätzlich

Aus einer Studie des wissenschaftlichen Instituts der AOK vom Juli 2020 geht hervor, dass Beschäftigte in Gesundheitsberufen häufig wegen einer COVID-19-Diagnose krankgeschrieben worden sind. Von März bis Mai 2020 fehlten demnach 1.283 je 100.000 Beschäftigte in der Altenpflege. Bei Gesundheits- und Krankenpflegern lag die Rate bei 1.237. Im November 2020 waren rund fünf Prozent der Pflegekräfte wegen einer Corona-Erkrankung arbeitsunfähig.

Pflegekräfte am Limit: letzter Ausweg Frührente

Die Altersgrenze für den Renteneintritt beträgt 67 Jahre – auch in der Pflege. Für die Gewerkschaft ver.di ist das unzumutbar. Denn fast ein Viertel aller 55- bis 64-Jährigen geht aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in die Frühverrentung. Darunter auch Kranken- und Altenpfleger. Laut dem Pflegereport der Barmer gehen von 1.000 Altenpflegefachkräften durchschnittlich pro Jahr 3,9 Prozent in Frührente. Das sind 27 Prozent mehr als andere Berufstätige.

Besonders die körperlich schwere Arbeit führt dazu, dass viele Pfleger/innen den Beruf nicht bis zum regulären Renteneintritt ausüben können. So gehen beispielsweise Altenpflegehilfskräfte doppelt so häufig in die Frührente wie Beschäftigte in sonstigen Berufen.

Der zunehmende Eintritt von Pflegekräften in die Frührente verschärft den ohnehin schon herrschenden Pflegenotstand. Während es unter anderem an Nachwuchs mangelt, brechen auch die erfahrenen Kräfte weg. Die Hilferufe nach der Umsetzung bereits vielfach aufgezeigter Lösungen werden immer lauter: Qualität statt Quantität bei der Pflege der Patienten und Bewohner bzw. mehr Personal, flexible und verlässliche Dienstpläne sowie ein attraktiveres Gehaltsgefüge.

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