Darf mein:e Chef:in mich aus dem Frei holen? Gilt die Umkleidezeit für Pflegekräfte als Arbeitszeit und was passiert, wenn ich zur spät zur Arbeit komme? In unserer Reihe „Arbeitsrecht in der Pflege“ beantworten wir die häufigsten rechtlichen Fragen. Im ersten Teil geht es um Urlaub, Arbeitszeit und -organisation.
Laut Arbeitszeitgesetz (§3 Satz 1) darf die Arbeitszeit acht Stunden täglich nicht überschreiten. Ruhepausen werden nicht mitgerechnet. Es gibt allerdings drei Ausnahmen:
Nach sechs Stunden steht dir eine halbe Stunde Pause zu. Diese darfst du nicht auf den Beginn oder das Ende deiner Arbeitszeit verlegen. Falls du neun Stunden eingesetzt bist, muss deine Pause mindestens 45 Minuten lang sein.
Nein, die Pause zählt nicht zur Arbeitszeit. Im Gegenzug dafür darf dein Arbeitgeber nicht von dir verlangen, dass du die Pause für Arbeitstätigkeiten nutzt.
Raucherpausen sind Privatsache. Sie zählen nicht zur Arbeitszeit und werden nicht bezahlt. Du kannst die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen zum Rauchen nutzen. Bei Raucherpausen außer der Reihe muss die versäumte Arbeitszeit nachgeholt werden. Falls dein Arbeitgeber allerdings ein striktes Rauchverbot ausspricht, gilt es auch. Ein Recht auf Rauchen am Arbeitsplatz gibt es nicht.
Prinzipiell darf er das, denn dein Arbeitgeber ist dir gegenüber weisungsbefugt. Anders sieht es aus, wenn die Arbeit auf einer bestimmten Station, in einer bestimmten Fachabteilung oder einem bestimmten Bereich in deinem Arbeitsvertrag oder einem anderen Vertrag fest vereinbart ist. Das beschränkt das Weisungsrecht deines Arbeitgebers. Allerdings kann deine Treuepflicht dem entgegenstehen.Tipp: Falls du länger als einen Monat anders beschäftigt bist, als dein Arbeitsvertrag vorsieht, wende ich an den Betriebsrat.
Nein, das darf er nicht. Auch hier stößt das Weisungsrecht deines Arbeitgebers an eine Grenze.
Wenn du von zu Hause aus zunächst zum Pflegebüro fährst, handelt es sich um die sogenannte Wegezeit. Diese wird nicht vergütet. Sie zählt also nicht zur Arbeitszeit. Falls es kein Pflegebüro gibt und du sofort von deiner Wohnung aus zum ersten zu pflegenden Menschen fährst, zählt diese Tour zur Arbeitszeit. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden (Urteil vom 10.09.2015, C-266/14). Auch die Fahrten von einem Pflegebedürftigen zum anderen werden vergütet.
Das Wegerisiko liegt in dem Fall bei dir. Die entfallene Arbeitszeit wird nicht vergütet.
Das ist nur bei besonderen Notfällen und in Ausnahmesituationen zulässig. Die üblichen Personalengpässe in der Pflege genügen dafür nicht. Ein Zurückholen aus dem Frei kann nur mit deinem Einverständnis erfolgen. Das gilt trotz Corona-Pandemie. Dein Arbeitgeber hat zwar das sogenannte Direktionsrecht und kann Ort und Zeit deiner Arbeitsleistung bestimmen. Davon macht er allerdings bereits Gebrauch, wenn er deine Arbeitszeit im Dienstplan festlegt. Dieser steht in vielen Einrichtungen etwa vier Wochen vor Beginn des jeweiligen Monats fest.Kurzfristige Änderungen des Dienstplans bedürfen deiner Zustimmung. Es gibt keinen Paragrafen, der eine angemessene Vorankündigungsfrist beinhaltet. Als wegweisend gilt das Urteil vom Arbeitsgericht Berlin (5. Oktober 2012, Az. 28 Ca 10243/12): Dieses betrachtet eine Vorankündigungsfrist von vier Tagen als angemessen.
Wenn er deinen Urlaub genehmigt hat, kann dein Arbeitgeber seine Zusage nicht ohne Weiters widerrufen. Das regelt das Bundesurlaubsgesetz. Als Ausnahme gelten hier dringende, existenzbedrohende betriebliche Gründe. Organisatorische Probleme oder eine falsche Planung des Pflegepersonals rechtfertigen den Urlaubswiderruf nicht.
Ja. Die Zeit, die du als Pflegekraft brauchst, um deine Dienstkleidung an- und auszuziehen, gehört laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 06.09.2017 (5 AZR 382/16) zur Arbeitszeit. Als solche ist sie vergütungspflichtig. Ausnahme: Im Tarifvertrag findet sich dazu eine andere Regelung.
Ja. Diese Zeit wird vergütet. Allerdings darfst du nicht absichtlich länger auf der Toilette verweilen. Dadurch verweigerst du deine Arbeitsleistung. Das kann eine Abmahnung und sogar eine Kündigung nach sich ziehen. Dein Arbeitgeber darf aber weder die maximale Dauer deines Toilettengangs bestimmen noch die Häufigkeit des Toilettenbesuchs einschränken. Das würde dein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzen (ArbG Köln, 21.01.2010, 6 Ca 3846 / 09).
Nebenbei kellnern, einen Online-Shop betreiben oder eine Katzenpension führen? Dein Arbeitgeber darf dir eine Nebentätigkeit nicht generell untersagen. Das ist nur dann zulässig, wenn durch diese Nebentätigkeit seine Interessen beeinträchtigt werden. Beispielsweise darfst du deinem Hauptarbeitgeber mit deiner Nebentätigkeit keine Konkurrenz machen (Handelsgesetzbuch §60).
Dieser Artikel dient unverbindlichen Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar.