MEDWING Stories: Krankenpflegerin Pearl Kris Medina im Interview

Begeistert von der Vielfältigkeit des Pflegeberufs möchte Friederike wissen, was Pflegekräfte bewegt. Dazu tauscht sie sich gern persönlich mit ihnen aus und lässt das Pflegepersonal in Interviews und Reportagen selbst zu Wort kommen.

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In unserer Reihe „MEDWING Stories“ reden wir mit Pflegekräften, die wir bei der Jobsuche unterstützt haben. Manchmal kommen diese Pflegekräfte von sehr weit her, so wie Pearl Kris Medina von den Philippinen. Sie hat uns erzählt, warum sie sich entschieden hat, die Reise nach Deutschland anzutreten und wie ihr Neustart ablief.

Vor einem Jahr kam Pearl Kris Medina von den Philippinen nach Deutschland, um hier als Pflegekraft zu arbeiten. Unsere Pflegebranche leidet unter großem Personalmangel – Pflegekräfte können zumindest einige dieser Lücken füllen. Auch das Helios Klinikum Berlin Buch steht internationalen Pflegekräften offen gegenüber. Gemeinsam mit MEDWING hat die Klinik schon dutzenden philippinischen Pflegekräften eine neue berufliche Perspektive eröffnet.

Pearl Kris Medina arbeitet momentan auf der Kardiologie-Station des Klinikums und konnte vor ihrem Start in Deutschland schon viel Auslandserfahrung sammeln. Nach ihrer Ausbildung als Pflegefachkraft arbeitete sie acht Jahre lang in Saudi-Arabien. Dies kommt ihr hier im Umgang mit den medizinischen Geräten und Computern zugute, denn auf den Philippinen sind diese nicht an der Tagesordnung. Trotzdem brachte ihr neues Leben in Berlin viele Herausforderungen für die 35-Jährige mit sich. Welche das waren, und warum sie unbedingt wieder in der Notaufnahme arbeiten möchte, erzählt sie im Interview.

Wie kam es zu deiner Entscheidung, nach Deutschland zu gehen?

Pearl Kris Medina: In Saudi-Arabien habe ich zwei andere philippinische Pflegekräfte kennengelernt und wir haben uns gemeinsam entschieden, nach Deutschland zu gehen. Neben dem guten Gehalt wollte ich auch reisen und andere Kulturen kennenlernen. 2018 sind wir zurück auf die Philippinen und haben angefangen, Deutsch zu lernen. Wir haben ein Jahr gelernt und dann kam Corona. Deshalb mussten wir lange warten, bis wir nach Deutschland konnten.

Wie ist die gesundheitliche Versorgung auf den Philippinen und die Situation für Pflegekräfte?

Pearl Kris Medina: Das Gesundheitssystem auf den Philippinen ist sehr schlecht. Wir haben keine Versicherung und müssen sehr viel selbst bezahlen. Eine Pflegekraft muss bis zu 50 Patient:innen betreuen. Wenn du eine gute Pflege willst, gehst du in ein Privatkrankenhaus. Auf den Philippinen kümmern sich die Angehörigen um einen großen Teil der Pflege. Die Körperpflege übernehmen zum Beispiel immer die Angehörigen. Die alten Leute leben meistens mit ihrer Familie zusammen.

Was waren die Voraussetzungen für deinen Neustart in Deutschland und wie ist es abgelaufen?

Pearl Kris Medina: In meiner Heimatstadt gibt es eine Agentur, die mit einer Sprachschule zusammenarbeitet. Dort habe ich die Sprache gelernt, denn wir mussten unser B2-Level in Deutsch bestehen. MEDWING hat außerdem Online-Sprachkurse für uns organisiert. Die philippinische Agentur arbeitet mit MEDWING zusammen und MEDWING hat uns mit dem Helios Klinikum Buch in Kontakt gebracht. Die Verantwortlichen von Helios und MEDWING sind auf die Philippinen gekommen und haben uns dort interviewt. Ich war eine von 80 Pflegekräften, die sich für die Arbeit in Deutschland qualifiziert hat. MEDWING und Helios haben für uns eine Wohnung organisiert. Ich wohne mit fünf anderen philippinischen Pflegekräften zusammen, darunter auch meine beiden Freunde. Wir haben 10 Tage Quarantäne gemacht und wurden mit Essen und allem Nötigen versorgt.



Wie war deine erste Zeit in Deutschland?

