Faire Anwerbung internationaler Pflegekräfte: neues Gütesiegel

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Sicherheit und faire Arbeitsbedingungen für internationale Pflegekräfte: Im Februar wurde erstmals das Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ vergeben. Das freiwillige staatliche Siegel soll internationalen Pflegekräften Sicherheit und Transparenz bieten. Hier erfährst du, wie.

In Deutschland herrscht Fachkräftemangel im Gesundheitswesen. Derzeit fehlen bis zu 200.000 Arbeitskräfte. Deshalb öffnet Deutschland seine Türen für ausländische Pflegekräfte. Sie unterstützen das Pflegepersonal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Laut Statistischem Bundesamt waren 2020 rund 15 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Altenpflege und 9 Prozent der Krankenpfleger:innen Ausländer. Die Einrichtungen haben entweder eigene Anwerbestellen oder sie arbeiten mit Unternehmen zusammen, die internationales Fachpersonal vermitteln.

Seit Kurzem gibt es nun das Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“, das eine ethische und transparente Anwerbung von Pflegekräften aus sogenannten Drittstaaten kennzeichnet. Drittstaaten sind keine Mitgliedstaaten der Europäischen Union und keine Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.


Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ RAL-Gütezeichen.


Das Gütesiegel wurde im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums vom „Deutschen Kompetenzzentrum für internationale Fachkräfte der Gesundheits- und Pflegeberufe“ (DKF) entwickelt. Das Gesetz zur Sicherung der Qualität der Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland, das am 1. Juli 2021 in Kraft trat, legt die Anforderungen des Siegels fest. Herausgeber des Gütesiegels ist das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA), zu dem das DKF gehört. Dort wurde auch die „Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegekräften aus dem Ausland e.V.“ eingerichtet, bei der Arbeitgeber und Vermittlungsagenturen das Siegel beantragen können. „Die Gütegemeinschaft ist mit der Umsetzung des Prüfverfahrens, der Schulung und Beauftragung von unabhängigen Prüfern sowie der Erteilung des Gütezeichens betraut. Darüber hinaus wird die Gütegemeinschaft Vorschläge für Aktualisierungsmaßnahmen der Prüfkriterien entwickeln“, heißt es auf der Website des Kuratorium Deutsche Altershilfe.

Das sind die Vorgaben des Gütesiegels „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“

Arbeitgeber und Personaldienstleister, die ausländischen Pflegekräften helfen, in Deutschland eine Berufstätigkeit aufzunehmen, übernehmen eine große Verantwortung. Gegenüber den Pflegekräften, die ihnen ihr Vertrauen schenken und für die die Reise in ein neues Land sowohl eine große Herausforderung als auch eine wichtige Perspektive darstellt. Aber auch gegenüber dem Herkunftsland der Pflegekraft. Deshalb gehört zur Maßgabe des Gütesiegels, dass nicht in Ländern angeworben wird, die selbst Personalnot in der Pflege haben oder aufgrund des demografischen Wandels damit rechnen müssen. Ein weiterer Standard zum Schutz der Fachkräfte ist das Employer-Pays-Prinzip. Das heißt, die Pflegekraft trägt die Kosten ihrer Anwerbung niemals selbst. Die Vorgaben des Gütezeichens basieren unter anderem auf:

  • den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen,
  • den Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO),
  • dem globalen Verhaltenskodex der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die internationale Anwerbung von Gesundheitsfachkräften,
  • dem International Recruitment Integrity System (IRIS)-Standard der Internationalen Organisation für Migration (IOM),
  • und dem Werkzeugkoffer Willkommenskultur & Integration des DKF.

Der Anforderungskatalog des Gütesiegels ist in vier Bereiche aufgeteilt:

  • Gütebereich I – Information zur Erwerbsmigration in die Pflege nach Deutschland: Die Unternehmen müssen internationalen Pflegekräfte Zugang zu allen für sie relevanten Informationen gewährleisten und sie darauf hinweisen, damit sie souveräne Entscheidungen treffen können.
  • Gütebereich II – Unternehmensverantwortlichkeit: Die Unternehmenspolitik der vermittelnden und anwerbenden Unternehmen muss mit den Inhalten und Zielen des Gütezeichens vereinbar sein und die Unternehmen verpflichten sich freiwillig, die Anforderungen des Siegels umzusetzen.
  • Gütebereich III – Gewährleistung von Transparenz im Vermittlungsprozess für internationale Pflegekräfte: Die Unternehmen lassen den Pflegekräften alle Informationen und Unterlagen zu ihrem Prozess in ihrer Verkehrssprache zukommen und machen sie auch digital verfügbar.
  • Gütebereich IV – Gewährleistung von Transparenz im Vermittlungsprozess für Kundinnen und Kunden: Kund:innen erhalten von den Personalserviceagenturen ebenfalls alle notwendigen Informationen.



Am 2. Februar 2022 wurden die ersten 17 Unternehmen mit dem Gütesiegel ausgezeichnet. Heute folgten sechs weitere, darunter auch MEDWING.

Die Anwerbung ausländischen Personals stellt keinesfalls die Lösung des Fachkräftemangels in Deutschland dar und sie darf nicht als Kompensation betrachtet werden. Vielmehr ist sie eine sinnvolle Ergänzung, fördert die gesellschaftliche Vielfalt und bietet existentielle Perspektiven. Der Schutz, die Selbstbestimmung und die Integration internationaler Pflegekräfte muss dabei immer das Leitprinzip sein. Denn nur faire Pflege ist gute Pflege und gute Pflege ist grenzenlos.


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