Wohlfühlatmosphäre für Demenzkranke in der Pflege

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Menschen, die unter einer Demenz leiden, verlieren nach und nach ihre erlernten Fähigkeiten. Wenn Altbekanntes plötzlich Neuland wird, sind Unruhe, Überforderung und Stress vorprogrammiert. Demenzkranke benötigen deshalb im besonderen Maße Geborgenheit und Zugehörigkeit. In einer Wohlfühlatmosphäre finden sie sich in ihrem ,,neuen” Alltag besser zurecht als in unübersichtlichen Situationen. Wir verraten dir, mit welchen Möglichkeiten Pflegekräfte den erkrankten Senior:innen Rückzugsbereiche schaffen, in denen Körper und Geist zur Ruhe kommen und das Wohlfühlen an erster Stelle steht.

Demenz ist der Oberbegriff für verschiedene Demenzformen, die unterschiedliche Gesichter haben. So zählt auch Alzheimer zu den Demenzerkrankungen und soll laut der Stiftung Gesundheitswesen mit 50 bis 70 Prozent sogar eine der am häufigsten vorkommenden Formen der Demenz sein. Erkrankte aller Demenz- und Mischformen profitieren gleichermaßen von einer schönen Umgebung und einer entspannten Atmosphäre.

1. Musik für Ruhe und Entspannung

Permanente Reizüberflutung in Form von lauten Tönen und Geräuschen verstärkt oftmals die Unruhe bei Demenzkranken. Richtig gewählte Musik hingegen kann Wunder wirken. Sie kann den Kontaktaufbau zu den Betroffenen vereinfachen und laut einer finnischen Studie, veröffentlicht im „Journal of Alzheimer Research“, sogar die kognitiven Fähigkeiten von Menschen mit Demenzerkrankungen verbessern. Hören sie Lieder aus ihrer Vergangenheit, kann das schöne Erinnerungen aus dieser Zeit hervorrufen – selbst wenn die Senior:innen ansonsten keinen Zugang mehr zu Ereignissen von damals haben. Allein die vertrauten Klänge, zum Beispiel aus Kinder- und Jugendtagen, können beruhigend wirken und eine entspannte Wohlfühlatmosphäre schaffen. Im besten Fall ergeben sich in „wachen Momenten“ sogar gemeinsame Gespräche über die vergangene Zeit. Achte darauf, Lieder zu spielen, die deinem Gegenüber gefallen und auch wirklich Erinnerungen wecken. Anhand der Reaktion wirst du sofort merken, ob ein Lied eher auf positive Zustimmung oder Ablehnung stößt.

2. Wohlfühlatmosphäre für Demenzkranke mit visuellen Sinnesreizen schaffen

Befindet sich die Demenzerkrankung bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, ist es Betroffenen oft nicht mehr möglich, das Bett zu verlassen. Oder sie müssen viel Zeit im Sitzen verbringen. Erkrankte haben deshalb nur einen sehr eingeschränkten Radius und sehen meistens nicht mehr als die Wand neben oder die Decke über sich. Um positive visuelle Sinnesreize zu schaffen, können sanfte Lichtquellen, ein Betthimmel aus Stoff oder farbige Tücher für Abwechslung sorgen. Blinkende Lichter und starke Kontraste sind hingegen tabu, da sie eher das Gegenteil bewirken. Auch in diesem Fall gilt: Du kennst die Patient:innen auf deiner Station am besten. Durch Beobachtung der Reaktionen erkennst du schnell, welche Effekte bei den Betroffenen gut ankommen.

3. Mit Gerüchen für Entspannungsmomente sorgen

Jeder von uns kennt diese ganz bestimmten Düfte, die einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern, weil sie mit schönen Erinnerungen verknüpft sind. Diesen Zusammenhang zwischen Gerüchen und Gefühlen und den daraus resultierenden Entspannungsfaktor kann man sich in der Pflege von Demenzkranken zunutze machen.

Mit Gerüchen lassen sich wunderbar Verbindungen zu altvertrauten Erinnerungen aus vergangenen Zeiten schaffen, die im Gehirn der Betroffenen schon lange nicht mehr aktiviert wurden. Arbeiten können Pflegekräfte zum Beispiel mit Kräutern, Gewürzen, gemahlenem Kaffee, Früchten oder Blumen. Dann kann es sein, dass ein Mensch, den du bislang als eher verschlossen erlebt hast, plötzlich Geschichten aus seiner Vergangenheit erzählt, weil er oder sie anfängt, sich an schöne Erlebnisse zu erinnern.