Pearl Kris Medina: Ich war sehr nervös, wegen der Sprache, denn ich hatte Schwierigkeiten, den Berliner Dialekt zu verstehen. Oder die Umgangssprache: Ein Patient hat mich gefragt, ob er die „Ente“ haben kann. Ich dachte, warum will er eine Ente haben? Aber er meinte natürlich die Urinflasche. Oder „Schieber“. Wir hatten nur den Begriff Bettpfanne gelernt. Vor der Arbeit an sich hatte ich aber keine Angst – ich wusste, dass ich das kann. Wir haben den deutschen Kolleg:innen schnell bewiesen, dass sie uns vertrauen können. Und sie geben uns Verantwortung. Ich habe meinen eigenen Bereich mit sieben Zimmern und mache alles alleine. Bei Helios bekommen wir weiter einmal die Woche Deutschunterricht. Meine Kolleg:innen ermutigen mich, ganz viel zu reden und unterstützen mich. Ich bin glücklich mit meinem Team und das ist sehr wichtig. Auch das Dankeschön meiner Patient:innen macht mich glücklich. Sie freuen sich, wenn sie mich sehen. Ich mag es, mich mit ihnen zu unterhalten und ihnen zu helfen, zu heilen.

Um endgültig in Deutschland arbeiten zu dürfen, brauchen Pflegekräfte aus Drittstaaten eine offizielle Anerkennung ihrer Qualifikation. Erzählst du uns von deinem Anerkennungsverfahren?

Pearl Kris Medina: Nachdem wir drei Monate hier waren, mussten wir die Anerkennung machen. Das Examen besteht aus einer praktischen und einer mündlichen Prüfung. Ich habe die praktische Prüfung beim ersten Mal nicht bestanden. Mein Patient hatte unerwartet eine Luftnot entwickelt und meine Prüfer waren nicht zufrieden damit, wie ich reagiert habe. Ich war am Boden zerstört. Die Kolleg:innen haben mich getröstet und mir versichert, dass ich alles kann. Sie wussten, dass ich eigentlich alles weiß. Nach einer Woche stand die mündliche Prüfung an und ich habe mir gesagt: „Jetzt musst du dein Bestes geben“. Ich habe sehr viel gelernt, konnte alles beantworten und habe eine Eins bekommen. Nach drei Monaten habe ich die praktische Prüfung nochmal gemacht und zum Glück bestanden.



Was machst du nach Feierabend und in deiner Freizeit?

Pearl Kris Medina: Ich backe gerne Kuchen und spiele Volleyball. Mit meinen Freunden habe ich schon ein paar andere Länder in Europa angeschaut, zum Beispiel Italien und die Niederlande. Wir finden es toll, dass man von hier aus so leicht und schnell in andere Länder reisen kann. Das lenkt uns auch vom Heimweh ab.

Du hast zwei Kinder, die noch auf den Philippinen sind…

Pearl Kris Medina: Ja, mein Mädchen ist neun Jahre alt und mein Junge drei. Ich bin traurig, sie nicht zu sehen, aber ich habe keine Wahl. Ich muss Geld verdienen, auch für sie. Ich schicke jeden Monat Geld zu meiner Familie, auch um meinen Kindern eine gute Bildung zu ermöglichen. Da ich getrennt bin, kümmert sich meine Mutter um sie. Ich habe jeden Tag Kontakt zu ihnen. Bei ihnen ist es sieben Stunden später, aber da ich in Schichten arbeite, ist es kein Problem, einen guten Zeitpunkt zum Telefonieren zu finden. Nächstes Jahr fahre ich sie besuchen. Wenn ich mir hier ein stabiles Leben aufgebaut habe, möchte ich meine Kinder nach Deutschland holen.



Was ist dein nächstes großes Ziel?

Pearl Kris Medina: In Saudi-Arabien habe ich in der Rettungsstelle gearbeitet und würde das hier auch gerne tun. Ich liebe es, obwohl es stressiger ist. Es macht mich sehr zufrieden, wenn wir einem Menschen das Leben retten können. In Saudi-Arabien habe ich ein acht Monate altes Baby wiederbelebt, das hat mich so glücklich gemacht. Meine Leiterin hat gesagt, ich muss mein Deutsch verbessern, weil man dort alles sehr schnell verstehen und reagieren muss. Ich bekomme hoffentlich bald einen Hospitationstermin und ich bin froh, dass sie mir die Chance geben. Helios hilft uns, uns professionell weiterzuentwickeln. Pflege ist nicht nur ein Job, es ist eine Leidenschaft, anderen zu helfen. Auch wenn ich nach der Arbeit müde bin, kann ich mit einem Lächeln nach Hause gehen.

Die Heimat zu verlassen, um in einem fremden Land als Pflegekraft zu arbeiten, ist nicht einfach. Doch Pearl Kris Medina hat ihre Ziele fest vor Augen und nutzt die Chance, in Deutschland ihr Potenzial auszuschöpfen und auch für ihre Kinder ein neues Leben zu beginnen. Alleine ist sie dabei nicht, denn sowohl das Helios Klinikum Buch als auch MEDWING stehen für eine faire Anwerbung ausländischer Pflegekräfte. Dies bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, nicht nur im Arbeitsverhältnis sondern vor allem für die Integration jeder Pflegekraft, die nach Deutschland kommt. Pearl Kris Medina wächst an ihren Herausforderung und das Lob ihres Teams motiviert sie. Zum Beispiel, wenn sie bei der Reanimation eines Patienten wieder vollen Einsatz gezeigt und ein Leben gerettet hat.

Interview: Friederike Bloch


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