Umfrage: Unzufriedenheit + wenig Optimismus unter Pflegekräften

MEDWING
August 20, 2024

Bei Pflegekräften und Ärzt:innen herrscht weiterhin hohe Impfbereitschaft, aber auch Unzufriedenheit – mit Folgen.

Themen auf dieser Seite

    Während der Corona-Pandemie unterliegen Pflegekräfte einer stärkeren Belastung denn je. Dies bestätigte auch eine im November 2020 durchgeführte MEDWING-Umfrage. Dass eine hohe Impfbereitschaft unter dem Pflegepersonal herrscht, brachte eine weitere Befragung im Januar 2021 hervor. Im März dieses Jahres haben wir nun erneut Pflegekräfte zum Impfgeschehen und zu ihren Arbeitsbedingungen befragt.

    Mehr als 1.600 Beschäftigte in Gesundheitsberufen haben an der MEDWING-Umfrage zu den Arbeitsbedingungen seit Ausbruch des Coronavirus und dem Impfgeschehen teilgenommen. Der Großteil der Umfrageteilnehmer:innen geht dem Beruf als Gesundheits- und Krankenpfleger:in, Altenpfleger:in oder Pflegehelfer:in nach. Nur etwa 90 Ärztinnen und Ärzte beteiligten sich.

    Rund 80 Prozent aller Befragten arbeiten in Festanstellung, fast 60 Prozent in Vollzeit bzw. knapp ein Drittel in Teilzeit. Etwa 60 Prozent sind in Krankenhäusern und Altenheimen beschäftigt. Während sich die Umfragebeteiligung zwar durch alle Altersgruppen zog, meldete sich mit ca. 75 Prozent vor allem weibliches Personal zu Wort.

    Weiterhin hohe Impfbereitschaft

    Gut 37 Prozent des teilnehmenden Personals sind bereits geimpft, knapp ein Drittel wartet noch auf einen Termin – ein positives Zeichen im Hinblick auf den Impffortschritt. Rund 64 Prozent der Geimpften erhielten den Impfstoff von BioNTech, knapp 30 Prozent AstraZeneca. An etwas über 4 Prozent wurde das Vakzin von Moderna verimpft. Allerdings sprechen sich auch rund 30 Prozent aller Befragten gegen eine Corona-Impfung aus. Als Gründe wurden unter anderem das Warten auf Langzeiterkenntnisse, der Wunsch nach einem bestimmten Impfstoff, mögliche Nebenwirkungen bzw. Unverträglichkeiten, aber auch Angst und Unsicherheit aufgeführt.


    null


    Pflegekräfte stehen Lockerungen mehrheitlich positiv gegenüber

    Aus der Umfrage geht ebenso hervor, dass die teilnehmenden Pflegekräfte und Ärzt:innen im März weitere Lockerungen mehrheitlich befürworten. Einigen unter ihnen waren die Lockerungsrufe jedoch zu voreilig und laut. Jene forderten vor allem mehr Testungen, bevor es zu weiteren Öffnungen kommen dürfe und warnten vor der Gefahr schnell wieder ansteigender Corona-Zahlen.

    Im Hinblick auf die Lockerungen wurde noch einmal besonders ersichtlich, dass sich viele Pflegefachkräfte und Ärzt:innen zugleich auch als Mütter und Väter wieder mehr Freiheiten für ihre Kinder wünschen. Über ein Drittel der Befragten gaben an, Elternteil von Kindern unter 18 Jahren zu sein.

    Konstant enormes Belastungsniveau gibt vermehrt Anlass zum Branchenwechsel

    Bereits im November 2020 befragten wir Personal aus dem Gesundheitswesen zu ihrem Arbeitsalltag unter Corona-Bedingungen. Das wenig überraschende Ergebnis: Die Belastung der Pflegekräfte hatte sich seit Ausbruch des Coronavirus weiter verschärft.

