Resilienz lernen als Pflegekraft: 7 Tipps für mehr Widerstandsfähigkeit

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Wir verraten dir sieben hilfreiche Tipps, wie du als Pflegekraft lernst, auf Station und im Alltag widerstandsfähiger zu werden.

Nimmst du Ereignisse aus deinem Pflegealltag oft mit nach Hause? Gehen dir manche Schicksale beim Einschlafen nicht aus dem Kopf? Ärgerst du dich immer noch darüber, dass du kein Kontra gegeben hast, obwohl du behandelt wurdest? Wenn dir belastende Situationen regelmäßig die Stimmung vermiesen, musst du dies nicht einfach hinnehmen. Denn Resilienz, also die Fähigkeit, wie wir auf Konflikte und belastende Ereignisse reagieren, kannst du trainieren.

Was ist Resilienz?

Sicherlich kennst du mindestens einen Menschen, der scheinbar völlig unberührt von allem Negativen durchs Leben geht und Belastungen, Stress und Krisen nicht aus der Ruhe bringen lässt. Oder du hast sogar Kolleg:innen auf deiner Station, die du dafür bewunderst, wie sie Tag für Tag mit persönlichen Schicksalen von Patient:innen umgehen. In der Psychologie bezeichnet man solche Menschen als besonders resilient. Ein Persönlichkeitsmerkmal, das es ermöglicht, gut mit überwältigenden Einflüssen umzugehen, und an belastenden Situationen nicht zu zerbrechen. Sozusagen ein körpereigenes Schutzschild für die psychische und physische Gesundheit. Wer ein hohes Maß an Widerstandsfähigkeit besitzt, geht oft mit einer positiven Grundhaltung durchs Leben und kann Alltagssorgen optimistisch betrachten. Das Gegenteil von Resilienz wird in der Psychologie als Verwundbarkeit oder Vulnerabilität bezeichnet.

Die gute Nachricht: Auch wenn Resilienz eine Eigenschaft ist, die bereits im Kindes- und Jugendalter gestärkt wird, kann man sie auch als weniger resiliente erwachsene Person noch erlernen. Gerade für Pflegekräfte ist Resilienz ungemein wichtig, um dem Beruf langfristig gewachsen zu sein.

7 Übungen und Tipps um eine stärkere Resilienz in der Pflege zu erlernen

Je nachdem, in welcher Einrichtung du arbeitest, wirst du vielleicht täglich mit Schicksalen von Menschen konfrontiert, die dich zum Nachdenken bringen oder sogar nachhaltig belasten. In solchen Momenten die innere Balance zu wahren, ist manchmal gar nicht so einfach. Vor allem dann, wenn man eher der Typ Mensch ist, der viel mit sich selbst ausmacht und oft grübelt. Um in Zukunft gelassener reagieren zu können und die innere Balance zu wahren, probiere es doch mal mit unseren Tipps. Sie können dir langfristig dabei helfen, dir ein dickeres Fell zuzulegen.

1. Glückstagebuch führen

Was hat dich heute glücklich gemacht und wofür bist du dankbar? Trage jeden Abend deine Gedanken dazu in ein Glückstagebuch ein. Auch vermeintlich unwichtige Kleinigkeiten zählen. Indem du deine Gedanken aufschreibst, reflektierst du viel mehr und nimmst häufiger und bewusster positive Dinge wahr. Ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Resilienz als Pflegekraft.

2. Raus aus der Opferrolle

Zugegeben, ein bisschen jammern und sich bei Kolleg:innen und Freund:innen über andere beschweren, tut gut und zwischenmenschlicher Austausch ist wichtig. Neigst du aber dazu, dich nach jedem Konflikt in der Opferrolle auszuruhen und in Selbstmitleid zu zerfließen, tut das deiner Resilienz gar nicht gut. Besser: Lass die Passivität hinter dir, übernimm Verantwortung für dein Handeln und stehe für dich, deine Gefühle und Wünsche ein.

Arbeitest du aktiv an Lösungsansätzen, wird dir auch immer bewusster werden, dass du dein Leben selbst verändern kannst, und ihm nicht hilflos ausgeliefert bist. Das macht stark für jede Lebenssituation. Dafür musst du übrigens nicht von heute auf morgen eine 180-Grad-Wendung hinlegen. Erarbeite dir deine neue Freiheit Schritt für Schritt und fange im Kleinen an zu üben, bis du dir nach und nach immer mehr zutraust.



3. Dinge akzeptieren, ohne sie zu bewerten

Es gibt Dinge im Leben, die lassen sich nicht ändern. Dazu zählen zum Beispiel Krankheiten oder Krisen wie die Coronapandemie. Statt in solchen Situationen mit deinem Schicksal zu hadern, dich zu ärgern, alles in Frage zu stellen und einen Schuldigen für deine Lage zu suchen, solltest du Akzeptanz aufbringen. Denn ändern wirst du die Situation sowieso nicht, auch wenn du noch so viel darüber nachdenkst. Wenn deine Gedanken nicht mehr nur um Frust, Ärger und Belastungen kreisen, wirst du zufriedener werden. So hast du viel mehr Raum für solche Gedanken, die dir und deiner persönlichen Entwicklung guttun.

