Psychosomatik: Definition, Erkrankungen, Behandlungsansätze

Hier liest du Wissenswertes zur Entwicklung und Bedeutung des Fachgebiets der Psychosomatik.

In diesem Artikel erfährst du, womit sich das Fachgebiet der Psychosomatik befasst, welche psychosomatischen Symptome und Krankheitsbilder es gibt und wie sie behandelt werden.

Psychosomatik ist ein interdisziplinäres medizinisches Fachgebiet, das sich mit dem Einfluss der Psyche auf den Körper und umgekehrt befasst. So ist mittlerweile wissenschaftlich erwiesen, dass psychische und soziale Faktoren sich auf unsere körperliche Gesundheit auswirken können. Andersherum können körperliche Erkrankungen zu psychischen Beschwerden wie Depression führen.

Geschichte und Bedeutung der Psychosomatik

Das Wort Psychosomatik setzt sich aus den altgriechischen Begriffen für Atem, Hauch und Seele (psyché) und Körper bzw. Leib (soma) zusammen. Psychosomatische Betrachtungsweisen finden sich schon in medizinischen Aufzeichnungen vergangener Jahrhunderte. So gibt es zum Beispiel im Alten Testament den Satz „Ein fröhliches Herz bringt gute Besserung, aber ein zerschlagener Geist vertrocknet das Gebein.“

Die psychosomatische Medizin als eigenes Fach bildete sich jedoch erst im 19. und 20. Jahrhundert heraus und wurde von vielen unterschiedlichen Ärzt:innen, Psychiater:innen und Psychoanalytiker:innen geprägt. Beispielsweise von dem deutschen Psychiater Johann Christian August Heinroth (1773 - 1843), dem Mediziner Thure von Uexküll (1908 - 2004), dem Freud-Schüler Wilhelm Reich (1897 - 1957) und dem Psychoanalytiker Georg Groddeck (1866 - 1934).

In den sechziger Jahren stellte der amerikanische Internist George L. Engel mit seinem „Bio-Psycho-Soziale Modell“ Verbindungen zwischen dem subjektiven Belastungsempfinden und körperlichen sowie psychischen Reaktionen her.Der Deutsche Ärztetag entschied 1992, das Fachgebiet Psychotherapeutische Medizin einzurichten, das 2003 in Psychosomatische Medizin und Psychotherapie umbenannt wurde. 2005 definierte der Psychologe Axel Schweickhardt die Psychosomatik wie folgt:

„Psychosomatik bedeutet, dass Körper und Seele zwei untrennbar miteinander verbundene Aspekte des Menschen sind, die nur aus methodischen Gründen oder zum besseren Verständnis unterschieden werden. Dies bedingt keine »lineare« Kausalität in dem Sinne, dass psychische Störungen körperliche Krankheiten verursachen. Solches würde zu einem Dualismus führen, bei dem es Krankheiten mit psychischer Genese und Krankheiten mit somatischer Genese gäbe. (…) Ein einheitliches Modell für die Wechselwirkungen zwischen Körper, psychischen Prozessen und Umwelt existiert nicht. Meist werden Teilaspekte beschrieben, die von unterschiedlichen Theorien aufgenommen werden.“

Welche psychosomatischen Beschwerden gibt es?

Bei psychosomatischen Krankheitsbildern bzw. „somatoformen Störungen“ bestehen also oft Zusammenhänge zwischen psychischen Belastungen (z. B. Stress, Traumatisierungen oder Lebenskrisen) und körperlichen Beschwerden. Letztere können durch erstere ausgelöst oder verstärkt werden. Patient:innen bilden sich diese nicht ein, sondern leiden erheblich darunter, zum Teil unter mehreren Problemen gleichzeitig.

Beispielsweise beeinflussen die Hormone, die der Körper in einem Angstzustand ausschüttet, das Verdauungssystem. So kann eine Angststörungen langfristig auch zu Verdauungsbeschwerden führen. Weitere Probleme mit psychosomatischen Zusammenhang können chronische Schmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Tinnitus sowie Herzerkrankungen sein. Umgekehrt können schwere Erkrankungen wie Krebs psychische Reaktionen wie Depressionen auslösen. Weiterhin werden teilweise auch Essstörungen oder sexuelle Funktionsstörungen der Psychosomatik zugeordnet.Die Ursachen psychosomatischer Störungen liegen oft in einem Mangel an Ressourcen bzw. Bewältigungsstrategien für anhaltende bzw. starke psychische oder körperliche Belastungen. Faktoren, die dies beeinflussen, sind u. a. genetischer, sozialer, biologischer und psychischer Natur.

Behandlung psychosomatischer Erkrankungen

Es gibt psychosomatische Akutkrankenhäuser und Rehakliniken, in denen Patient:innen mit psychosomatischen Krankheitsbildern stationär aufgenommen werden können. Dazu zählen zum Beispiel Betroffene mit Essstörungen, Depressionen, Traumatisierungen sowie Angst-, Zwangs- oder Persönlichkeitsstörungen. Häufig erfolgt aber auch eine ambulante Behandlung durch Fachärzt:innen für Psychosomatik und Psychiatrie. Psychotherapeut:innen spielen bei der Behandlung psychosomatischer Beschwerden ebenfalls eine Rolle.

Der Beruf des Facharztes für Psychosomatik

Der Facharzt für Psychosomatik hat immer dann seinen Einsatz, wenn der Hausarzt die Quelle der körperlichen Beschwerden seines Patienten nicht ausfindig machen kann und eine psychosomatische Erkrankung vermutet. So können beispielsweise Schmerzen in der Herzregion, im Rücken oder Bauchschmerzen auftreten ohne dass eine organische Ursache erkennbar ist. Ob eine solche vorliegt, wird dennoch immer medizinisch abgeklärt. Im Anschluss bezieht der Facharzt oder die Fachärztin für Psychosomatik psychische und soziale Faktoren mit ein. Er oder sie ist außerdem in der Lage, Anzeichen einer psychischen Erkrankung wie einer Depression, Essstörungen oder Angststörung zu erkennen und entsprechende Therapien zu empfehlen bzw. einzuleiten.

Ärzt:innen, die sich auf dieses Teilgebiet der Medizin spezialisieren möchten, müssen eine Weiterbildung zur Fachärztin bzw. zum Facharzt für Psychosomatik absolvieren.

Die ganzheitliche medizinische Betrachtungsweise der Psychosomatik stellt einen wichtigen Gegenpol zu vielen anderen Fachgebieten dar, die ihren Fokus oft nur einzelne körperliche Symptome legen. Nicht nur Ärzt:innen sondern auch Pflegekräfte sollten immer berücksichtigen, dass die körperlichen Beschwerden ihrer Patient:innen mit dem seelischen Befinden zusammenhängen können und dass schwere Krankheiten die Psyche beeinträchtigen können. Denn oft legen Betroffene psychosomatischer Erkrankungen lange Leidenswege zurück, bis sie die richtige Therapie finden.

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