    Und auch im März 2021 hat sich an diesem Zustand nicht viel geändert, wie die aktuelle MEDWING-Umfrage zeigt. So fühlen sich gerundet ganze 38 Prozent der Teilnehmer:innen in ihrem Beruf oft deutlich mehr überlastet und gestresst. Knapp 20 Prozent gaben an, dieses Gefühl sogar dauerhaft zu empfinden.

    Rund ein Viertel der Befragten wird nur gelegentlich von Überbelastung und Stress geplagt, die Wenigsten bleiben jedoch selten bzw. ganz und gar davon verschont.



    So ist es nicht verwunderlich, dass über ein Viertel der Antwortgeber:innen im Zuge von Corona zwiegespalten auf ihre Tätigkeit in der Pflege oder Medizin blicken. Ein nahezu ebenso großer Teil – 23,88 Prozent – gibt an, infolge der Pandemie dem Gesundheitswesen den Rücken kehren zu wollen. Glücklicherweise lässt sich gut die Hälfte des befragten Personals auch von dem Virus und dessen Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen nicht entmutigen, weiterhin einem pflegenden bzw. medizinischen Beruf nachzugehen. Auch wenn der Virusausbruch vielen unter ihnen wieder und zum Teil sehr deutlich vor Augen geführt hat, wie wichtig und sinnvoll ihr Beruf ist, scheint der Blick in die Zukunft dennoch wenig optimistisch.

    Wenig Optimismus beim Blick in die Zukunft

    „Denken Sie, dass in den nächsten Jahren mit Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen zu rechnen ist?“, lautete die Frage, auf die rund 68 Prozent aller Umfrageteilnehmer:innen mit „Nein“ antworteten – ein äußerst ernüchterndes Ergebnis. Der Großteil glaubt schlicht und ergreifend nicht mehr an eine positive Wendung für das Personal im Gesundheitswesen, da es auch bisher nicht einmal Corona geschafft habe, ebensolche herbeizuführen. In den Begründungen schwingt nicht nur eine große Portion Frustration mit, sondern auch der Ruf nach einer Lobby, an der es fehle. Die Hoffnung auf Verbesserungen scheint ebenso noch da, wie die Liebe zum Job – viele wollen die Branche nicht wechseln, sehen unter den aktuellen Bedingungen doch keinen anderen Ausweg.


    null


    Dass rund 43 Prozent der Befragten angeben, (noch immer) keine Corona-Prämie erhalten zu haben, fügt sich in das Bild der unverändert schlechten Beschäftigungsbedingungen.



    Pflegepersonal unzufrieden mit Krisenmanagement der Bundesregierung

    Wie die Ergebnisse der Umfrage ebenso zeigen, überwiegt die Unzufriedenheit über das Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung. Fast 56 Prozent des teilnehmenden Personals gaben an, diesbezüglich unzufrieden (31,69 Prozent) bzw. sehr unzufrieden (24,04 Prozent) zu sein. Die dazugehörigen Kommentare fallen entsprechend kritisch aus, auch wenn immer wieder betont wird, dass auch für die Bundesregierung die Pandemie und deren Ausmaße nicht vorhersehbar waren. Dennoch fehle der Mehrheit ein konkreter Fahrplan, an den man sich konsequent halte.

    Während sich rund 29 Prozent gegenüber diesem Thema neutral positionieren, bezeichnen sich lediglich etwa 15 Prozent als zufrieden (11,54 Prozent) bzw. sehr zufrieden (3,58 Prozent).

    Auch weit über einem Jahr nach Ausbruch des Coronavirus und der daraus folgenden dramatischen Zuspitzung im Gesundheitssektor hat sich für das Personal in Pflege und Medizin nichts zum Positiven verändert. Die Politik scheint ohne Kurs und auch die neue Pflegereform bringt nicht die erhoffte Verbesserung. So darf und sollte es nicht weitergehen, möchte man an dieser Stelle sagen. Tatsache ist, dass es weitergehen muss – leider nach wie vor auf dem geschundenen Rücken der Pflegekräfte und Ärzt:innen. Doch irgendwann kann es so nicht mehr weitergehen.


    Das könnte Dich auch interessieren:

    Alle Artikel ansehen