4. Fokus auf Körperpflege legen

Ob demenzkrank oder nicht: Wer in einem gepflegten Körper lebt, fühlt sich wohler, als wenn er sich gehen lässt, das wissen wir alle. Auch wenn viele Betroffene ihr Zimmer kaum noch verlassen können oder selbst keinen Wert mehr auf normale Tageskleidung oder Hygiene legen, können Pflegekräfte es für sie tun. Wenn du mit Hilfe von Angehörigen herausfindest, was der Mensch vor seiner Erkrankung gerne mochte (Wannenbad oder lieber eine Dusche, die Verwendung spezieller Duschgels, etc.), kannst du mit diesem Wissen den Erkrankten schöne Verwöhnmomente schenken. Versuche dabei aber, keinen Druck auf die Senior:innen auszuüben und sie so viel wie möglich selbständig machen zu lassen – das fördert das Selbstvertrauen.

5. Wohlfühlatmosphäre in Wohnung oder Zimmer dementer Menschen

Auch die Gestaltung der eigenen vier Wände hat großen Einfluss auf das Wohlbefinden von Demenzkranken. So kann die räumliche Orientierung von Betroffenen durch geschlossene Türen stark eingeschränkt werden. Diese wirken wie eine störende Barriere. Wenn möglich, solltest du für das perfekte Wohlfühlgefühl alle Türen offen stehen lassen.

Fenster hingegen geben eine räumliche Orientierung. Sorge dafür, dass der Blick aus jedem Fenster frei möglich und nicht durch Möbel oder Ähnliches verstellt ist.

Lichtschalter, die die gleiche Farbe wie die Wand haben, solltest du mit farbigem Klebeband markieren. Die Kontrastfarbe hilft Demenzkranken, sich zu orientieren. Auch andere wichtige Gegenstände können kontrastreich gestaltet sein, um sich von der Umgebung abzuheben, und dadurch sofort erkennbar zu werden.

Helle und warme Töne an Wänden oder Kissen und Decken schaffen eine freundliche Wohlfühlatmosphäre. Schwarz hingegen wirkt auf Demenzkranke eher bedrohlich und weckt innere Unruhe. Diese Farbe sollte also auf deiner Station nur dann Einzug halten, wenn die abschreckende Wirkung zum Beispiel verhindern soll, dass bestimmte Räume betreten werden. Denn wenn eine Tür mit einem schwarzen Vorhang oder Laken abgehängt wird, werden Demenzkranke sie meiden.

6. Mit Gegenständen dekorieren, die Erinnerungen wecken

Alles, was Assoziationen mit Positivem aus der Vergangenheit weckt, ist hilfreich, damit sich die Erkrankten rundum wohlfühlen können. So helfen zum Beispiel Fotos oder Bilder dabei, Erinnerungen, die aus dem Gehirn gelöscht sind, auf Papier zu bewahren. Hängst du sie in einer ruhigen Ecke auf oder stellst sie dorthin, schaffst du einen Rückzugsort für die Dementen. Dorthin können sie zur Entspannung kommen und an schönen Erinnerungen aus der Vergangenheit festhalten. Das Gleiche gilt für lieb gewonnene Dinge, die die Betroffenen gern berühren oder ansehen.

7. Die richtige Beleuchtung für Demenzkranke

Eine angenehme und entspannte Atmosphäre in ihrem Zimmer oder in ihrer Wohnung entsteht für Demenzkranke auch dann, wenn sie sich sicher fühlen. Genau wie bei gesunden Menschen auch, kann das richtige Licht einen enormen Einfluss auf Stimmung und Wohlbefinden von Menschen mit Demenz haben.

Alle dunklen Ecken sollten mit einem sanften, nicht zu grellen Licht ausgeleuchtet sein. Es sollte keine Schatten werfen oder Spiegelungen erzeugen und nicht blenden. Das erreicht man mit einer Kombination aus direkter und indirekter Beleuchtung. Für die Nacht können kleine Nachtleuchten mit Bewegungsmelder den sicheren Weg weisen und so Licht ins beängstigende Dunkel bringen.

Die Pflege und Betreuung von Demenzkranken verlangt ein hohes Maß an Geduld und Empathie. Ziel in der Pflege sollte es sein, den Alltag der Betroffenen so angenehm und einfach wie möglich zu gestalten, um Ängste zu nehmen und ein Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln. Die Auswirkungen einer Demenz verunsichern schließlich nicht nur gesunde Außenstehende, sondern auch die Erkrankten selbst.

Katharina Klein

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