Wir verraten dir, was es mit dem Konzept der Kinästhetik, ihren Grundlagen und Zielen auf sich hat. Außerdem erfährst du, ob du als Pflegekraft ein Anrecht auf Kinästhetik-Kurse hast und wo du sie absolvieren kannst.
Die Schicht ist vorbei und der Rücken tut weh. Für viele Pflegekräfte ganz „normal“. Laut BARMER-Pflegereport 2020 leiden beispielsweise 64 Prozent der Altenpflegefachkräfte unter Rückenschmerzen. Eine Präventivmethode gegen körperliche Beschwerden in der Pflege ist die Kinästhetik. Von der Bewegungslehre profitieren nicht nur Kranken- und Altenpfleger:innen sondern auch ihre Klient:innen.
Kinästhetik oder englisch Kinaesthetics bezeichnet die Lehre von der Bewegungsempfindung. Der Begriff leitet sich von dem Wort Kinästhesie ab, das wiederum auf den griechischen Wörtern „kineō“ (sich bewegen) und „aisthēsis“ (Empfindung, Wahrnehmung) basiert. Begründet wurde die Bewegungslehre in den 70er Jahren von dem US-amerikanischen Verhaltenskybernetiker Dr. Frank Hatch und seiner Frau, der Psychologin Dr. Linda Sue Maietta.
Die Kinästhetik in der Pflege basiert auf sechs Hauptkonzepten:
Die sechs Konzepte der Kinästhetik verfolgen das Ziel, den Körper des Pflegenden zu schonen und gleichzeitig die Mobilität der Patient:innen oder Bewohner:innen zu fördern. Trotz körperlicher Einschränkung sollen die Menschen selbst versuchen, Bewegungen auszuführen. Die Pflegekraft soll sie ihnen nicht vorschreiben, sondern auf ihre individuellen Bewegungsmuster eingehen.
Die Anwendung von Kinästhetik in der Pflege hat für Pflegekräfte und ihre Klient:innen entscheidende Vorteile.
Kinästhetik-Kurse werden deutschlandweit in Schulungs- und Weiterbildungszentren oder Akademien angeboten. Einige Pflege- und Gesundheitseinrichtungen beschäftigen auch feste Trainer:innen. In den Grundkursen lernen Pflegekräfte (oder pflegende Angehörige) die Basiskonzepte der Kinästhetik kennen und eigene sowie fremde Bewegungsabläufe bewusst wahrzunehmen und gezielt zu gestalten. Sie trainieren, Hebebelastungen zu verringern und Körpermasse effektiv zu bewegen. Meist werden Praxisbeispiele besprochen und Partnerübungen durchgeführt, die die Teilnehmer:innen anschließend reflektieren. Die Kosten der Kinästhetik-Schulung liegen meist zwischen 250 und 400 Euro.
Die Kurse umfassen ungefähr 24 bis 32 Stunden und können zum Beispiel als mehrtägige Weiterbildungen absolviert werden. Im Anschluss erhalten die Teilnehmer:innen ein Zertifikat und können ihr Wissen in einem Aufbaukurs vertiefen. Im Internet findest du viele Kinaesthetics-Bücher mit Anleitungen oder Videos, um das Erlernte weiter zu trainieren.
Es gibt kein explizites Recht auf die Schulungen, der Arbeitgeber ist jedoch für den Arbeitsschutz verantwortlich und hat eine Fürsorgepflicht, die auch die Gesundheit des Pflegepersonals umfasst. Insofern sollten die meisten Arbeitgeber gesundheitsfördernden Kinaesthetics-Kursen offen gegenüberstehen, wenn sie sie noch nicht von sich aus anbieten. Zumal sie Personalausfällen vorbeugen können, denn laut BARMER-Pflegereport verursachten Rückenschmerzen bei Altenpflegefachkräften beispielsweise 96 Prozent mehr Fehltage als in anderen Berufen.
Im Pflegealltag muss es schnell gehen. Zeitdruck und Personalmangel verhindern oft, dass Pflegekräfte bei der Unterstützung alter und kranker Menschen auch ihren eigenen Körper richtig bewegen oder sich einen Helfer holen. Doch das Erlernen und die konsequente Anwendung kinästhetischer Bewegungsabläufe zahlen sich aus. Sie machen die Pflege effizienter und erhöhen langfristig die Mobilität der Patient:innen und Bewohner:innen. Dies verbessert nicht nur die Pflegequalität, sondern führt auch zu mehr Selbstständigkeit und erleichtert letztlich deinen Job.
Friederike Bloch
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