Befindest du dich also gerade in einer Situation, die du nicht ändern kannst, versuche, sie als ein vorübergehendes Ereignis zu bewerten. Getreu dem Motto: Es kommen wieder bessere Zeiten. Im Rückblick und mit ein wenig Abstand sind viele persönliche Krisen oft nur noch halb so schlimm.

4. Emotionen steuern lernen

Nicht selten handeln wir im Affekt aus der Emotion heraus, die wir gerade fühlen. Und sicherlich hast du auch schon mal im Streit oder in stressigen Zeiten Dinge gesagt oder getan, die du später bereut hast. Emotionen haben großen Einfluss darauf, wie wir mit belastenden Situationen umgehen. Daher solltest du in dem Moment, in dem du die Emotion fühlst, erstmal wieder einen Schritt zurückgehen. Beobachte die Situation und frage dich, ob das Gefühl, das du gerade verspürst, wirklich zur Lösung des Problems beitragen würde. Bei genauer Betrachtung wirst du merken, dass die Emotion das Problem oft nur verkompliziert. Sobald du das verinnerlicht hast, kannst du deine Empfindungen eher loslassen und die Situation aus einem ganz anderen Blickwinkel neu und lösungsorientiert betrachten. Wer also seine Emotionen aktiv steuern kann, trägt wesentlich zur Stärkung seiner Resilienz bei.

5. Mit Stress richtig umgehen

Gerade als Pflegekraft bist du immer wieder stressigen Situationen ausgesetzt. In diesen zeigt sich, wer besonders resilient ist. Menschen, die mit Stress gesund umgehen können, sind insgesamt widerstandsfähiger. Sie lassen sich nicht so schnell aus dem Konzept bringen. Fühlst du also durch deinen stressigen Alltag auf der Station ständige Unruhe, hast Schlafprobleme, Kopfschmerzen, Konzentrationsprobleme und erlebst oft Wut, Angst oder Frust? Dann solltest du zunächst herausfinden, was die Auslöser für diese Gefühle sind, und wie sie sich konkret auf dein Leben auswirken. Im nächsten Schritt kannst du diese Stressoren verringern. Zum Beispiel mit Entspannungsverfahren wie Meditation, Yoga, Tai-Chi, Qigong oder Progressiver Muskelentspannung. Diese sorgen sogar nachhaltig für Entspannung, wenn du sie regelmäßig in deinen Alltag einbaust.



6. Soziale Beziehungen ausbauen

Wer regelmäßig Freund:innen trifft und unter Leute geht, tut was für seine Resilienz. Als Pflegekraft ist es manchmal schwer, Arbeit und Sozialleben unter einen Hut zu kriegen. Versuche deshalb umso bewusster, deine sozialen Beziehungen nicht zu vernachlässigen. Denn gegenseitige Unterstützung und Austausch miteinander stärken und helfen besser durch Krisen. Umgib dich dafür mit Menschen, die dir guttun, und die dir Energie geben, statt sie zu rauben. Und auf genau diese kannst du dich in schlechten Zeiten verlassen – ein wichtiger Baustein für Resilienz. Je größer dein soziales Netz ist, desto mehr Unterstützung wirst du bekommen. Das zu wissen, gibt unheimlich viel innere Ruhe und Kraft.

7. Aus der Vergangenheit lernen

Die ein oder andere Krise wirst du bestimmt schon durchlebt haben. Um resilienter zu werden, kannst du also einen Blick auf die Vergangenheit werfen und darin neue Chancen fürs Jetzt sehen. Welche Krisen hast du wie gemeistert? Was oder wer hat dir dabei am meisten geholfen? Was haben die belastenden Situationen mit dir gemacht? Durch diese Fragen baust du dir eine Art Krisenkompetenz auf. Denn viele Werkzeuge, die dir helfen, resilient zu sein, hast du bereits in dir. Du musst nur lernen, wie du sie am besten einsetzt.

Konnten wir dich ein bisschen darin bestärken, an deiner Widerstandsfähigkeit zu arbeiten? Dann lass dir Zeit. Denn um Resilienz zu lernen, ist eine hohe Bereitschaft notwendig, flexibel und anpassungsfähig zu sein. Fühlst du dich also aktuell sehr verwundbar, dann erarbeite dir deine neue Eigenschaft Schritt für Schritt. Vergleichen kannst du das mit dem Training im Fitnessstudio: Muskeln wachsen nicht nach nur einem Besuch, sondern wenn du sie kontinuierlich trainierst – und dich auch dann mal zum Training überwindest, wenn du eigentlich keine Lust dazu hast. Das Gleiche gilt für die Resilienz.

Katharina Klein


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