Der demografische Wandel, der Fachkräftemangel und die wachsenden Ansprüche an die Pflegequalität erfordern tiefgreifende Reformen und innovative Konzepte. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren neue Wege eingeschlagen, um die Pflegeausbildung zu modernisieren und den Beruf langfristig attraktiver zu gestalten.
Seit 2020 bildet die generalistische Pflegeausbildung das Herzstück der deutschen Pflegeberufe. Mit der Einführung dieses Modells wurden die bisherigen separaten Ausbildungswege – Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege – zu einem einheitlichen Ausbildungsgang zusammengeführt. Die Absolventinnen und Absolventen tragen die Berufsbezeichnung "Pflegefachperson" und sind europaweit anerkannt, was die internationale Mobilität dieser Berufsgruppe fördert.
Die Vorteile der generalistischen Ausbildung liegen auf der Hand: Pflegefachpersonen sind flexibel einsetzbar, sowohl in der Betreuung älterer Menschen als auch im Krankenhaus oder in der ambulanten Pflege. Dadurch wird nicht nur den individuellen Bedürfnissen der Pflegebedürftigen besser entsprochen, sondern auch den Pflegekräften selbst mehr berufliche Vielfalt und Sicherheit geboten.
Neben der praktischen Ausbildung etabliert sich zunehmend die hochschulische Pflegeausbildung. Seit 2020 bieten Hochschulen in Deutschland primärqualifizierende Studiengänge an, die Pflege mit einem wissenschaftlichen Ansatz kombinieren. Diese Studiengänge bereiten die Studierenden auf anspruchsvolle pflegerische, organisatorische und wissenschaftliche Aufgaben vor – ein wichtiger Schritt, um den Pflegeberuf auf ein neues Kompetenzniveau zu heben.
Die jüngste Reform im Jahr 2024 hat die Attraktivität dieser Studiengänge weiter gesteigert: Studierende erhalten nun eine Vergütung über die gesamte Studiendauer, die bislang nur für praktische Ausbildungen vorgesehen war. Zudem schließen sie einen Ausbildungsvertrag ab, der ihnen finanzielle und rechtliche Sicherheit bietet. Dies macht die akademische Pflegeausbildung zu einer interessanten Option für junge Menschen, die Wert auf eine fundierte und wissenschaftlich orientierte Ausbildung legen.
Ein weiterer bedeutender Schritt in der Reform der Pflegeausbildung wird 2027 umgesetzt: die Einführung einer bundesweit einheitlichen Pflegefachassistenzausbildung. Diese neue Ausbildung ersetzt die bisher regional unterschiedlich geregelten Pflegehelfer- und Pflegeassistenzausbildungen. Sie ist generalistisch ausgerichtet und dauert 18 Monate.
Die Pflegefachassistenzausbildung soll vor allem den Einstieg in die Pflege erleichtern, indem sie praxisorientierte Inhalte mit grundlegender fachlicher Kompetenz kombiniert. Absolventen erhalten eine angemessene Vergütung und können nach der Ausbildung direkt in den Beruf einsteigen oder sich für eine weiterführende Ausbildung zur Pflegefachperson entscheiden. Ziel dieser Neuerung ist es, den Zugang zu Pflegeberufen zu vereinfachen und langfristig mehr Menschen für diese Berufsfelder zu gewinnen.
Die bisher eingeleiteten Reformen sind wichtige Schritte, um den Pflegeberuf den aktuellen Anforderungen anzupassen. Doch die Pflegeausbildung wird sich auch in den kommenden Jahren weiterentwickeln müssen, um den zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden. Folgende Trends und Perspektiven zeichnen sich bereits ab:
Mit dem wachsenden Einfluss der Digitalisierung im Gesundheitswesen wird es unverzichtbar, dass zukünftige Pflegekräfte umfassend im Umgang mit digitalen Technologien geschult werden. Dies umfasst:
Um diese Anforderungen zu erfüllen, könnten in den Ausbildungsplänen künftig Module zur Pflegeinformatik und zur Bedienung digitaler Systeme verankert werden.
Während die generalistische Ausbildung ein breites Fundament bietet, wird die Nachfrage nach spezialisierten Pflegekräften steigen. Denkbar sind beispielsweise Weiterbildungen oder spezialisierte Ausbildungswege in Bereichen wie:
Durch Spezialisierungen können Pflegekräfte gezielt auf komplexe Anforderungen in bestimmten Bereichen vorbereitet werden.
Die Grenzen zwischen den Berufen im Gesundheitswesen könnten weiter verschwimmen. Zukünftige Pflegeausbildungen könnten stärker interdisziplinär ausgerichtet sein und Pflegekräfte mit Kompetenzen aus angrenzenden Disziplinen wie Physiotherapie, Sozialarbeit oder Ernährungskunde ausstatten.
Mit der Anerkennung der generalistischen Ausbildung in der EU ist bereits ein Schritt in Richtung Internationalisierung gemacht worden. In Zukunft könnten vermehrt internationale Austauschprogramme und fremdsprachige Ausbildungsangebote etabliert werden, um den Pflegeberuf globaler auszurichten.
Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, wird es notwendig sein, nicht nur die Ausbildungsbedingungen, sondern auch die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Denkbar sind:
Die Reformen der letzten Jahre haben den Grundstein für eine moderne und zukunftsorientierte Pflegeausbildung gelegt. Mit der generalistischen Ausbildung, den akademischen Studiengängen und der neuen Pflegefachassistenzausbildung ab 2027 wurde ein wichtiger Schritt getan, um den Pflegeberuf attraktiver, vielseitiger und internationaler zu gestalten.
Doch die Pflegeausbildung wird auch in Zukunft kontinuierlich an neue Herausforderungen angepasst werden müssen. Digitalisierung, Spezialisierung und bessere Karriereperspektiven werden zentrale Themen sein, um die Pflegebranche langfristig zu stärken. Nur durch eine Kombination aus innovativen Ausbildungswegen, attraktiven Arbeitsbedingungen und einer breiten gesellschaftlichen Anerkennung kann die Pflege in Deutschland auch in den kommenden Jahrzehnten den hohen Anforderungen gerecht werden.